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Veronika Bellmann
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Frage von Lutz N. •

Frage an Veronika Bellmann von Lutz N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Frau Bellmann,

die Bundesrepublik ist seit 2002 seitens der EU aufgefordert, das Schornsteinfegermonopol (es verstößt u.a. gegen die Niederlassungsfreiheit) abzuschaffen.
Millionen Eigentümer und Mieter ärgern sich seit Jahren über die Machenschaften der Schornsteinfeger, die für Scheindienstleistungen wie das Kehren sauberer Schornsteine (ein Gasschornstein produziert keinen Ruß) oder das Bemessen bereits vermessener Anlagen, beim Bürger Entgelte erpressen. Jedes Jahr fließen so 2,2 Milliarden Euro in die Taschen der Schornsteinfeger.
Lesen Sie im BISchG, hier § 52 (4) nach. Dort steht - sinngemäß - daß der Betreiber einer nicht beanstandeten Anlage die Kosten hierfür nicht zu übernehmen hat. Trotzdem ignorieren das die Schornsteinfeger und deren Aufsichtsbehörden!
Es ist ein Skandal, daß ein Schornsteinfeger mehr Rechte als die Polizei hat. Grund ist ein aus dem Jahr 1933 bis heute geltendes Schornsteinfegergesetz, das den 16.000 Schornsteinfegern in diesem Land paradiesische Zustände beschert, gänzlich ohne Wettbewerb!
Wie kann es sein, daß das Schornsteinfegergesetz festlegt, Grundrechte aus dem Grundgesetz, hier Artikel 13, einfach außer Kraft zu setzen?
Was tun Sie ganz konkret, um diesem Skandal ein Ende zu bereiten. Für einfachste Tätigkeiten wie das Kehren von Schornsteinen benötigt ein modernes Industrieland kein Monopol aus der Nazizeit! Es ist heute nicht vermittelbar, den Bürgern zwangsweise Scheindienstleistungen durch die Schornsteinfeger aufzubürden, wo an anderen Stellen der Staat an die Eigenverantwortung der Bürger appelliert!
Ebenso wie wir keinen Bezirkselektrikermeister haben brauchen wir keinen Bezirksschornsteinfegermeister!
Bis zum 17.12. ist die Bundesregierung aufgefordert, das Schornsteinfegermonopol aufzuheben, sonst droht ein Vertragsverletzungsverfahren. Wie man hört, sollen lediglich kosmetische Korrekturen an der heutigen Regelung vorgenommen werden. Wer hat in diesem Land Angst vor den Schornsteinfegern?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Nestler,

vielen Dank für Ihre Frage.

Am 12. Oktober 2006 hat die EU-Kommission eine Verschärfung des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens gegen das deutsche Schornsteinfegergesetz angekündigt. Das deutsche Schornsteinfegergesetz verstößt nach Auffassung der Kommission gegen die Dienstleistungsfreiheit und die Niederlassungsfreiheit der EU.

U. a. moniert die Kommission die Beschränkung des Zugangs zum Schornsteinfegerberuf und dessen Ausübung auf nur einen Bezirk pro Schornsteinfegermeister (BSM), das Verbot des Tätigwerdens eines BSM außerhalb des Kehrbezirks sowie die Eintragungsverpflichtung in eine Bewerberliste.

Der Schornsteinfeger nimmt in Deutschland als beliehener Unternehmer neben den klassischen Aufgaben nach dem Schornsteinfegergesetz bei der Feuerstättenschau und der Bauabnahme inzwischen in erster Linie Aufgaben auf dem Gebiet des Immissionsschutzes und der rationellen Energieverwendung wahr. Bezirksschornsteinfeger haben vom Staat ein Prüf- und Gebietsmonopol verliehen bekommen.

In 2005 gab es rund 8100 Schornsteinfegerbetriebe und es wurden in ca. 14 Mio. Gebäuden durch das Schornsteinfegerhandwerk wiederkehrende und Kehr- und Überprüfungsarbeiten ausgeführt. Dabei wurden, insbesondere bei der durchzuführenden Feuerstättenschau, fast 1,2 Mio. Mängel an bestehenden Feuerungsanlagen festgestellt. An neu gebauten Feuerungsanlagen wurden bei der Prüfung und Begutachtung nach den jeweiligen Landesbauordnungen mehr als 188.000 Mängel und an wesentlich geänderten Feuerungsanlagen mehr als 203.000 Mängel festgestellt.

Vor dem Hintergrund des europäischen Verfahrens wird die Bundesregierung in Kürze einen Gesetzentwurf zur Reform des Schornsteinfegerwesens vorlegen, der zum einen das europäische Vertragsverletzungsverfahren hinfällig machen und die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit im notwendigen Maße gewährleisten, zum anderen bewährte und sinnvolle Strukturen im Schornsteinfegerbereich in Deutschland nicht unnötig beseitigen soll. Die ordnungsmäßige Erfüllung der Schornsteinfegeraufgaben, die im Allgemeininteresse liegen, muss weiterhin sichergestellt bleiben.

Die Bundesregierung hat hierfür Ende November 2006 Eckpunkte entwickelt. Die Reform soll zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Nach den Plänen der Bundesregierung soll u. a. der Aufgabenbereich, in dem der Schornsteinfeger im Bezirk ausschließlich tätig sein darf, künftig auf hoheitliche Aufgaben, die im Gesetz definiert werden, beschränkt sein. Schornsteinfegerarbeiten, die keine Kontrollarbeiten beinhalten, werden aus dem Vorbehaltsbereich herausgenommen und für den Wettbewerb bei entsprechender handwerklicher Qualifikation geöffnet. Die im EG-Vertrag festgelegte europäische Dienstleistungsfreiheit wird bei entsprechender handwerklicher Qualifikation gewährleistet. Für die hoheitlichen Aufgaben werden Gebühren festgelegt. Die Bezirke werden über ein diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren vergeben. Die Umsetzung erfolgt in einer zehnjährigen Übergangszeit. Die Bestellung erfolgt für 10 Jahre. Innerhalb von 10 Jahren nach Inkrafttreten der Reform, also bis 2018, werden alle Bezirke ausgeschrieben. Die Residenzpflicht wird aufgehoben. Das Nebentätigkeitsverbot wird aufgehoben. Die Anzahl der Bezirke bleibt stabil.

Die CDU/CSU wird die Vorschläge der Bundesregierung nach Kabinettbeschluss, der bereits für Ende Januar 2007 erwartet wird, im parlamentarischen Verfahren sorgfältig prüfen. Ggf. wird es im Bundestag zu einer Sachverständigenanhörung kommen. Ziele für die CDU/CSU bei der Reform des Schornsteinfegerwesens sind unter anderem: Hoher Standard von Feuersicherheit und Umweltschutz, EU-Vereinbarkeit, Abbau von Bürokratie und Preisbelastung sowie Vermeidung von Doppelarbeiten bei der Emissionsmessung. Im Vordergrund steht für die Union bei der notwendigen Reform des Schornsteinfegerwesens allerdings ebenso, dass dem Berufsstand und seinen Beschäftigten eine tragfähige Perspektive geboten wird. Neben den Vorgaben des europäischen Rechts und dem Wunsch der Länder nach möglichst geringer Belastung mit zusätzlicher Bürokratie sind bei der Reform des Schornsteinfegerrechts u.a. auch die Auswirkungen auf die Alterszusatzversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister zu bedenken.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat seinen Gesetzentwurf mit den Bundesländern, Bundesressorts und Fachverbänden diskutiert. Die laufende Diskussion verfolgen wir aufmerksam. Wir legen Wert auf eine sorgfältige Beratung unter Berücksichtigung der Anliegen der Betroffenen.

Mit freundlichen Grüßen

Veronika Bellmann