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Ute Granold
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Frage von Jiri M. •

Frage an Ute Granold von Jiri M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Granold,

mein Name ist Jiri Meijnderts, ich bin 24 Jahre alt und im letzten Semester meines Studiums. Um mein Studium zu Finanzieren, arbeite ich selbständig als Dienstleister in verschiedenen Bereichen für unterschiedliche Kunden und die Einnahmen reichen aus um meine laufenden Kosten zu decken. Hierzu habe ich ein Gewerbe angemeldet. Seit dieser Zeit werde ich von der IHK-Rheinhessen ungefragt mit Post überhäuft. Dieser Post liegen auch jährlich Beitragsforderungen bei, für Leistungen, um die ich nie gebeten habe, die ich nicht in Anspruch genommen habe und die ich auch nicht in Anspruch nehmen werde, da diese mich und meinen Arbeitsbereich in den seltensten Fällen betreffen. Auf Nachfrage bei der IHK wurde mir erläutert, sie vertreten das "Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden" und meine Zwangsmitgliedschaft beruhe auf dem "Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern" aus dem Jahre 1956. Konkrete Interessen auf meiner Seite, einem "zugehörigen Gewerbetreibendem" konnte ich allerdings nicht vertreten sehen
Allerdings habe ich soweit ich es richtig interpretiere laut Grundgesetz Artikel 9 das Recht nicht beizutreten oder auszutreten. Des Weiteren stieß ich auf einen Beschluss der UN Menschenrechtscharta, welchen wir in dieser Situation gemäß Artikel 25 des Grundgesetzes auch unterliegen. Ich spreche von der Resolution 217 A. Da ich Student bin und mich der IHK-Beitrag einerseits Finanziell belastet und ich mich andererseits über die Verhältnismäßigkeit der Beiträge zum Nicht-in-Anspruchnehmen der Leistungen nur wundern kann, frage ich mich, ob diese Beitragsforderung an mich gerechtfertigt sind und wieso die IHK nicht vom Steuergeheimnis betroffen ist? Da ich recht neu auf dem Arbeitsmarkt ist, weiß ich nicht ob meine Zweifel berechtigt sind. Was ist Ihre Position zur IHK? Liege ich da völlig falsch?

Vielen Dank und freundliche Grüße

Jiri Meijnderts

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Meijnderts,

vielen Dank für Ihre Frage zur IHK-Pflichtmitgliedschaft, die Sie mir über Abgeordnetenwatch gestellt haben.

Die Pflichtmitgliedschaft von gewerblichen Unternehmen in den Industrie- und Handelskammern (IHK) ist seit Jahren heftig umstritten, wie Petitionen an den Deutschen Bundestag, Briefe an die Abgeordneten und Umfragen immer wieder zeigen.

Den Kammern gehören in Deutschland kraft Gesetz seit langem alle natürlichen und juristischen Personen an, die im Kammerbezirk eine gewerbliche Niederlassung, eine Betriebsstätte oder Verkaufsstelle unterhalten, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt werden (Pflichtmitgliedschaft). Pflichtmitglieder sind auch Kleinunternehmer und Nebenerwerbsbetriebe, falls der gewerbliche Charakter dieser Betriebe nicht fraglich ist. Diese Pflichtmitgliedschaft ist vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt worden. Auch nach Ansicht des Gerichts ist die Pflichtmitgliedschaft hinnehmbar, weil sie für die Kammerzugehörigen eine Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen eröffnet. Die Pflichtmitgliedschaft hat überdies nach den Ausführungen des Gerichts eine freiheitssichernde und legitimatorische Funktion, weil sie auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt. Das Gericht hat allerdings auch herausgestellt, dass die Industrie- und Handelskammern die Grenzen ihrer Aufgaben beachten müssen.

Auch kleine und mittelständische Betriebe profitieren von einer Mitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern. Die Kammern bieten ihnen zahlreiche Dienstleistungen, wie z. B. Starthilfen und Existenzgründungsberatung, Beratung in/zu Finanzierungs- und Steuerfragen, Suche nach Gesprächspartnern im In- und Ausland, Hilfe und Unterstützung bei Verkehrsproblemen und bei Kontakten mit der öffentlichen Verwaltung. Ebenso kommt die hoheitliche wirtschaftsverwaltende Tätigkeit der Kammern den kleinen und mittelständischen Betrieben zugute (u. a. Sachkundeprüfungen, Aus- und Fortbildung, Berufsbildungszentren, Vermittlungsstellen).

Aus der Pflichtmitgliedschaft folgt nach unserer Rechtsordnung die Beitragspflicht der Kammerzugehörigen. Der Beitrag ist eine Gegenleistung für den Vorteil des Mitgliedes aus der Kammertätigkeit. Dieser Vorteil besteht vor allem darin, dass die Kammer ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt, insbesondere das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden wahrnimmt und für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft arbeitet/eintritt. Der Vorteil dieser Interessenvertretung kommt allen Mitgliedern zugute. Dies entspricht dem Äquivalenzprinzip.

Es ist dabei nicht erforderlich, dass der Beitrag einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil bewirkt, der sich bei den einzelnen Kammerzugehörigen messbar niederschlägt.

Die Bundesregierung hält an der IHK-Pflichtmitgliedschaft fest, sie hat aber auch erklärt, dass sie die Problematik weiter beobachten wird. Im Koalitionsvertrag der christlich-liberalen Koalition ist eine Aufhebung der IHK-Pflichtmitgliedschaft nicht vorgesehen.

Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold MdB