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Ute Finckh-Krämer
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Frage von Bernd M. •

Frage an Ute Finckh-Krämer von Bernd M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Finck-Krämer,

in der Berliner Zeitung v. 21. Feb. rechtfertigen Sie die Anhebung der Bundestagsabgeordnetendiäten von über 800 €/Monat als eine „Akzeptable Anpassung“. Dafür arbeiten nicht wenige Menschen eine ganzen Monat…
Sie begründen dies mit der Anhebung der Altersgrenze für Ruhestandsbezüge ohne Abschläge. Was Sie verschweigen: Anhebung von 57 Jahre auf 63 Jahre. Schon die Rente für MdBs mit 57 (mit welchem Recht eigentlich?) war ein Skandal, von daher ist es normal, dass die Grenze angehoben wurde, also keine echte Begründung. Wir normalen Bürger bekommen bei Rente mit 63 einen Abschlag von ca. 10%. Frage: Warum für MdBs mit 63 abschlagsfrei? Warum erhalten MdBs nach nur 4 Jahren eine Rente von fast 1.000 €, für die wir Bürger 15-20 Jahre arbeiten müssen? Wie kann man dies rechtfertigen?
Ihre weitere Begründung: Wenn MdB unentschuldigt fehlen, wird doppelt so viel von der Kostenpauschale abgezogen. Na toll. Wenn wir Bürger bei der Arbeit unentschuldigt fehlen, gibt es eine Abmahnung, dann Kündigung. Dass man zur Arbeit geht, ist selbstverständlich, offensichtlich nicht für MdBs. Wie viel sind die Abschläge denn in konkreten Zahlen?
Weiter: Zusätzlich zu den „Diäten“ gibt es eine steuerfreie Kostenpauschale von 4.200 €/Monat. Die soll, z.B. Reisen in Heimatort abdecken. Ach nein, dafür bekommen MdBs ja kostenlos die Bahncard, I. Klasse. Mietkosten für eine Zweitwohnung haben Sie auch nicht als Berlinerin, mehr als 600-700 € dürfte es für die anderen MdBs das in Berlin auch nicht sein.
Des weiteren erhalten die MdB Reisekostenerstattung, Mitarbeiterpauschale, Krankenkassenzuschuss, Übergangsgeld, Büropauschale (12.000 im Jahr!!), usw. usw.
Die Mehrheit der Bürger hat das Gefühl, die MdBs stopfen sich die Taschen voll. Kaum ein Bürger erhält so eine Luxusversorgung.
Wofür nutzen Sie denn die Kostenpauschale? Wenn Sie die Erhöhung für so korrekt halten, warum werden Sie nicht eine „gläserne Abgeordnete“ wie Ihr Kollege Kelber, SPD?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

herzlichen Dank für Ihre Nachfragen. Ich hatte für die Erläuterung, warum ich der Erhöhung zustimme, in der Berliner Zeitung nicht viel Platz, deswegen konnte ich nicht alle Details aufführen und will das hiermit gerne nachholen.

Die 800 Euro sind tatsächlich eine Menge (auch wenn es brutto ist und praktisch alle Abgeordneten für das, was sie zusätzlich bekommen, den Spitzensteuersatz zahlen müssen - ich muss es jedenfalls, weil mein Mann auch erwerbstätig ist und unsere Kinder erwachsen). Aber das liegt auch daran, dass es mehrere "Nullrunden" gab und damit die Anpassung an die Bezahlung der Bundesrichter innerhalb von 6 Monaten und nicht sukzessive über einen längeren Zeitraum erfolgt. Das ist für mich vergleichbar mit der Anpassung des TVöD Ost an den TVöD West vor 6 Jahren, wo ebenfalls auf einen Schlag von 92,5% des Westtarifs auf 100% erhöht wurde und dann gleich noch die normale Tariferhöhung dazu kam, so dass ich damals mehr als 10% Gehaltssteigerung hatte. Allerdings war ich damit schlechter dran als wenn die Bundesregierung sich darauf eingelassen hätte, die Zahlungen für die "Tarifossis" sukzessive um, sagen wir, 1,5 Prozentpunkte pro Jahr anzupassen. Und ähnlich ist es jetzt auch mit der Anpassung der Abgeordnetenbezüge.

Nun zur steuerfreien Aufwandspauschale. Ich gehöre tatsächlich zu denjenigen, die keinen Zweitwohnsitz in Berlin benötigen. Ich habe daher einige Spenden-Daueraufträge für aus meiner Sicht besonders unterstützenswerte Projekte im Friedensbereich eingerichtet. Der dickste Kostenpunkt sind aber für alle Bundestagsabgeordneten die Kosten für Miete und Betrieb eines oder mehrerer Wahlkreisbüros - nur die Personalkosten und einen beschränkten Zuschuss für Technik und Möbel trägt der Bundestag. Ich habe selber einen Mietvertrag für ein Wahlkreisbüro ab 1.3.2014 abgeschlossen. Miete, Nebenkosten, Versicherungen werden sich insgesamt auf etwa 1.200 Euro monatlich belaufen. Das sind nur die Fixkosten - kleinere Reparaturen, Sachmittel aller Art, den größten Teil der Einrichtung muss ich aus der Aufwandspauschale finanzieren. Ebenso die monatliche Abbuchung für die Wahlkampfkostenrücklage. Die Entschuldigungsgründe für Abgeordnete in Sitzungswochen sind übrigens sehr eng gefasst: Krankschreibung durch einen Arzt (auch bei einem einzelnen Krankheitstag in einer Sitzungswoche an notwendig!), Mutterschutz oder eine genehmigte Dienstreise. Wenn ich z.B. in einer Sitzungswoche an der Beerdigung einer Verwandten oder eines engen Freundes außerhalb Berlins teilnehme und daher im Plenum fehle, gilt das als unentschuldigtes Fehlen. In meinem vorherigen Beruf hätte ich dafür einen Urlaubstag nehmen können... Dasselbe gilt für politische Termine in größerer Entfernung von Berlin, die nicht als Bundestagsdienstreise (für die es enge Kriterien gibt) gelten. Für Abgeordnete, deren Wahlkreise weit von Berlin entfernt liegen, bedeutet das z.B. bei einer erneuten Kandidatur bei der nächsten Bundestagswahl, dass sie sich entscheiden müssen, ob sie an Kandidatenpodien vor den Sommerferien teilnehmen und sich dafür 200 Euro von der Aufwandspauschale abziehen lassen oder in Berlin bleiben und sich zu Hause dafür kritisieren lassen, dass sie sich der Diskussion nicht stellen...

Für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trägt der Bundestag die Gehaltskosten, aber keine Reisekosten, wenn ich sie z.B. auf Tagungen oder zu Konferenzen schicken möchte. Also übernehme ich die. Auch Fachbücher, Zeitungen und Zeitschriften oder die technische Ausstattung meines Wahlkreisbüros (wenn ich z.B. einen Beamer für Veranstaltungen beschaffe) muss ich aus der Aufwandspauschale bestreiten.

Die Büropauschale ist eine Abrechnungsgröße für die Sachkosten für mich und meine Mitarbeiter im Bundestag, d.h. für Büromaterial aller Art. Ich erhalte sie nicht ausgezahlt, sondern kann bis zu dieser Höhe Büromaterial bestellen. Wenn ich die Pauschale nicht ausschöpfe, bleibt der Rest im Bundeshaushalt. 2013 habe ich sie für die knapp drei Monate, die ich im Bundestag war, nicht annähernd ausgeschöpft und schätze, dass ich das auch dieses Jahr nicht tun werde.

Entsprechendes gilt für die Mitarbeiterpauschale. Ich kann bis zu einem bestimmten Betrag MitarbeiterInnen beschäftigen, was ich nicht ausschöpfe, bleibt im Bundeshaushalt. Ohne MitarbeiterInnen könnte ich meine Aufgaben als Abgeordnete nicht erfüllen, genauso wenig wie die Bundesrichter ohne MitarbeiterInnen auskämen...

Das Übergangsgeld ist für die Abgeordneten, die nicht - wie ich - in eine Stelle im Öffentlichen Dienst (oder einem Unternehmen, das sie beurlaubt hat) zurückkehren können, unbedingt nötig, weil sie sonst von einem Tag auf den anderen ohne Einkommen dastehen würden. Bei mir wird das Gehalt, das ich nach meinem Ausscheiden wieder erhalte, auf das Übergangsgeld angerechnet, wenn meine Abgeordnetenzeit endet, bevor ich im Rentenalter bin.

Die Ruhestandsaltersregelung für Abgeordnete wurde exakt an die für Sozialversicherungspflichtige und Beamte angepasst: Mit 63 können zukünftig nur diejenigen ihre Altersbezüge ohne Abzüge erhalten, die mindestens 50% schwerbeschädigt sind. Für alle anderen gilt eine Regelung in Abhängigkeit vom Geburtsjahr. Ich (Geburtsjahr 1956) werde also sowohl meine normale Rente als auch die Altersbezüge aus meiner Abgeordnetentätigkeit erst mit 65 Jahren und 10 Monaten ohne Abzüge beantragen können. Allerdings gilt das nur für die Abgeordneten, die am 22.10.2013 noch keine 8 Jahre im Bundestag waren - für die anderen gilt Bestandsschutz. Aber mehr als die Hälfte der Abgeordneten des 18. Bundestags sind weniger als 8 Jahre dabei... Dass die Höhe der Altersbezüge sich an den Regeln für Beamtenpensionen und nicht an der Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung orientiert, muss ich zugeben. Es steckt derselbe Gedanke dahinter wie beim Alimentationsprinzip für Beamte. Das sollte aber insgesamt und nicht isoliert für die Abgeordneten diskutiert werden.

Meine Webseite ist noch in der Überarbeitung, sobald sie fertig ist, werden die ersten Transparenzinformationen dort nachlesbar (zu Lobbykontakten und Nebeneinkünften). Sobald ich ein volles Kalenderjahr im Bundestag bin, stelle ich auch die Informationen zu meinem Einkommen und meiner Aufwandspauschale ins Netz - für 2013 macht das keinen großen Sinn, weil ich z.B. immer noch keinen Bescheid vom Finanzamt Steglitz habe, wieviel Steuern ich als MdB (nach)zahlen muss.

Sie sehen, das Ganze ist ziemlich kompliziert. Ich hoffe aber, dass Sie meine Gründe für die Zustimmung nun etwas besser nachvollziehen können.

Mit freundlichen Grüßen

Ute Finckh-Krämer