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Ursula Heinen-Esser
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Frage von Kim G. •

Frage an Ursula Heinen-Esser von Kim G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Ursula Heinen-Esser,

ich hätte eine Frage zu dem von der Koalition geplantes Leistungsschutzrecht für Presseverleger:
Was ist konkret der Schutzgegenstand der durch dieses Gesetz geschützt werden soll? Beim Leistungsschutz der Hersteller von Tonträgern wäre z.B. nur die eigentliche Aufnahme geschützt. Beim Leistungsschutzrecht für Presseverlage gibt es eine solche Unterscheidung zwischen Aufnahme und Komposition nicht. Der Text sollte ja schon von momentanen UrhG erfasst sein und die verlegerische Leistung, also das Layout der Webside, wird von Suchmaschienen oder Aggregatoren nicht übernommen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Gerstein,

vielen Dank für Ihr Schreiben über abgeordnetenwatch.de zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage.

Der Gesetzentwurf der Koalition zielt darauf, Presseverlage mit anderen sogenannten Werkmittlern gleichzustellen. Das Urheberrechtsgesetz kennt schon heute eine Vielzahl von Leistungsschutzrechten, durch die die spezifische Leistung eines Werkmittlers, z.B. eines Schauspielers, Musikers, Musik- oder Filmproduzenten, unabhängig vom Urheber als dem Schöpfer des Werkes rechtlich geschützt wird.

Presseverleger dagegen verfügen bisher nicht über ein entsprechendes Leistungsschutzrecht, obwohl sie ähnlich wie die genannten Berufsgruppen urheberrechtlich geschützte Werke, nämlich journalistische Artikel, einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen. Die spezifische Leistung des Verlegers liegt in der berufsmäßigen Veröffentlichung einer Vielzahl von Presseartikeln, die mit einem erheblichen technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist. Ähnlich wie Produktmarken bürgen Verlage für eine besondere Qualität ihrer Erzeugnisse. Auswahl, Arrangement und Präsentation der Artikel bieten dem Leser Orientierung und erleichtern ihm den Qualitätsvergleich. Es ist auch ein Gebot der Gleichbehandlung nach Artikel 3 des Grundgesetzes, dass diese verlegerische Leistung ähnlich wie bei anderen Werkmittlern rechtlich geschützt wird.

Das Schutzbedürfnis der Verleger ist in besonderer Weise mit der Verbreitung des Internets entstanden. Solange Presseerzeugnisse ausschließlich in gedruckter Form verfügbar waren, wurden diese wegen des kurzen Vermarktungszeitraums nicht in nennenswerter Weise von Dritten zu eigenen gewerblichen Zwecken verwertet. Durch das Internet aber ist es für Dritte möglich, im Internet verfügbare Presseartikel ganz oder teilweise zu kopieren und wirtschaftlich auszunutzen. Dies ist durchaus legitim - ich halte es aber ebenso für sachgerecht, wenn kommerzielle Angebote, die sich die Leistung der Presseverlage systematisch zunutze machen, künftig von diesen Lizenzen erwerben müssen. Wer mit der Leistung anderer Geld verdienen will, muss diesen zuvor um Erlaubnis fragen und das verlangte Entgelt zahlen.

Zwar ist es richtig, dass Verlage schon bisher mit technischen Mitteln eine Nutzung ihrer Seiten etwa durch Suchmaschinen verhindern (Auslistung über robots.txt) oder ihr Angebot mit Bezahlschwellen versehen können. Gleichwohl ändert dies aus meiner Sicht nichts daran, dass es sachgerecht ist, der verlegerischen Leistung als Form der Werkvermittlung ein eigenes Leistungsschutzrecht zuzuordnen. Um ein Beispiel zu bilden: Auch vom Verkäufer kann zur Vermeidung von Diebstählen nicht verlangt werden, seine Sachen nicht mehr anzubieten oder besondere Sicherheitsvorrichtungen zu schaffen. Nach meiner Überzeugung ist es vielmehr Aufgabe des Rechtsstaates, ihn vor Rechtsverletzungen zu schützen oder rechtliche Mittel zur Rechtsdurchsetzung an die Hand zu geben. Überdies betrifft die Einführung des Leistungsschutzrechts nicht nur Suchmaschinen wie z.B. Google, sondern desgleichen auch sog. Newsaggregatoren, die ohne Zustimmung des Verlegers mit Metacrawlern auch Paywalls unterlaufen und Presseerzeugnisse aufbereiten und wirtschaftlich weiternutzen. Deswegen brauchen die Verlage ein eigenes Recht, um sich gegen diesen Missbrauch zur Wehr setzen zu können.

Nach dem Gesetzentwurf soll das Leistungsschutzrecht nur die öffentliche Zugänglichmachung von Presseerzeugnissen zu gewerblichen Zwecken erfassen. Ausdrücklich wird dabei nur auf Suchmaschinen und sogenannte Newsaggregatoren abgestellt. Andere Nutzer wie z.B. Blogger, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft und private oder ehrenamtliche Nutzer sind vom Leistungsschutzrecht nicht betroffen. Das Zitatrecht und die übrigen Schranken des Urheberrechts gelten auch für das Leistungsschutzrecht.

Einen Konflikt mit dem rechtlichen Schutz der Urheber, d.h. vor allem der Journalisten, sehe ich schließlich nicht: Nach dem Gesetzentwurf kann das Leistungsschutzrecht des Presseverlegers ausdrücklich nicht zum Nachteil des Urhebers geltend gemacht werden. Ferner bestimmt der Gesetzentwurf, dass der Urheber angemessen an der Vergütung, die durch die Lizenzierung des neuen Leistungsschutzrechts generiert wird, zu beteiligen ist. Die Einführung des Leistungsschutzrechts für Presseverlage liegt damit auch im wirtschaftlichen Interesse der am Presseerzeugnis beteiligten Urheber.

Mit freundlichen Grüßen

Ursula Heinen-Esser