Ulrike Berger
Bündnis 90/Die Grünen
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulrike Berger zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Frank S. •

Frage an Ulrike Berger von Frank S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Berger,

Wir hatten vor Kurzem die sog. "Energiewende".
Gemäß der EEG-Jahresabrechnung für 2010 in Ostdeutschland arbeitete der gewaltige Maschinenpark der Windkraftanlagen mit einer Auslastung von 16,39%, der ostdeutsche Solarpark brachte es auf eine Auslastung von 6,83%.

Bitte erläutern Sie, wie die Grünen und Sie im Speziellen dafür sorgen wollen, dass auch die restlichen ca. 83% der Stromversorgung sicher gestellt werden können.
Bitte beachten Sie, dass es sich nicht um 83 % Kapazität für 100% Zeit, sondern umgekehrt um die Sicherstellung von 100% Kapazität der Stromversorgung in den restlichen 83% der Zeit eines Jahres handelt.

Zeigen Sie bitte gleichzeitig auf, wie die Energiepreise stabil gehalten werden sollen, wenn (um die kontiniuerliche Versorgung sicher zu stelllen) der Kraftwerkspark zur 100%-igen Versorgung gleich mehrfach vorhanden sein muß, um den Ausfall von Wind und Sonne zu kompensieren.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Strobel

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Strobel,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern beantworte. Wir setzen auf einen Mix verschiedenster regenerativer Energieträger, um eine 100%ige Stromversorgung in Deutschland zu erreichen. Dieses Ziel könnten wir mit einer minimalen Steigerung der Zubauraten bei Nutzung der Windkraft an Land, der Sonnenstrahlung und der Biomasse bis etwa 2040 erreichen. Größere Anstrengungen beim Zubau bedarf es bei der Geothermie und der Windkraftnutzung auf dem Meer. Dabei werden wir in einem Übergangszeitraum vor allem auf eine Ergänzung durch Gaskraftwerke auf Erdgasbasis setzen, die dann langfristig durch Biogas bzw. verschiedenste Arten von Stromspeichern ersetzt werden können. Die Energiewende wird tatsächlich kurz- und mittelfristig auch Strompreissteigerungen verursachen. Die würde es aber auch mit den fossilen Brennstoffen geben, da dieser immmer knapper und dadurch auch teurer werden. Mit den Erneuerbaren Energien werden wir hingen langfristig von stabilen bzw. sogar sinkenden Strompreisen profitieren, da es durch Weiterentwicklung und steigende Nachfrage zu einer immer effizienteren Technik kommt. Zu Ihren Prozentzahlen zum Thema "Auslastung" möchte ich ihnen folgendes zu Bedenken geben:

Eine marktübliche neue WKA mit einer Nabenhöhe von 113m und einer installierten Leistung von 2.000 kW produziert in einem 100% Windjahr im Binnenland von MV etwa 4,5 Mio. kWh. Daraus ergibt sich eine rechnerische Volllaststundenzahl von 2.250h. Da das Jahr 8.750h hat kämen Sie bei Ihrer Betrachtung auf eine "Auslastung" von 25,7%. Ein Stromverorger kann selbstverständlich nicht damit rechnen, dass sich diese WKA 2.250h/Jahr mit 2.000 kW Strom in das Netz speist. Eine WKA produziert über 7.000h/Jahr Strom im Teillastbereich. Nur sehr wenige Stunden produziert sie Strom unter Volllast.

Daraus ergibt sich folgende Anforderung für eine sichere und kontinuierliche Stromversorgung: Wie für jedes andere atomare oder fossile Kraftwerk müsste ein Stromversorger eine 100% Ersatzleistung vorhalten (Störungen und Wartungen - so waren beispielsweise 2007 gleichzeitig 6 Atomkraftwerke nicht am Netz). Wenn dies praktisch nicht geschieht, dann liegt dass daran, dass ein Stromversorger nur mit einer extrem geringen Wahrscheinlichkeit mit dem Komplettausfall aller am Netz befindlichen Kraftwerke rechnen muss. Auch bei Kraftwerken auf der Basis von Sonne und Wind fallen in einem größeren Betrachtungsraum nie alle Kraftwerke gleichzeitig aus, sondern können sich in der Regel zum Teil ausgleichen. Dies erfordert jedoch einen stärkeren Netzausbau, um diesen Ausgleich auch leisten zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Ulrike Berger