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Ulla Jelpke
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Frage von Toni M. •

Frage an Ulla Jelpke von Toni M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Jelpke,

ich habe erfahren, dass es beim Ehegattennachzug zu Veränderungen gekommen ist.
Leider konnte ich im Internet nicht klar feststellen, ob diese Änderungen auch für Ehepartner gelten, die schon im Land sind? Oder aber nur für Ehepartner von Deutschen die erst ins Land einreisen müssen, um ihren Ehepartner zu heiraten.

Gilt der Deutschtest auch für Ausländer die einen Deutschen heiraten, wenn diese bereits im Land sind?

Auch habe ich erfahren, dass genug Einkommen vorhanden sein muss. Früher konnten auch Sozialhilfeempfänger ihren Partner frei auswählen, wenn ich richtig informiert bin. Ist es nicht so, dass es auch diesbezüglich eine Zweiteilung in unserer Gesellschaft gibt?

Ich finde es unglaublich, dass sich der Staat nun zunehmend auch in das Liebesleben erwachsener Menschen einmischt.
Kann man gegen diese m.E. ungerechtfertigten Verschärfungen klagen?
Ich sah diese Woche zu diesem Thema einen Bericht und bin erschrocken wie sehr unser Land zweitgeteilt ist, in arm und reich.
Ich meine dem Staat geht es nichts an, wer wen heiratet. Wie sehen Sie das?

Mit freundlichen Grüßen

Toni Matschner

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Antwort von
DIE LINKE

Hallo Toni Matschner,

auch für DIE LINKE ist es unerträglich, dass in die Menschenrechte von Migrantinnen und Migranten in vielfältiger Art und Weise eingegriffen wird. Aufenthalts- und weitere Rechte werden davon abhängig gemacht, dass die Betroffenen den Staat nichts kosten dürfen. Eine solche Einteilung von Nicht-Deutschen in Menschen zweiter Klasse, in "Nützliche" bzw. "Unnütze" lehnen wir ab.

Zu Ihren konkreten Fragen:

Die Pflicht zum Nachweis von "einfachen" Deutsch-Kenntnissen des Niveaus A1 (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen) im Rahmen des Ehegattennachzugs gilt seit August 2007. Wie es der Begriff "Nachzug" andeutet, geht es hierbei "nur" um die Gruppe derjenigen Ehegatten, die noch im Ausland leben und nach Deutschland zu ihren Ehegatten einwandern möchten.

Im Übrigen ist der Nachweis von guten Deutsch-Kenntnissen erforderlichen, wenn Betroffene sich einbürgern lassen oder eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erhalten wollen. Die Behörden können unter bestimmten Umständen bereits länger hier lebende Migrantinnen und Migranten dazu verpflichten, einen Sprachkurs zu besuchen - dies steht aber nicht im Zusammenhang einer Eheschließung.

DIE LINKE kritisiert die neuen Sprachanforderungen im Rahmen des Ehegattennachzugs energisch und hat vor kurzem einen Antrag in den Deutschen Bundestag zur Rücknahme dieser menschenfeindlichen Schikane eingebracht (BT-Drs. 17/1577, zur Information anbei).

Die Antwort auf Ihre zweite Frage ist ähnlich: Natürlich kann man bereits hier lebende Ausländerinnen und Ausländer unabhängig vom eigenen bzw. von deren Einkommen heiraten. Bei der Frage allerdings, ob ein Aufenthaltsrecht bzw. eine Einreise gewährt wird, wird grundsätzlich verlangt, dass der Lebensunterhalt der Betroffenen ohne staatliche Hilfen gesichert ist. Der Bezug von Sozialleistungen ist ein Ausweisungsgrund, bei einem "drohenden" Bezug staatlicher Leistungen wiederum wird kein Ehezusammenführungs-Visum erteilt. Von dieser Regel gibt es Ausnahmen, und von den Ausnahmen wiederum Ausnahmen... Eine ebenfalls seit August 2007 geltende - aus unserer Sicht verfassungswidrige -Verschärfung der Rechtslage ist, dass auch der Ehegattennachzug zu Deutschen bei Sozialhilfebezug versagt werden kann, wenn den Betroffenen angeblich ein Zusammenleben auch im Ausland zuzumuten ist. Faktisch werden hierdurch vor allem eingebürgerte Doppelstaatsangehörige zu "Deutschen zweiter Klasse".

Zudem hat die Rechtsprechung dafür gesorgt, dass das nachzuweisende Einkommen sich in den letzten Jahren noch erhöht hat. In Zeiten zunehmender prekärer Beschäftigung bedeutet dies, dass fundamentale Rechte von Migrantinnen und Migranten im Bereich des Familien- und Privatlebens unter einem menschenrechtswidrigen Finanzierungsvorbehalt steht. Auch in dieser Frage ist DIE LINKE politisch und parlamentarisch aktiv.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Jelpke