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Tino Sorge
CDU
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Frage von Thomas F. •

Würden Sie sich dafür einsetzen, im Rahmen der laufenden Pflegereform die Aufnahme von pflegenden Angehörigen in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu ermöglichen?

Sehr geehrter Herr Sorge,

ich pflege meine Mutter in Vollzeit. Meine größte Ausgabe ist der mtl. Beitrag zur PKV.

Die meisten pfleg. Angehörigen haben Zugang zur GKV - als Rentner, Ehegatte oder tlw. berufstätig. Der Rest muss in die PKV.

Das ist eine große Belastung und führt auch zu Mehrkosten für die Gemeinschaft, weil die Eltern dann i.d.R. ins Pflegeheim müssen.

Es gab schon diverse Verbesserungen für pflegende Angehörigen, z.B. die Aufnahme in RV und ALV. Leider fehlt die GKV. Es ist eine Lücke.

M.E. werden die Kosten für die Aufnahme der pflegenden Angehörigen in die GKV überschätzt. Denkbar wäre auch eine Lösung mit Zusatzbeiträgen des pfleg. Angehörigen. Die PKV ist keine Lösung, da kaum noch bezahlbar.

Sind Ihnen Fallzahlen zum Kreis der Betroffenen und Kostenschätzungen bekannt? Würden Sie meinen Vorschlag unterstützen?

Ich weiß, dass der Wegfall der PKV das Problem auch lösen würde, aber darauf können wir nicht warten.

MfG

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CDU

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Frage. In der Tat müssen pflegende Angehörige viel stärker als bisher unterstützt werden, denn sie kümmern sich tagtäglich um Millionen Menschen.

Kürzlich hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der Ampel- Fraktionen das so genannte Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet. Dieser Name hält bei weitem nicht, was er verspricht, denn das Gesetz hat mit der Anhebung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um 0,35 Prozentpunkte zum 1. Juli 2023 zunächst eine Belastung für die Beitragszahler zum Kerninhalt. Mit der Erhöhung des Kinderlosenzuschlags von 0,25 Prozent auf 0,6 Prozent und einer Entlastung ab dem zweiten bis zum fünften Kind um je 0,25 Beitragssatzpunkte bis zum 25. Lebensjahr wird ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem letzten Jahr umgesetzt. Weiterhin sollen das Pflegegeld und die ambulanten Sachleistungsbeträge zum 1. Januar 2024 um fünf Prozent erhöht werden. Leistungszuschläge zu den Eigenanteilen in der vollstationären pflegerischen Versorgung werden ab dem 1. Januar 2024 um 5 bis 10 Prozent erhöht.

Wie knapp die Finanzierungsmöglichkeiten der Koalition in der Pflege mittlerweile sind, zeigen die Regelungen im Gesetz zur Streckung von Darlehensrückzahlungen. Auch sollen die Möglichkeiten für die Bundesregierung erleichtert werden, künftig eigenmächtig per Verordnung Beitragssatzerhöhungen vornehmen zu können. Diese Einschränkung der parlamentarischen Beteiligungsrechte lehnen wir als CDU/CSU-Fraktion entschieden ab.

Aus dem ursprünglichen Referentenentwurf wurden in den letzten Monaten zahlreiche Punkte zunächst hinaus- und im Anschluss wieder hineingenommen. Im parlamentarischen Verfahren haben die Ampelfraktionen lediglich einen Kompromiss finden können, der den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt. Auf den letzten Metern hat die Koalition sich darauf geeinigt, das zwischenzeitlich gestrichene Entlastungsbudget, also die Kombinationsmöglichkeit von Leistungen der Kurzzeit- und Verhinderungspflege, wieder ins Gesetz aufzunehmen.

Allerdings soll diese Regelung erst ab Juli 2025 gelten, lediglich Eltern von schwerst pflegebedürftigen Kindern bis zum 25. Lebensjahr im Pflegegrad 4 oder 5 können das Budget bereits ab Januar 2024 nutzen. Im Gegenzug wurde die geplante Dynamisierung der Pflegeleistungen zum 1. Januar 2025 von ursprünglich geplanten 5 Prozent auf 4,5 Prozent abgesenkt. Leistungszuwächse konnte die Ampel im parlamentarischen Verfahren nicht mehr herausverhandeln.

Wir haben als CDU/CSU-Bundestagsfraktion vier Änderungsanträge gestellt, die von der Ampelmehrheit leider abgelehnt wurden. Diese Anträge hatten zum Inhalt:

einen gemeinsamen Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege bereits zum 1. Januar 2024 zu ermöglichen, ohne im Gegenzug die Dynamisierung der Pflegeleistungen zu kappen.

die Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages bei künftigen Beitragserhöhungen in vollem Umfang wieder herzustellen,

das in der Coronapandemie etablierte strukturierte telefonische Begutachtungsverfahren beim MD auch künftig beizubehalten sowie

die Etablierung eines Förderprogramms für Modellvorhaben für Pflegebedürftige vor Ort und im Quartier.

Zu diesen Punkten hat die Ampel ebenfalls Vorschläge erarbeitet, unsere Anträge waren jedoch weitgehender, für die Betroffenen vorteilhafter und rechtlich klarer. Sie finden sie in der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses zur Debatte unter https://dserver.bundestag.de/btd/20/069/2006983.pdf.

Die Bundesregierung bleibt mit diesem Gesetz weit hinter den eigenen Zielen aus dem Koalitionsvertrag zurück. Sowohl die Erhöhung der Leistungszuschläge zur Reduzierung der Eigenanteile als auch die des Pflegegeldes und der ambulanten Sachleistungsbeträge sind lediglich Tropfen auf den heißen Stein. Nicht einmal die Inflationsraten der letzten Monate werden so ausgeglichen, de facto gehen die Mehrbelastungen für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen ungebremst weiter.

Damit werden nachhaltige Problemlösungen auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben. Durch unterschiedliche Interessen gelähmt, blockieren sich die Koalitionsfraktionen auch in der Pflege gegenseitig. Dieses Versäumnis haben wir im parlamentarischen Verfahren mehrfach kritisiert. Nach nicht einmal zwei Jahren fehlt der Ampel bereits die Kraft für wirkliche Reformen. Angesichts der zunehmenden Herausforderungen in der Pflege sind das keine guten Aussichten für die Pflegebedürftigen, deren Angehörige und die Pflegekräfte in unserem Land.

Offenbar selbst nicht von der Nachhaltigkeit ihrer Regelungen überzeugt, hat die Bundesregierung das Bundesministerium für Gesundheit verpflichtet, bis zum 31. Mai 2024 Empfehlungen für eine stabile und dauerhafte Finanzierung der sozialen Pflegeversicherung unter Beteiligung weiterer Bundesministerien vorzulegen.

Diese Zeit haben wir nicht, denn wir brauchen jetzt eine ernsthafte Debatte, unter anderem über die Finanzierung von versicherungsfremden Leistungen durch die Pflegeversicherung oder auch die stärkere Förderung von eigener oder betrieblicher Vorsorge sowie über die Arbeitsbedingungen in der Pflege und die Situation der pflegenden Angehörigen.

Mit freundlichen Grüßen

Tino Sorge MdB

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