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Stephan Hilsberg
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Frage von Alexander L. •

Frage an Stephan Hilsberg von Alexander L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Hilsberg! Sie haben nun neben dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung (09.11.07) auch noch dem neugefassten BKA-Gesetz (12.11.08) zugestimmt, die beide offensichtlich verfassungswidrig sind. Sie begründen Ihr Abstimmungsverhalten mit den für mich wenig stichhaltigen Argumenten, dass man beide Seiten der Medaille betrachten müsse und nach reiflicher Abwägung seien Sie zu diesen Entscheidungen gekommen (sinngemäss). Ich war im November letzten Jahres maßlos entäuscht über Ihr Abstimmungsverhalten und bin dieses Mal regelrecht erschrocken. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir irgendwie verständlich machen könnten, warum Sie als gewählter SPD-Abgeordneter das bisherige Rechts- und Demokratieverständnis dieses Landes mit diesen Entscheidungen so grundlegend verändern wollen. Ich bin ebenfalls ehemaliger DDR-Bürger und habe auch meinen kleinen Teil zum Untergang dieses Systems geleistet. Was haben Sie gegeneinander abgewogen (präventive Überwachung aller Einwohner gegen nichtvorhandenen Terror/das große böse Internet/Kontrollverlust)? Ist überwachungsfreie Kommunikation für Sie kein menschliches Grundrecht? Gehört staatliche Allmacht wieder zu den Selbstverständlichkeiten? Welche Gründe könnte ich noch haben, Ihnen und Ihrer Partei jemals meine Stimme zu geben? Die Äußerungen der letzten 3 Jahre Ihres Parteikollegen Herrn Wiefelspütz zu diesen Themen lassen mich milde gesagt völlig verwirrt und ungläubig staunend zurück. Von denen Ihres Regierungskoalitionärs Dr. Schäuble ganz zu schweigen.

In der Hoffnung auf zukünftige Klarheit

Alexander Lode

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SPD

Sehr geehrter Herr Lode,

ich kann Ihre Sorgen und Bedenken hinsichtlich staatlicher Überwachung sehr gut nachvollziehen. Wie ich Ihnen bereits mitgeteilt habe, sind die Wurzeln meiner politischen Laufbahn in der Opposition der ehemaligen DDR zu finden. Ich bin daher sehr gut mit den Formen und Folgen staatlicher Überwachung, wie sie beispielsweise in der DDR angewendet wurden, vertraut. Diese Überwachungspolitik ist jedoch in keiner Weise mit den Methoden unseres modernen Rechtstaates zu vergleichen.

Erstens werden die Überwachungsvorgänge unserer staatlichen Organe durch strenge gesetzliche Regelungen definiert und eingegrenzt. In der DDR war dies nicht der Fall - eine Überwachung konnte dort auch durch Willkür einzelner Personen veranlasst werden. Die Methoden entsprachen nicht den Grundrechten der Menschen. Das ist heute anders: Der Missbrauch von Überwachungsmaßnahmen ist daher kaum mehr möglich.

Zweitens werden die heutigen Überwachungsmaßnahmen eingesetzt, um kriminelle bzw. terroristische Aktivitäten zu beobachten und ggf. frühzeitig - also präventiv - eingreifen zu können. Somit genießen alle Menschen in der Bundesrepublik Deutschland einen zusätzlichen Schutz. In der ehemaligen DDR wurden solche Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des DDR-Regimes und zur systematischen Kontrolle der Opposition des Staates eingesetzt. Niemand will heute mit einem BKA-Gesetz oder mit der Speicherung von Vorratsdaten die Opposition kontrollieren oder irgend ein anderes Grundrecht beschneiden.

Sicherlich könnte ich noch viele weitere Beispiele aufzählen, die deutlich machen, dass man staatliche Überwachung in der DDR nicht mit den Schutz- und Präventionsmaßnahmen vergleichen kann, die wir heute anwenden. Nichtsdestotrotz sind wir gefordert, genau zu kontrollieren, ob unsere heutigen Mechanismen gut funktionieren oder nicht. Ich bin daher der Meinung, dass in regelmäßigen Abständen über das Ausmaß und die Notwenigkeit staatlicher Überwachung diskutiert werden muss.

Die Bekämpfung des internationalen Terrorismus wird auch in Zukunft eine der zentralen Herausforderungen unseres freiheitlichen demokratischen Rechtsstaates sein. Wir haben deshalb das modernste und rechtsstaatlich anspruchsvollste Polizeigesetz der Bundesrepublik geschaffen! Das gesamte zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus notwendige polizeiliche Instrumentarium haben wir in diesem Gesetz abgebildet. Dieses umfasst bekannte und bewährte polizeiliche Standardbefugnisse, wie die Vorladung und die erkennungsdienstlichen Maßnahmen. In den Polizeigesetzen der Länder sind diese Maßnahmen seit Jahrzehnten festgeschrieben.

Die einzige neue Befugnis des BKA-Gesetzes ist die sogenannte "Online-Durchsuchung". Wenn ein terroristischer Anschlag über das Internet geplant oder koordiniert wird, reichen die herkömmlichen Instrumente nicht aus. Die Polizei muss terroristische Kommunikation überwachen, um den internationalen Terrorismus effektiv bekämpfen zu können. Es ist deshalb unsere Pflicht, Sicherheitsbehörden technisch in die Lage zu versetzen, adäquat auf die veränderte Bedrohungslage reagieren zu können, genauso wie wir es als unsere Pflicht ansehen, dies so grundrechtsschonend wie möglich zu tun.

Daher habe ich sowohl für die damals verabschiedete Vorratsdatenspeicherung, als auch für das kürzlich diskutierte BKA-Gesetz gestimmt.

Mit freundlichen Grüßen
Stephan Hilsberg