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Stephan Hilsberg
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Frage von Stefan W. •

Frage an Stephan Hilsberg von Stefan W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Hilsberg,

ich würde gerne Ihre Meinung zum geplanten Gesetz für das Verbot von Computerspielen hören. Die Abstimmung dazu soll im Sommer stattfinden. Zunächst aber muss ich sagen, dass die Einordnung in ein festes Thema schwer fällt; gehört es nun zur Demokratie, zur Familie, zum Inneren oder gar zum Verbraucherschutz? Ich denke es gibt viele Teilbereiche welche dieses Thema betreffen.
Es gab in der Vergangenheit zahlreiche öffentliche Diskussionen für oder gegen das Verbot von Computerspielen, die teilweise auch sehr widersprüchlich geführt wurden. Für mich gilt ganz klar, dass Jugendschutz notwendig ist! Aber auch, dass in Deutschland bereits guten (gesetzliche) Rahmenbedingungen für ein funktionierenden Jugendschutz bestehen und das Eltern einen wesentlichen Anteil zur Einhaltung des Jugendschutzes beitragen müssen!

Dazu vielleicht einige Gedanken:

- ­ Computerspiele sind nicht die Ursache für Jugendgewalt! Alle bisherigen Untersuchungen auf diesem Gebiet haben das bewiesen.

- ­ Spiele ohne Jugendfreigabe gehören nicht in die Hände von Kindern und Jugendlichen! Diese Meinung unterstützen alle. Gewalthaltige Computerspiele aber grundsätzlich zu verbieten ist absurd - schließlich werden entsprechende Bücher und Filme auch nicht verboten.

- ­ Deutschland verfügt im weltweiten Vergleich über den strengsten Jugendschutz.
­ Die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten sind ausreichend, um Kinder und Jugendliche vor nicht passenden Spielen zu schützen.

- ­ Wieder einmal fällt der Politik nichts anderes ein, als bestimmte Spiele zu verbieten zu wollen. So werden populistische Forderungen durchgesetzt. Das Problem der Jugendgewalt wird damit aber nicht gelöst.
­
- Computerspiele sind ein fester Bestandteil der Kreativwirtschaft in Deutschland. Sogar die Politik fördert den Deutschen Entwicklerpreis für Computerspiele. Auf der anderen Seite bekämpft sie die gesamte Community.

Ich würde mich über eine Antwort Ihrerseits freuen,

Mit freundlichen Grüßen,

Stefan Wenke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wenke,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur Änderung des Jugendschutzgesetzes vom 20. Februar 2008.

Die derzeitige Diskussion zum Jugendmedienschutz und zur Änderung des Jugendschutzgesetzes, um Ihre erste Frage direkt zu beantworten, wird im Deutschen Bundestag federführend vom Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend behandelt.
Ein entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung wird in Kürze im Parlament beraten werden.

Der Gesetzentwurf sieht vor, den Verbotskatalog der schwer jugendgefährdenden Trägermedien im Hinblick auf Gewaltdarstellungen zu erweitern. Für diese Medien – zu denen Killerspiele und Horrorfilme zählen – gelten gesetzliche Vertriebsbeschränkungen. Zukünftig sollen auch solche Medien, die besonders realistische, grausame und reißerische Darstellungen selbstzweckhafter Gewalt beinhalten, mit einem weit reichenden Abgabe-, Vertriebs- und Werbeverbot belegt werden. Es geht also hier nicht um ein grundsätzliches Verbot von Computerspielen oder um einen Kampf gegen die gesamte Computer-Community. Der Gesetzentwurf greift in weiten Strecken Anregungen der umfassenden Evaluation des Hans-Bredow-Institutes über das deutsche Jugendmedienschutzsystem sowie die Ergebnisse des Runden Tisches zum Jugendschutz Ende November 2007 auf.

Auch die im bisherigen Jugendschutzgesetz genannten Indizierungskriterien in Bezug auf mediale Gewaltdarstellungen, sollen in der Änderung des Jugendschutzgesetzes erweitert und präzisiert werden. Die Aufzählung im Gesetz soll zum Beispiel um Mord- und Metzelszenen, die detailliert dargestellt werden oder die Selbstjustiz verherrlichen, erweitert werden.
Das Alterskennzeichen der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK) und der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) soll künftig eine bestimmte Größe haben und gut sichtbar platziert sein, so dass es dem Verkaufspersonal und den Käufern ins Auge springt. Diese Regelung soll dem Problem in der Praxis, dass häufig nicht altersgerechte Spiele an Minderjährige verkauft werden, entgegen wirken.

Wie ich bereits erwähnte, greifen grundsätzliche Verbotsdiskussionen viel zu kurz. Im Vordergrund unserer Bemühungen zur Umsetzung eines wirksamen Kinder- und Jugendmedienschutzes muss daher die Förderung und Stärkung von Medienkompetenz in Familien stehen, das macht die Evaluation des Hans-Bredow-Institutes deutlich. Die Medienkompetenz muss aber auch im Kindergarten, in der Schule und in der Jugendarbeit gestärkt werden. In diesem Zusammenhang ist auch der Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen wichtig, um sinnloser Gewalt vorzubeugen. In Kitas und Schulen können Kinder Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen und wertvolle Erfahrungen machen, die sie vor Vereinsamung und Gewalt schützen.

Bei allen bestehenden Problemen mit so genannten „Killerspielen“ und dem Wunsch, diese einzudämmen, dürfen wir nicht vergessen, dass für einen modernen Kinder- und Jugendschutz die Medienerziehung sowie die Medienverantwortung sehr bedeutsam sind. Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass in den hier problematisierten Computerspielen häufig einfache Rollenmuster (starke Helden, autoritäres Durchsetzen, Gewalt als legitimes Mittel, Frauen als Objekte etc.) propagiert werden. Auch deshalb sind alle pädagogischen Alltagsbereiche gefragt, die andere Problemlösungskompetenzen vermitteln. Darüber hinaus ist eine ehrliche Diskussion über die Situation in den Schulen aber auch in den Familien nötig, z.B. haben viele Bundesländer eine äußerst geringe Ausstattung mit Schulpsychologinnen und -psychologen. Man muss sich auch immer wieder fragen, wie Eltern, Geschwister, Nachbarschaft, Mitschülerinnen und Mitschüler, Lehrerinnen und Lehrer reagieren bzw. nicht reagieren, wenn Kinder und Jugendliche oft tagelang in die Parallelwelt der Computerspiele abtauchen. Von Seiten der Wissenschaft wird immer wieder – zu Recht – eine „Kultur des Hinsehens“ gefordert.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass insgesamt der Anteil an Computerspielen, welche als für Kinder und Jugendliche gefährlich eingestuft werden müssen, geringer ist, als es in der öffentlichen Diskussion den Anschein hat. Die positiven Möglichkeiten der Nutzung von Computer und Internet müssen unterstützt werden. Es ist daher ebenso notwendig, einen differenzierten Blick einzufordern, um nicht Spielerinnen und Spieler pauschal als “Killerspieler“ zu stigmatisieren. Das heißt für uns aber auch, vor den bestehenden Problemen in diesem Bereich nicht die Augen zu verschließen.

Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort weiterzuhelfen und verbleibe

mit freundlichem Gruß

Stephan Hilsberg