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Steffen Bockhahn
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Frage von Erich-Günter K. •

Frage an Steffen Bockhahn von Erich-Günter K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Bockhahn,

Die sogenannten Snowden-Enthüllungen veranlassen mich als besorgter Bürger, Ihnen als Mitglied des PKGr diese Fragen vorzulegen, die meines Wissens bisher von den Massenmedien noch nicht behandelt worden sind.

Wo etwa werden überall sensible Daten verarbeitet? Beispiele:

Öffentliche Verwaltung (Meldewesen, Justiz, Polizei, Finanzen, Jobcenter)
Gesundheitswesen (Krankenkassen)
Energieversorgung (Kraftwerk-Steuerungsanlagen)
Verkehrsleitsysteme (Straßen, Wasser, Luft)
Finanzsektor (Banken, Versicherungen, Börse)
Forschungs- und Bildungseinrichtungen
Stiftungen
Medienhäuser, Presse, Rundfunk und Fernsehanstalten
Freie Berufe: Arztpraxen, Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien
Unternehmen aller Größen von Konzernen bis zu Kleinbetrieben

Sie alle geben allein in Deutschland zusammen vermutlich jährlich 3-stellige Milliardenbeträge aus für die Sicherung ihrer Daten und gegen Missbrauch und Zugriff von innen und außen. Ein lukrativer und nicht nur US-dominierter Markt für IT-Anbieter, die Sicherheitslösungen dafür anbieten.

Mein Vorschlag für eine Frage an die Verantwortlichen unserer Nachrichtendienste:
Wäre es theoretisch denkbar und ist es technisch möglich, dass im Zuge der berichteten verdachtslosen Datenspeicherung von welchem Dienst in welchem Land auch immer, quasi als Beifang ein Datenzugriff auf die erwähnten Beispiele möglich ist?

Freundlich grüßt mit Dank für die Kenntnisnahme
Erich-Günter Kerschke
Brüder-Grimm-Straße 30
50997 Köln

Portrait von Steffen Bockhahn
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Kerschke,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 5.8.2013.

Der Schutz der Privatsphäre und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sind hohe und schützenswerte Grundrechte. Die Enthüllungen durch Edward Snowden haben bis vor kurzem kaum vorstellbare Missstände, bzw. Grundrechtsverletzungen im Umgang mit unseren persönlichen Daten aufgedeckt. Der Vorwurf, dass sämtliche Formen der digitalen Kommunikation via Telefon, Internet, Twitter, Facebook, ohne Verdacht umfassend von allen Bürgerinnen und Bürgern abgeschöpft und temporär gespeichert werden, konnte bisher nicht wiederlegt werden. Zum Teil sollen auch deutsche Botschaften und Unternehmen und Politiker bei Gipfeltreffen durch den US-amerikanischen Geheimdienst NSA und den britischen Geheimdienst GCHQ ausgespäht worden sein. NSA und GCHQ sollen eng mit privaten Telekommunikationskonzernen und Internetunternehmen - auch auf deutschem Boden - zusammenarbeiten, die sich durch Kooperationsvereinbarungen dauerhaft zur Zusammenarbeit bekannt haben. Der Datenverkehr - auch der innerhalb Deutschlands - wird heutzutage durch großen Internetknoten im Ausland - zu einem großen Teil durch die USA, da dort die großen Internet-Konzerne ihren Sitz haben - geleitet. Das wird durch die Geheimdienste ausgenutzt, die dadurch die Daten gar nicht in Deutschland selbst anzapfen müssen.

Ihre Vermutung, dass auch Daten und die Korrespondenz der öffentlichen Verwaltung, von Forschungseinrichtungen, großen Unternehmen, auch aus den Bereichen Presse, Medien, sowie Anwälten und Ärzten und anderen sensiblen Bereichen von der Datenabschöpfung und temporären Speicherung betroffen sein dürften und eben nicht "nur" die Daten privater Nutzer ist daher nur zwangsläufig. Ob es sich dabei nur um Metadaten, also Informationen darüber wer mit wem, wann und wie lange in Verbindung getreten ist, handelt, ist bisher auch nicht eindeutig aufgeklärt. Da das Datenspähprogramm "Tempora" des britischen Geheimdienst GCHQ die Daten auch nach Suchbegriffen durchforschen kann, scheint auch ein Zugriff auf die Inhalte möglich zu sein. Auch in diesem Punkt gibt es viel Aufklärungsbedarf.

Ich habe wiederholt kritisiert, dass der Aufklärungswille der Bundesregierung dem Problem in keiner Weise angemessen ist und auch die nötige Transparenz und die Informationen über das Ausmaß der Ausspähaffäre völlig unbefriedigend sind. Dem Innenminister Friedrich fiel dazu ein, dass die Deutschen "lernen müssten, auch selbst für die Sicherheit ihrer Kommunikation im Internet zu sorgen." Die Bundesregierung sieht sich also nicht selbst in der Pflicht gegen die millionenfache Grundrechtsverletzung aktiv und vorbeugend vorzugehen. Das ist eine zynische Haltung und bleibt ein Skandal. Zumal auch die beste Sicherheitssoftware auf dem Computer keine Garantie gegen Ausspähung und Speicherung der eigenen Daten ist. Mit dem vom Bundeskanzleramt angekündigten Anti-Spionage-Abkommen mit den USA kann die ganze Angelegenheit nicht für beendet erklärt werden, wie uns weisgemacht werden soll.

Ich werde mich - auch in meiner Funktion als Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) - weiter für eine umfassende Aufklärung stark machen und Druck auf die Bundesregierung ausüben, die deutschen Bürgerinnen und Bürger und deutsche Unternehmen und Institutionen vor ausländischen Geheimdiensten zu schützen.

Mit freundlichen Grüßen

Steffen Bockhahn

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Steffen Bockhahn, MdB
Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Mitglied des Haushaltsausschusses

Platz der Republik 1
11011 Berlin

Telefon +4930/227-78770
Telefax +4930/227-76768
steffen.bockhahn@bundestag.de

http://www.bockhahn.de

http://www.linksfraktion.de

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: abgeordnetenwatch.de [mailto:antwort@abgeordnetenwatch.de]
Gesendet: Montag, 5. August 2013 16:05
An: Bockhahn Steffen
Betreff: Eine Frage an Sie vom 05.08.2013 10:59

Sehr geehrter Herr Bockhahn,

Erich-Günter Kerschke aus 50997 Köln hat als Besucher/in der Seite www.abgeordnetenwatch.de (Bundestag) bzgl. des Themas "Demokratie und Bürgerrechte" eine Frage an Sie.

Um diese Frage zu beantworten, schicken Sie diese Mail mit Ihrem eingefügten Antworttext an uns zurück (als wenn Sie eine normale Mail beantworten würden).
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Sehr geehrter Herr Bockhahn,

Die sogenannten Snowden-Enthüllungen veranlassen mich als besorgter Bürger, Ihnen als Mitglied des PKGr diese Fragen vorzulegen, die meines Wissens bisher von den Massenmedien noch nicht behandelt worden sind.

Wo etwa werden überall sensible Daten verarbeitet? Beispiele:

Öffentliche Verwaltung (Meldewesen, Justiz, Polizei, Finanzen, Jobcenter) Gesundheitswesen (Krankenkassen) Energieversorgung (Kraftwerk-Steuerungsanlagen) Verkehrsleitsysteme (Straßen, Wasser, Luft) Finanzsektor (Banken, Versicherungen, Börse)
Forschungs- und Bildungseinrichtungen
Stiftungen
Medienhäuser, Presse, Rundfunk und Fernsehanstalten Freie Berufe: Arztpraxen, Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien Unternehmen aller Größen von Konzernen bis zu Kleinbetrieben

Sie alle geben allein in Deutschland zusammen vermutlich jährlich 3-stellige Milliardenbeträge aus für die Sicherung ihrer Daten und gegen Missbrauch und Zugriff von innen und außen. Ein lukrativer und nicht nur US-dominierter Markt für IT-Anbieter, die Sicherheitslösungen dafür anbieten.

Mein Vorschlag für eine Frage an die Verantwortlichen unserer
Nachrichtendienste:
Wäre es theoretisch denkbar und ist es technisch möglich, dass im Zuge der berichteten verdachtslosen Datenspeicherung von welchem Dienst in welchem Land auch immer, quasi als Beifang ein Datenzugriff auf die erwähnten Beispiele möglich ist?

Freundlich grüßt mit Dank für die Kenntnisnahme Erich-Günter Kerschke Brüder-Grimm-Straße 30
50997 Köln

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Um die Frage direkt einzusehen, können Sie auch diesem Link folgen:
http://www.abgeordnetenwatch.de/frage-575-37489--f388682.html#q388682

Mit freundlichen Grüßen,
www.abgeordnetenwatch.de
(i.A. von Erich-Günter Kerschke)

Ich erkläre mich durch Beantwortung dieser e-Mail mit der Veröffentlichung meiner Antwort auf www.abgeordnetenwatch.de und mit der dauerhaften Archivierung im digitalen Wählergedächtnis einverstanden.

Aus Gründen der Rechtssicherheit wird Ihre IP-Adresse beim Beantworten dieser e-Mail gespeichert, aber nicht veröffentlicht.