Frage an Stefan Müller von Klaus D. bezüglich Finanzen
In der Presse war in den letzten Tagen zu lesen, dass das Berliner Schloß wieder aufgebaut werden soll. Kostenbeteiligung des Bundes, rund 440 Millionen Euro. Da es in der Vergangenheit selten vorkam, dass die kalkulierte Bausumme ausreichte, wird es wahrscheinlich in diesem Falle ebenso sein. Warum wird so viel Geld für ein Vorzeigeobjekt ausgegeben, während für marode Schulen, Straßen Brücken u.s.w. kein Geld vorhanden ist. Hier wären öffentliche Gelder sinnvoller angebracht? Oder will man Frau Merkel ein Denkmal setzen?
Sehr geehrter Herr Dippold,
vielen Dank für Ihre Frage zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses.
Im November 2000 haben die Bundesregierung und der Senat von Berlin eine Kommission eingesetzt, die bis zum April 2002 Vorschläge zur Nutzung und Architektur des Neubaus am Schloßplatz erarbeitet hat. Für die Nutzung ist vorgesehen das Schloss unter dem Begriff "Humboldt Forum" weitgehend museal zu nutzen. Ich halte dieses Konzept für schlüssig und der Bau fügt sich aus meiner Sicht passend in das Ensemble der Museumsinsel ein. Die Hauptstadt erhält damit einen Teil ihrer Geschichte zurück. Die Mehrheit des Deutschen Bundestages hat dies ähnlich gesehen und am 4. Juli 2002 seine Entscheidung für den Wiederaufbau getroffen.
Die Finanzierung ist in der Tat ein strittiger Punkt. *Der Förderverein Berliner Schloss e.V. hat sich zum Ziel gesetzt, mit Spenden in Höhe von 80 Mio. Euro zum Wiederaufbau beizutragen. Laut Bundestagsbeschluss soll der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses insgesamt 552 Mio. Euro kosten, einschließlich der Umzugskosten der Museen in Höhe von 72 Mio. Euro.
Darüber, ob der Wiederaufbau sinnvoll ist, wurde und wird nicht zuletzt wegen der Kosten eine intensive Diskussion geführt, die vermutlich nicht zu einem gemeinsamen Kompromiss führen wird. Ich gebe Ihnen ausdrücklich Recht, dass man mit über 500 Mio. Euro viele andere Dinge hätte finanzieren können. Die gleiche Frage stellt sich auch bei vielen anderen Investitionen. Mich erreichen immer wieder zahlreiche Anfragen zur Sinnhaftigkeit von Entwicklungshilfe oder zur Sinnhaftigkeit bestimmter Verkehrsprojekte. Es wird zu allen diesen Vorhaben immer ein Pro und Contra geben. Beim Contra spielen immer die Kosten eine entscheidende Rolle -- und zwar unabhängig von der konkreten Größenordnung der Investition.
Selbst wenn das Schloss nur 50 Mio. EUR kosten würde, hätte sich die Frage gestellt, ob man mit dem Geld nicht Sinnvolleres hätte finanzieren können. Ich möchte nicht den Kostenrahmen verteidigen, denn auch ich halte die veranschlagten 500 Mio. EUR für eine enorm große Summe. Ich möchte lediglich um Verständnis werben, dass es kaum möglich sein wird, hinter jedem Ausgabenposten des Bundeshaushalts die Mehrheit der Bevölkerung zu versammeln. Gleiches wird für die Haushalte der Länder, der Landkreise und der Gemeinden gelten.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Müller, MdB