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Frage von Michael B. •

Frage an Sibylle Laurischk von Michael B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Laurischk,

vielen Dank für Ihre Antwort vom 27.02. in der Sie das gemeinsame Sorgerecht nicht ehelicher Väter thematisieren /1/.

Ich habe dazu eine verfassungskonforme Unklarheit:

A) Gemäß Art. 6, II, GG heisst es:
"Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht."
Ein Vater hat also zunächst ein natürliches Recht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder. Dieses natürliche Recht leitet sich also aus seiner Eigenschaft als Elternteil ab und liegt zunächst einmal vor, ohne jegliche weitere Einschränkung.
B) Gemäß dem Referentenentwurf /2/ heisst es:
"1. Die Möglichkeiten des Zugangs des nicht mit der Kindesmutter verheirateten Vaters zur gemeinsamen elterlichen Sorge werden deutlich erweitert. Die gemeinsame Sorge entsteht nunmehr zusätzlich, soweit das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die gemeinsame elterliche Sorge überträgt. Dabei soll das Familiengericht regelmäßig die Übertragung der gemeinsamen Sorge beschließen, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht."

Laut A) hatte der Vater das natürliche Sorgerecht.

Nun besagt B), dass ihm dieses natürliche Sorgerecht aberkannt wurde und er es erneut beantragen muss.

Daher die Frage: Welches Gericht hat mit welchem Beschluss dem Vater eines nicht ehelichen Kindes, das NATÜRLICHE Sorgerecht (A), gemäß Art. 6, II, GG) genommen?

Soll Ihnen die Verfassungswidrigkeit dieser Gesetzgebung ebenfalls so ins Auge springen, wie uns, würden Sie dafür eintreten, dass eheliche und nicht eheliche Kinder gleich behandelt werden, wie es Art. 6, V, GG vorsieht: Durch die Anerkennung des NATÜRLICHEN Rechts auf das Sorgerecht des NATÜRLICHEN (also leiblichen) Vaters ab Geburt?

Mit freundlichen Grüßen
Michael Baleanu

/1/ http://www.abgeordnetenwatch.de/sibylle_laurischk-575-37762--f321736.html#q321736
/2/ http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/RefE_SorgeR.pdf?__blob=publicationFile

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Baleanu,

haben Sie vielen Dank für Ihre erneute Frage zum elterlichen Sorgerecht. Natürlich gehe ich davon aus, dass die Verfassungsmäßigkeit des Entwurfes aus dem Bundesjustizministerium sorgfältig geprüft worden ist und ich habe keine Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht so sein könnte.

Dass es so einfach nicht ist, wie Sie es darstellen, macht folgende Überlegung deutlich: Vater eines Kindes ist nach § 1592 BGB derjenige, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. Im Falle eines unehelich geborenen Kindes fallen also die biologische Vaterschaft und die soziale Vaterschaft auseinander. Schon hieraus erkennen Sie, dass es nicht damit getan ist, zu sagen, der "Vater" hat das natürliche Sorgerecht.

Nach Ihrer Interpretation würde das Sorgerecht automatisch dem biologischen Vater zufallen. Dies würde aber im Falle einer außerehelichen Geburt erheblich in die Rechte des sozialen Vaters eingreifen. Es würden sich auch gravierende Probleme daraus ergeben, dass ein nicht unerheblicher Teil der unehelichen Väter nicht nur keinen Sorgerechtsantrag stellt, sondern versucht, sich der Vaterschaft zu entziehen. Eine automatische Sorgerechtszuweisung an den jeweiligen biologischen Vater würde zu erheblich mehr Prozessen führen.

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen erleichtert doch gerade die Möglichkeiten für Väter, die mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet sind, das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen. Während die Mutter bislang entweder durch Schweigen oder durch die Angabe, mit dem Vater des Kindes nicht kooperieren zu können oder zu wollen, eine Erteilung einer gemeinsamen Sorge verhindern konnte, muss sie nach dem Gesetzesentwurf Gründe vorbringen, nach denen eine gemeinsame Sorge dem Kindeswohl ausdrücklich widerspreche. Die Neuregelung stellt also sowohl eine Verbesserung für nichteheliche Väter dar als auch eine Entlastung der Familiengerichte von langwierigen Anhörungen. Insofern wird doch Ihrem Anliegen entsprochen.

Mit freundlichen Grüßen

Sibylle Laurischk