Portrait von Serkan Tören
Serkan Tören
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Serkan Tören zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Christine G. •

Frage an Serkan Tören von Christine G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Tören,

auf Ihrer Internetseite und in einer Pressemitteilung behaupten Sie, dass weder der Koran noch der Islam im Widerspruch zu unserer freiheitlichen Ordnung stehen, sondern lediglich die Salafisten eine Unvereinbarkeit zwischen Islam und Grundgesetz herstellen.

( http://www.serkan-toeren.de/content/koranverteilung-durch-salafisten )

Inwiefern halten Sie folgende Koransure (4,34) für vereinbar mit dem Grundgesetz und unserer freiheitlichen Ordnung?

„Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“

( http://www.koransuren.de/koran/sure4.html )

Mit freundlichen Grüßen
Chr. Gärtner

Portrait von Serkan Tören
Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Gärtner,

vielen Dank für Ihre offenen Worte. Sie haben mir aus einer Koranübersetzung folgende Zeilen geschickt und gefragt, wie diese im Einklang mit dem Grundgesetz stehen:

„Und wenn ihr fürchtet, daß (irgendwelche) Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“ (4,34)

Ich möchte Ihnen eine weitere Textstelle anführen:

„Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen.“

Diese Sätze entstammen nicht dem Koran, sondern der Bibel (Brief des Apostels Paulus an die Epheser, 5, 22-24). Ich will damit nicht die Koranstelle relativieren. Sowohl die Heilige Schrift der Muslime als auch die Heilige Schrift der Christen reichen zurück in eine Zeit, in der Männer und Frauen nicht gleichberechtigt waren. Daher enthalten sie viele Formulierungen, die unserem heutigen Ideal der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht länger entsprechen. In der damaligen Zeit waren die Formulierungen jedoch oftmals ein Fortschritt für die Stellung der Frau in der Gesellschaft und in den Familien. So findet sich zu Beginn in Sure 4,34 auch der Hinweis, dass der Mann für die Frau sorgen müsse.

Der Koran kann nun, genau wie die Bibel, in zwei unterschiedlichen Weisen gelesen werden: Zum einen so, dass die Regelungen von damals heute unverändert gelebt werden sollen (bedeutet: Schlechterstellung der Frau). Zum anderen so, dass die Intention von damals heute fortgeführt werden soll (bedeutet: Aufwertung der Stellung der Frau bis zur Gleichberechtigung). Auch wenn viel zu viele Menschen den Koran oder die Bibel heranziehen, um den Frauen gleiche Rechte zuzugestehen, so gilt dies zum Glück für eine große Zahl von Muslimen und Christen nicht. Diese Menschen reflektieren die Heiligen Schriften in ihrem historischen Kontext. Diesen Prozess unterstützt die Bundesregierung nachdrücklich. Deshalb fördert die christlich-liberale Koalition die Etablierung islamischer Studien an deutschen Universitäten mit 20 Millionen Euro pro Jahr. Dadurch schaffen wir Orte der historisch-kritischen Koran-Exegese. Wer sich eingehend mit dem Koran in seinem geschichtlichen Kontext auseiander setzt, lernt schnell, dass die Zielrichtung des Koran die Aufwertung der Rechte der Frauen ist – nicht ihre Unterdrückung.

In dem Punkt herrscht auch unter den muslimischen Verbänden in Deutschland Einigkeit. So hat die Deutsche Islamkonferenz häusliche Gewalt einhellig verurteilt. Die Bundesregierung hat zudem mit dem Aktionsplan II zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen ein umfassendes Handlungskonzept vorgelegt. Die Gewalt gegen Frauen ist nicht zu tolerieren und muss bestraft werden.

Wie jede andere Heilige Schrift wird auch der Koran von manchen herangezogen, um Haltungen zu legitimieren, die mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sind. Das Problem dabei ist nicht der Koran. Das Problem ist, dass er falsch interpretiert wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Serkan Tören, MdB