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Sergey Lagodinsky
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Frage von Margret K. •

Wie stehen Sie zu der Chat - Überwachung/Kontrolle? Werden Sie dafür stimmen?

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Sehr geehrte Frau K., vielen Dank für Ihre Anfrage zur geplanten Regulierung der EU-Kommission zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Netz, oft auch unter dem Begriff „Chatkontrolle“ bekannt.

Meine Position – und die Position meiner Fraktion – ist klar: Ich lehne den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission entschieden ab. Wir sind gegen das Scannen privater Chats sowie gegen Maßnahmen zur Altersverifikation, da sie ineffektiv sind und einer anlasslosen Massenüberwachung unserer digitalen Kommunikation und unseres Online-Lebens gleichkommen würden.

Bislang ist im Europäischen Parlament keine konkrete Abstimmung terminiert, jedoch bewegt sich der Rat derzeit in Richtung einer general approach, was anschließend den Weg für die Trilogverhandlungen freimachen würde. Diese Entwicklung hängt maßgeblich mit der sich wandelnden Position der deutschen Bundesregierung zusammen – insbesondere dem Bundesinnenministerium unter Führung der CSU, das sich zunehmend offen für den Vorschlag der Kommission zeigt.

Ein „General Approach“ ist die gemeinsame Verhandlungsposition des Rates der EU (also der Regierungen der Mitgliedstaaten) zu einem Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission. Diese Position wird von den zuständigen Fachminister*innen der Mitgliedstaaten – in diesem Fall z. B. den Innenministerien – im Rahmen des Rates für Justiz und Inneres abgestimmt und beschlossen.

Wenn der Rat einen „General Approach“ verabschiedet hat, bedeutet das:

  • Die Mitgliedstaaten haben sich intern geeinigt, wie sie gegenüber dem Europäischen Parlament in den Verhandlungen auftreten wollen.
  • Damit kann das sogenannte Trilogverfahren beginnen – also die Verhandlungen zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament über die finale Gesetzesfassung.

Im Zusammenhang mit der Chatkontrolle bedeutet das:

  • Der Rat der EU arbeitet derzeit an einem „General Approach“ zu dem Vorschlag der Kommission zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch im Netz.
  • Diese Position enthält nach bisherigen Informationen weiterhin Chat-Scanning und verpflichtende Altersverifikation – beides Maßnahmen, die erhebliche Grundrechtseingriffe darstellen.
  • Sollte dieser „General Approach“ beschlossen werden, wäre das ein politischer Durchbruch für die Befürworter*innen der Chatkontrolle, da die Verhandlungen mit dem Parlament dann offiziell starten könnten.

Warum ist das problematisch? Der „General Approach“ könnte die Tür dafür öffnen, dass im Rahmen der Trilogverhandlungen ein Kompromiss entsteht, der elementare Datenschutz- und Freiheitsrechte gefährdet – besonders wenn das Parlament, wie vom Berichterstatter angedeutet, bereit ist, seine bislang kritische Position aufzuweichen.

Das Parlament hat bisher eine hervorragende Position zu dem Dossier vertreten. Allerdings hat der zuständige Berichterstatter, Herr Zarzalejos (EVP), bereits angedeutet, dass er diese möglicherweise aufgeben könnte, um eine Einigung mit dem Rat zu erzielen.

Ich kann Ihnen versichern: Jede finale Einigung, die Chatkontrolle oder datenschutzfeindliche Altersverifikationsmaßnahmen beinhaltet, werde ich in der Abstimmung im Parlament entschieden ablehnen.

Vielen Dank für Ihr Engagement für digitale Grundrechte – und dafür, dass Sie diese wichtige Debatte aufmerksam verfolgen.

Was möchten Sie wissen von:
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