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Sebastian Edathy
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Frage von Werner Z. •

Frage an Sebastian Edathy von Werner Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Tag Herr Edathy,

mit Interesse habe ich Ihre Antworten auf die Fragen von Herrn Heemann gelesen.
Sie antworteten unter anderem: "Zunächst einmal möchte ich betonen, dass Ihre Befürchtung, dass "durch die internationale Hintertür der Einsatz des Militärs auch im Innern unseres Landes vorbereitet werden" solle, unbegründet ist. Die SPD spricht sich gegen einen Einsatz der Bundeswehr im Innern zur Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben aus. Ein solcher widerspricht übrigens auch der derzeitigen Verfassungslage, einer entsprechenden Grundgesetzänderung würde die SPD nicht zustimmen."

Wie sieht es mit Ihrer Einschätzung aber aus, wenn gerade diese Vorgehensweise innerhalb des Kreises der EU-Innenminister diskutiert und befürwortet wird? Hat sich die Bundesrepublik dann dem EU-Recht zu beugen? Was halten Sie persönlich von den dort diskutierten Strategien zur Aufzeichnung sämtlicher digitalen Spuren aller EU-Bürger?
Hier der entsprechende Link zu dem Artikel: http://www.heise.de/ct/hintergrund/meldung/115759
Das hat für mich nichts mehr mit "Kampf gegen den Terror" zu tun, das ist m.E. Terror gegen das Volk.

Mit besten Grüßen
W. Zimmer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zimmer,

vielen Dank für Ihre Fragen vom 12. September 2008 zum Thema Demokratie und Bürgerrechte.

Auf übertriebene Polemik ("Terror gegen das Volk") sollte in einer ernsthaften Debatte freilich verzichtet werden, mit solchen Wendungen relativieren Sie das Terrorismus-Problem in unverantwortlicher Weise.

Wie ich bereits in meiner Antwort an Herrn Heemann vom 12. September 2008 dargelegt habe, begrenzt das Grundgesetz in Deutschland einen Einsatz der Bundeswehr im Innern auf den Katastrophen- bzw. den Spannungs- und Verteidigungsfall. Nochmals möchte ich in diesem Zusammenhang betonen, dass die SPD-Bundestagsfraktion eine Ausweitung der Szenarien für den Bundeswehreinsatz im Inland ablehnt.

Auch hinsichtlich anderer Aspekte, die in dem Artikel angesprochen werden, auf den Sie Bezug nehmen, habe ich verfassungsrechtliche Bedenken. So hat z.B. der Datenschutz über das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung in der Bundesrepublik Verfassungsrang und das sogenannte Trennungsgebot, das die Trennung von Polizei und Geheimdiensten regelt, ist ein schützenswertes Gut und Bestandteil der bewährten Sicherheitsarchitektur Deutschlands. Die grundgesetzlichen Bestimmungen und die Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts bleiben von eventuellen EU-Regelungen unberührt.

Ich habe zuweilen den Eindruck, dass einige Innenminister den angemessenen Ausgleich zwischen den Freiheitsinteressen des Einzelnen und den Sicherheitsinteressen des Staates und auch die Grundsätze des Datenschutzes wie Datensparsamkeit und Datenvermeidung aus den Augen verlieren. Dies muss vom EU-Parlament und den nationalen Parlamenten sorgsam beobachtet und kontrolliert werden.

Allerdings obliegt dem Staat und auch der Europäischen Union neben der Aufgabe der Gewährleistung des Schutzes des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung auch die Verpflichtung des Schutzes der Bürgerinnen und Bürger vor Gefahren und der Beeinträchtigung ihrer Sicherheit. Ich vertrete daher die Auffassung, dass eine „Totalüberwachung“ selbstverständlich in einem Rechtsstaat undenkbar ist. Gleichermaßen halte ich aber auch eine Ablehnung jedweder Datenspeicherung für falsch. Vielmehr gilt es zu gewährleisten, dass die Balance zwischen staatlichen Sicherheitsinteressen und bürgerlichen Freiheitsrechten gewahrt bleibt. Dafür setzt sich die SPD-Bundestagsfraktion ein.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Sicherheit kein Selbstzweck sein darf, sondern im Dienst der Freiheit steht. Daher darf es auch auf europäischer Ebene keine „Superüberwachungsbehörden“ oder grundlose Datenaufzeichnungen und -speicherungen geben.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB