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Frage von Klara S. •

Frage an Sebastian Edathy von Klara S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Edathy,

der gerichtlich genehmigte Demonstrationszug der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschlands am 13.02.2010 durch Dresdens Neustadt wurde von der Polizei in letzter Minute abgesagt, da laut Aussage der Polizei die Sicherheit der Teilnehmer wegen Gegendemonstranten nicht gewährleistet werde konnte ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,677718,00.html ).

Das Verwaltungsgericht Dresden hat im jetzt ergangenen Urteil vom 19.01. nicht nur festgestellt, dass die Verhinderung der Demonstration rechtswidrig war, sondern auch "festgestellt, dass der Beklagte [die Polizei] es rechtswidrig unterlassen hat, durch Einsatz geeigneter polizeilicher Mittel den Aufzug des Klägers am 13.2.2010 zu gewährleisten." ( http://www.justiz.sachsen.de/vgdd/content/1077.php ).

Ein Grundpfeiler unserer Demokratie ist das Demonstrationsrecht. Dieses durchzusetzen ist in Dresden rechtswidrig von der Polizei unterlassen worden. Von daher möchte ich Sie Folgendes fragen:

A) Stimmen Sie mit dem Bundesverfassungsrichter Masing und seinen Kollegen überein, der in einem Artikel der FAZ geäußert hat: "Es ist keine gute Tat, rechtsradikale Demonstrationen zu verhindern."? ( http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~E7589552636A9442099A4E3F2CB32B021~ATpl~Ecommon~Scontent.html )

B) Werden Sie als innen- und rechtspolitischer Experte der SPD öffentlich Stellung dazu beziehen, dass in Deutschland das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit – wie von Gerichts wegen festgestellt – verhindert und von staatlichen Stellen rechtswidrig nicht durchgesetzt worden ist?

C) Sollten die dafür verantwortlichen Polizeiführer, sobald das Urteil rechtskräftig ist, bestraft werden?

Mit freundlichen Grüßen
Klara Schütz

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schütz,

Sie berufen sich in Ihrer Frage auf das Demonstrationsrecht als „Grundpfeiler unserer Demokratie“. Da stimme ich Ihnen zu. Aber stimmen Sie mir auch zu, dass es einer Organisation wie der „Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO)“, die laut Verfassungsschutz Anhaltspunkte für eine rechtsextremistische Orientierung aufweist und die sich mit Neonazis, gewaltbereiten Rechtsextremen und NPD-Funktionären zusammen zu einem „Trauermarsch“ in Dresden aufmacht, wohl nicht um demokratische Werte geht? Die Ideologie der Rechtsextremen ist anti-demokratisch und menschenverachtend. Leider lässt ihre Frage eine Distanz zum rechtsextremen Gedankengut, das in der JLO nachweislich vorhanden ist, vermissen.

Zu Frage A) Ich halte es für richtig, wenn möglichst viele Demokraten in Dresden auch in diesem Jahr am 13. und 19. Februar Präsenz zeigen und zusammen friedlich gegen den rechtsextremistischen Auflauf und die Umdeutung deutscher Geschichte protestieren. Zugleich halte ich es für geboten, klarzustellen, dass das Begehen von Ordnungswidrigkeiten kein legitimes Handeln darstellt. Ich werde in diesem Jahr nach Dresden fahren und mich am berechtigten und rechtmäßigen demokratischen Protest gegen das massenhafte Auftreten der Neonazis dort beteiligen, um ein klares Zeichen gegen Rechtsradikale zu setzen.

Zu Frage B) Das tue ich hiermit, denn abgeordnetenwatch.de ist eine öffentliche Plattform im Internet.

Zu Frage C) Dazu sollten Sie den Rat eines Juristen einholen. Ich bin als Bundestagsabgeordneter weder befugt, rechtsverbindliche Auskünfte zu erteilen noch war/bin ich in die Prüfung des Sachverhalts einbezogen. Ihre Frage zielt im Übrigen auf eine Aussage hin, die zu kurz gedacht ist. Es geht um viel mehr als Recht und Strafen. Es geht um rechtsextreme, antisemitische und fremdenfeindliche Gesinnungen, die mit dem Zusammenleben in einer demokratischen Gesellschaft nicht vereinbar sind. Demokratie kann nicht vererbt werden, sondern muss von jeder Generation neu gelernt werden. Ich kann es nicht oft genug wiederholen, auch nicht, dass Demokratie nicht allein aus sich heraus funktioniert, selbst wenn man über die besten Institutionen und rechtlichen Regelungen verfügt. Das Schicksal einer demokratischen Gesellschaftsordnung, die mit Leben erfüllt ist, hängt davon ab, in welchem Maße die Menschen dafür Sorge tragen, dass das Gemeinwesen nicht beschädigt wird.

Ich würde es begrüßen, wenn Sie das im Hinterkopf behalten, wenn Sie sich demnächst wieder für die demokratischen Rechte anti-demokratischer Rechter stark machen.

Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Edathy, MdB