Sandra Quinten
SPD
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Frage von Eric J. •

Wie kann die Gesellschaft am besten gegen Selbsttötungen vorgehen und wie sollten depressive präventiv geschützt werden?

Sehr geehrte Frau Quinten,

wie sollten depressive Personen und besonders die Lebenspartner, sofern vorhanden, präventiv auf dieses Thema vorbereitet werden, um Warnzeichen und eine Art Frühwarnsystem zu entwickeln?

Ich halte es für möglich, dass gerade die Partner*innen eine besondere Aufgabe in der Prävention einnehmen können. Deshalb ist die Frage ob es eine besondere Ermittlungsabteilung bei Suiziden geben sollte?

Viele Grüße

Eric J.

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr J.,
herzlichen Dank für Ihre wichtige und sensible Frage zum Thema Suizidprävention.
Suizid ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland, und jede verhinderte Selbsttötung bedeutet ein gerettetes Leben sowie unermessliches Leid, das Betroffene und Angehörige nicht ertragen müssen. Daher ist es unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe, hier entschieden und vorausschauend zu handeln.
 1. Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Die wirksamste Suizidprävention beginnt lange bevor eine akute Krise entsteht. Dazu gehören:

Früherkennung psychischer Erkrankungen, insbesondere Depressionen.
Beseitigung von Stigmatisierung, damit Betroffene ohne Angst vor Ausgrenzung Hilfe suchen.
Ausbau psychotherapeutischer Angebote und schnellere Terminvergabe.

 2. Partnerinnen und Partner einbinden
Sie sprechen zu Recht die Rolle der Angehörigen und insbesondere der Lebenspartnerinnen und -partner an. Menschen im unmittelbaren Umfeld sind oft die Ersten, die Warnsignale wahrnehmen können, z. B. Rückzug, plötzliche Gereiztheit oder das Verschenken persönlicher Gegenstände.
Deshalb befürworte ich:

Informations- und Schulungsangebote für Angehörige, z. B. über Hausärzte, Volkshochschulen oder digitale Plattformen.
Leicht zugängliche Beratungsstellen, bei denen auch Angehörige anonym Rat suchen können.
Angehörige bzw. Lebenspartner*innen benötigen psychologische Unterstützung , um die psychische Erkrankung der betroffenen Person besser zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können.

3. Frühwarnsysteme und Sensibilisierung
Ein „Frühwarnsystem“ im gesellschaftlichen Sinn bedeutet:

Bessere Aufklärung über typische Anzeichen und Risikofaktoren.
Vernetzung zwischen medizinischen, psychologischen und sozialen Diensten.
Digitale Hilfsangebote, die niedrigschwellig und rund um die Uhr erreichbar sind.

 4. Ermittlungsarbeit bei Suiziden – meine Erfahrung aus dem Polizeidienst
Bevor ich Landtagsabgeordnete wurde, war ich als Kriminalbeamter tätig und hatte leider immer wieder mit Suiziden und den sich anschließenden Ermittlungen zu tun. Dabei habe ich erlebt, wie tiefgreifend die Auswirkungen auf Familien, Freundeskreise und ganze Gemeinschaften sind. Die Ermittlungsarbeit der Polizei dient in erster Linie der Klärung des Sachverhalts, insbesondere zur Klärung, ob ein Fremdverschulden und damit ein strafrechtlich relevantes Verhalten durch Dritte gegeben ist – sie ist jedoch nicht darauf ausgelegt, eine umfassende präventive Analyse wie bei einer Unfalluntersuchung zu leisten.
Ich persönlich halte es für sinnvoll, dass diese Aufgabe von interdisziplinären Fachstellen übernommen wird, die psychologische, medizinische und soziale Expertise vereinen. Denkbar wären:

Landes- oder bundesweite Suizidpräventionsstellen, die anonymisiert Fälle auswerten und Handlungsempfehlungen entwickeln.
Forschungsinstitute für psychische Gesundheit, die mit Daten aus Polizei, Gesundheitswesen und Sozialarbeit arbeiten.
Kooperationsnetzwerke zwischen Kliniken, Krisendiensten und Beratungsstellen, um Erkenntnisse aus einzelnen Fällen in Präventionsstrategien umzusetzen.

 Die Polizei könnte in einem solchen System eine unterstützende Rolle spielen, indem sie relevante Informationen an diese Stellen weitergibt – selbstverständlich unter Wahrung des Datenschutzes.
Vielen Dank, dass Sie dieses wichtige Thema ansprechen. Prävention funktioniert am besten, wenn Politik, Fachleute, Betroffene und Angehörige gemeinsam Verantwortung übernehmen.
Mit freundlichen Grüßen aus Saarbrücken
Sandra Quinten, MdL
 
 
 

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