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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
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Frage von Thomas P. •

Frage an Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von Thomas P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Leutheusser-Schnarrenberger,

das AGG bezieht sich auf einen Kanon von acht Diskriminierungsmotiven (Rasse, Alter etc.). Anders motivierte, ebenfalls unrechtmäßige Diskriminierungen werden von diesem Gesetz unverständlicherweise gar nicht erfasst.
-> Sollte stattdessen nicht jedwede sachlich ungerechtfertigte Diskriminierung untersagt werden, egal welches Motiv im Spiel ist? Kommt es bei einer diskriminierenden Entscheidungstatt nicht vielmehr auf das Ausmaß der Unsachlichkeit an statt auf das Diskrim. motiv ?
Und welche Vorbehalte haben Sie selber gegen das AGG? Sie hatten dem Allgem. Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in der vorlieg Fass. ja nicht zugestimmt.Treten Sie für eine Novellierung des AGG bei nächster Gelegenheit ein oder wie würden Sie die EU Richtlinie umsetzen?
Es ist eine Antidiskriminierungsstelle eingerichtet worden.
-> Kann und sollte man das nicht dazu nutzen, um den sozialen Arbeitsschutz insgesamt zu stärken? Kann man die Antidiskriminierungsstelle nicht mit einer erweiterten Zuständigkeit ausstatten, sodass zumindest in der Praxis alle Motive und alle unrechtmäßigen Diskriminierungstatbestände erfasst werden?
Beim sozialen Arbeitsschutz gibt es ein großes Defizit bzgl. amtlicher, außergerichtlicher Schlichtung. Die Gewerbeaufsichtsämter beschränken sich zu sehr auf den technischen Arbeitsschutz.. Kommt ein Arbeitnehmer, der von einem Arbeitsplatzkonflikt betroffen ist, innerbetrieblich nicht weiter, ist er derzeit auf den langwierigen und strapaziösen Gerichtsweg angewiesen. Mancher bleibt dabei auf der Strecke und ist ein Nervenwrack, selbst wenn er nach Jahren obsiegt hat (´Operation gelungen, Patient tot´)
-> Wäre es nicht sinnvoll und notwendig, die Gewerbeaufsichtsämter mit entsprechender Kompetenz für die soziale Organisationsaufsicht, für Konfliktschlichtung und für Diskriminierungsprävention auszustatten und eine Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle zu organisieren?

Mit freundlichen Grüßen
TP

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Peltason,

vielen Dank für Ihre Mail auf abgeordnetenwatch.de vom 4.1.2007.

Ich trete mit aller Entschiedenheit für den Abbau von Diskriminierung und Intoleranz ein. Der Auftrag zu einem umfassenden Persönlichkeitsschutz folgt unmittelbar aus Art. 1 Abs. 1 (Menschenwürde) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG (freie Entfaltung der Persönlichkeit).

Allerdings sehe ich nur eingeschränkt die Möglichkeit, diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Vorbeigehen per Gesetz zu verordnen. Nach Ansicht der FDP-Bundestagsfraktion hätte eine 1:1 Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinien ausgereicht, um einen ausreichenden Schutz vor Diskriminierung zu bieten. Immer mehr Vorschriften zu erlassen - wie es die Bundesregierung in diesem Fall unter Rückgriff auf einen rot-grünen Gesetzesentwurf getan hat - heißt nicht, dass die Praxis nachher auch besser funktioniert. Dies haben Sie in Ihrer Mail ja auch kritisch hinterfragt. Statt unzählige Diskriminierungsmotive aufzuzählen und unter Strafe zu stellen, sollte man sich am Aufbau einer starken Zivilgesellschaft beteiligen. Aus diesen Gründen habe ich dem AGG auch nicht zugestimmt.

Grundsätzlich hält die FDP die Errichtung der Antidiskriminierungsstelle mit einem enormen bürokratischen Apparat für falsch. Entsprechend Ihrem Vorschlag hätte man bereits bestehende Stellen - wie z.B. die Gewerbeaufsichtsämter - mit mehr finanziellen Mitteln ausstatten sollen, um außergerichtliche Schlichtungen zu erleichtern und nicht sofort den ganzen Staatsapparat einzuschalten. Inwieweit man aber allgemein Diskriminierungstendenzen entgegnen kann, hängt von der Stärke eines gesamtgesellschaftlichen Bewusstseins dafür ab.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger