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Rolf Schwanitz
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Frage von Georg M. •

Frage an Rolf Schwanitz von Georg M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schwanitz

Sie sprechen sich gegen die Rede des Papstes vor dem Bundestag aus.

Ich war letztes Jahr in England als der Papst zu Besuch war. England hat bis auf einige historische Relikte einen strengen Laizismus, so wie Sie sich ihn vorstellen. Vor dem Besuch war die Presse sehr kritisch gegen den Papstbesuch. Im englischen Parlament, dem ältesten Parlament der Welt, sitzen sehr stolze Abgeordnete. Alle sind direkt gewählt, es gibt dort keine Abgeordneten, die den eigenen Wahlkreis nicht gewinnen können, dann aber über die Landesliste ins Parlament gelangen. Diese Abgeordneten haben daher grosse demokratische Legitimität. Der weitaus grösste Teil der Abgeordneten ist nicht katholisch, sehr viele dürten überhaupt nicht religiös sein. Ein ganzer Teil dürfte dem Katholizismus sogar kritisch gegenüber stehen.

Als der Papst aber vor den Parlamentariern sprach, waren alle da. Sie hörten geduldig zu, klatschten höflich Beifall. Es gab keine Boykottaufrufe von Parlamentariern, es gab keine Parlamentarier, die aus Protest nicht hingegangen wären. Das hiess nicht, dass jeder Parlamentarier mit der Rede einverstanden war. Nein, aber man hörte wenigstens zu, man war eben tolerant.

Sie sind der Meinung, der Papst solle nicht vor dem Bundestag sprechen, werden zur Rede nicht hingehen und meinen, auch andere Abgeordnete sollten nicht hingehen. Warum halten Sie es für richtig, dass sich Bundestagsabgeordnete anders verhalten als die Mitglieder des englischen Parlamentes?

Weiter haben Sie im Juli einen Brief an alle SPD-Abgeordneten geschrieben, in dem Sie die Abgeordneten aufforderten, zu der Rede nicht hinzugehen. Zwei Tage später haben Sie dann aber empört bestritten, dass es sich um einen Boykottaufruf gehandelt habe. Offen gestanden, erinnert mich das ein bisschen an Bill Clinton, der behauptete, Oralverkehr sei kein Sex. Wenn Sie einen Brief an alle Abgeordnete schreiben, um zum Nichtbesuch aufzufordern, was unterscheidet das von einem Boykottaufruf?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Misdroy,

für mich ist die Tatsache, dass ein religiöses Oberhaupt im Plenarsaal des Deutschen Bundestages sprechen durfte, ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gebotene Neutralität des Staates. Die einzig glaubwürdige Konsequenz meiner Auffassung konnte daher nur das Fernbleiben von der Veranstaltung sein. Die verfassungsrechtliche Situation in Großbritannien ist dagegen eine andere, weshalb sich offenbar auch die Mitglieder des Parlaments anders verhalten. Abgesehen davon hat der Papst dort auch nicht in der dem Plenarsaal des Deutschen Bundestags vergleichbaren "Chamber of the House of Commons" sondern in der Westminster Hall gesprochen. Anwesend waren mehr als 2000 Gäste, unter denen sich unter anderem auch Parlamentarier befanden. Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass ich keinen Brief an alle SPD-Abgeordneten geschrieben habe, in welchem ich dazu aufgefordert habe, nicht zur Rede des Papstes zu gehen. Ich habe viel mehr meine Haltung und Meinung öffentlich gemacht.

Mit freundlichen Grüßen

Rolf Schwanitz