Rainer Knörr
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Frage von Manfred S. •

Frage an Rainer Knörr von Manfred S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Beim Ausbau oder Modernisierung einer Straße müssen die Anlieger 2/3 der Kosten tragen.
Finden Sie es richtig, daß der Anlieger zwar den größten Betrag zahlen muss, aber keine Möglichkeit hat, auf die Planung einzuwirken, d.h. er muss auch sinnlose und überflüssige Maßnahmen ( z.B. drei Meter breite Fußgängerwege in einer ruhigen Einfamilienhausgegend) bezahlen - ohne Mitsprache !!!
Wie stehen Sie dazu?

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Scholz,

vielen Dank für Ihre Anfrage!

Für den Ausbau einer Straße werden in Berlin künftig anteilig Beiträge von Anliegern bzw. Grundstückseigentümern erhoben.

Was sind Straßenausbaumaßnahmen?
1. Verbesserungsmaßnahmen: Die bestehende Straße wird durch eine neue Befestigungsart oder durch eine Veränderung aller Verkehrsflächen in ihrer Qualität verbessert.

2. Erweiterung: Die bestehende Straße wird um zusätzliche Flächen, die bisher nicht Teil der Straße waren, ausgedehnt.

3. Erneuerung: Die abgenutzte Straße wird nach der üblichen Nutzungsdauer durch eine gleichartige Straße ersetzt.

Reparatur- und Ausbesserungsmaßnahmen im Rahmen der laufenden Unterhaltung und Instandsetzung sind keine Ausbaumaßnahmen. Hierfür dürfen keine Beiträge erhoben werden. Der Ausbau einer Straße darf nicht mit der erstmaligen Erschließung, also dem Bau einer völlig neuen Straße, die es vorher nicht gab, verwechselt werden. Dies ist bereits im Erschließungsbeitragsgesetz geregelt. Hier haben wir gerade wichtige Verbesserungen für Grundstückseigentümer durchgesetzt.

In allen anderen Bundesländern, außer Baden-Württemberg, kann bereits ein Beitrag zum Straßenausbau erhoben werden. Da die Anwohner grundsätzlich im Vergleich zur Allgemeinheit einen erhöhten Gebrauchsvorteil vom Ausbau haben, ist die Erhebung von Beiträgen gerechtfertigt. Es muss letztlich sichergestellt werden, dass auch in Zukunft die Straßen Berlins ausgebaut werden und damit die Infrastruktur der Stadt erhalten bleibt.

Das Gesetz stellt ein Höchstmaß an Beteiligung und Mitwirkung der Anlieger
sicher. So muss das geplante Bauprogramm in einem breiten
Beteiligungsverfahren der Öffentlichkeit insgesamt und vor allem den
unmittelbar Betroffenen zugänglich gemacht werden.

• Die Anlieger bzw. die Grundstückseigentümer müssen rechtzeitig vor Beginn der Baumaßnahmen schriftlich informiert werden.
• Die Planungen müssen eingesehen werden können.
• Die Betroffenen können Stellung nehmen, Einwände äußern und Vorschläge einbringen, die in der Abwägung zwingend zu berücksichtigen sind.
• Berechnungen müssen darlegen, welche Kosten auf den einzelnen Anlieger voraussichtlich zukommen.
• Vor der abschließenden Entscheidung über die Ausbaumaßnahme muss die Zustimmung der Bezirksverordnetenversammlung bzw. des Abgeordnetenhauses herbeigeführt werden.

In keinem anderen Bundesland gibt es eine derart weitgehende Information und Beteiligung der Anlieger. Nichts kann über die Köpfe der Anwohner hinweg entschieden werden!

Die Erhebung von Beiträgen nach diesem Gesetz kann in Berlin erstmalig durchgeführt werden, wenn die Beitragspflichtigen angehört worden sind und das Ausschreibungsverfahren für Bauleistungen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes begonnen hat.

Somit ist gewährleistet, dass Anlieger nicht rückwirkend für bereits durchgeführte Baumaßnahmen herangezogen werden können.

Geplante Ausbaumaßnahmen müssen in ihrem Aufwand so gering wie möglich gehalten werden. Die Straßenbehörde hat nachzuweisen, dass die Ausbaumaßnahmen erforderlich sind. Unnötige „Luxusmodernisierungen“ werden damit verhindert. Darüber hinaus dürfen die Anwohner nur an Kosten für Straßen, Gehwege und Grünstreifen bis zu einer bestimmten Breite beteiligt werden. Überschreitungen dieser Breiten zahlt das Land Berlin. Das Gesetz sieht zudem vor, dass ein notwendiger „Mehraufwand“ für Straßenausbaumaßnahmen in besonderen Gebieten (z.B. Wasserschutzgebieten) nicht von den Anliegern, sondern vom Land Berlin getragen werden muss.

Die Erhebung von Beiträgen für Grundstücke, auf denen Kleingartennutzung (gem. Bundeskleingartengesetz) stattfindet, wird für die Dauer der Nutzung zinslos gestundet. Auf Kleingärtnerinnen und Kleingärtner kommen damit in keinem Fall Kosten zu.

Mit Grundstückseigentümern, die finanziell nicht in der Lage sind, den Beitrag zu zahlen, kann eine zinslose Stundung, eine Ratenzahlung, sogar teilweiser oder vollständiger Verzicht auf die Zahlungen vereinbart werden. Niemand wird wegen des Straßenausbaubeitragsgesetzes sein Grundstück aufgeben müssen.

Der Kostenanteil, den die Anlieger tragen müssen, richtet sich nach dem Grundsatz: Je geringer der Vorteil für die Anlieger, umso niedriger fällt auch der mögliche Beitrag aus. So profitieren zum Beispiel in einer größeren Durchgangs- bzw. Hauptverkehrsstraße sehr viele Passanten vom Ausbau des Gehweges, in kleinen Straßen hingegen überwiegend die unmittelbaren Anwohner. Für den Ausbau z.B. eines Gehweges in einer Hauptverkehrsstraße ist der finanzielle Anteil, den das Land trägt, entsprechend größer, der der Anlieger niedriger.

Für die Verteilung der Kosten zwischen der öffentlichen Hand und den Anliegern ist deshalb maßgeblich, ob es sich um eine Anlieger-, Haupterschließungs- oder Hauptverkehrsstraße handelt.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Knörr