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Frage von Thomas F. •

Frage an Rainer Brüderle von Thomas F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Brüderle,

Sie erwarten sinkende Strompreise, wenn die deutschen Atomkraftwerke weiter laufen. Woraus speist sich diese Erwartung? Nach der merit- order- Preisbildung bestimmen die variablen Grenzkosten des teuersten erforderlichen Kraftwerks den Strompreis. Entscheidend sind also gerade nicht die Stromerzeugungskosten in abgeschriebenen AKW. Daran ändert sich m.E. nichts.

Anders herum gefragt:

Welchen Einfluss hat es Ihrer Meinung nach bisher auf die Strompreise in Deutschland, dass vier deutsche Atomkraftwerke wegen Sicherheitsmängeln seit über einem Jahr heruntergefahren sind (Biblis, Brunsbüttel, Krümmel) und deshalb nicht zur Stromerzeugung beitragen können?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Fricke,

vielen Dank für Ihre Frage, worauf sich die Erwartung niedrigerer Strompreise bei längerer Laufzeit der Kernkraftwerke gründet, die ich Ihnen gern beantworte.

Das Gutachten „Ökonomische Auswirkungen alternativer Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland“, das vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität Köln (EWI) und der Energy Environment Forecast Analysis GmbH, Berlin (EEFA) erstellt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, daß bei einer Laufzeit der Kernkraftwerke von 40 bzw. 60 Jahren im Vergleich zum Ausstieg aus der Kernenergie ein um 11 bzw. 24 Prozent geringerer Strompreis zu erwarten ist.

Auf wettbewerblichen Märkten mit Überkapazitäten bilden sich Marktpreise auf Basis der kurzfristigen Grenzkosten der Erzeuger. Werden die Kapazitäten – beispielsweise durch das Abschalten von Kraftwerken – knapper, erfolgt die Preisbildung auf der Basis langfristiger Grenzkosten. Auch die Kapitalkosten neuer Kraftwerke können mit diesen Preisen gedeckt werden. Nur so entsteht in Anreiz, neue Kraftwerke zu errichten. Die von Ihnen angesprochenen Grenzkosten des teuersten erforderlichen Kraftwerks entsprechen diesen langfristigen Grenzkosten.

Aufgrund des Ersatzbedarfs für stillgelegte Kernkraftwerke und des Ausbaus fluktuierender Stromerzeugung aus Windenergie wird außerdem erwartet, daß zunehmend Gaskraftwerke als Grenzkraftwerke im Bereich Mittellast und zur Bereitstellung von Regelenergie und Leistungsreserven zugebaut und eingesetzt werden. Damit wird die Abhängigkeit der deutschen Stromerzeugung von Erdgasimporten und von Preisschwankungen auf den Weltenergiemärkten erhöht. Demgegenüber würde bei einem Weiterbetrieb der Kernkraftwerke der Zubau von Gaskraftwerken aufgeschoben und die beschriebenen negativen Folgen vermieden.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle