Portrait von Rainer Brüderle
Rainer Brüderle
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Rainer Brüderle zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Joachim B. •

Frage an Rainer Brüderle von Joachim B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Brüderle,
Leider vermisse ich in den unterschiedlichen Wahlprogrammen der Parteien außer Populismus und unrealistische bzw. leere Wahlversprechen die Punkte, die die Wähler wirklich interessieren bzw. Themen, bei denen der Wähler absolut kein Verständnis mehr hat, weil sie moralisch nicht mehr zu vertreten sind und zu denen endlich einmal Klartext geredet werden muss.
Leider ist dies auch bei der FDP nicht zu erkennen. Dadurch entsteht Frust und Wahlmüdigkeit – der Respekt gegenüber Politikern sinkt weiter.
Jede Partei redet über Steuererhöhungen bzw. die CDU über eine Verlängerung des Soli. Keine Partei aber geht öffentlich gegen die maßlose Verschwendung von Steuergeldern vor. Bei dem Thema Steuerhinterziehung wird doch auch dagegen –mit Recht- mit allen Mitteln vorgegangen.
Warum bekennt sich die FDP nicht öffentlich dazu, in der nächsten Legislaturperiode, Maßnahmen einzuführen, die eine Verschwendung weitgehend verhindert? Wäre das gegenüber den Steuerzahlern nicht moralisch zwingend notwendig?
Viele Deutsche haben kein Vertrauen mehr in die Politik hinsichtlich der Eurorettung. Der deutsche Staat wird geplündert und die notleidenden Staaten verschieben ihre Reformen weiterhin in die Zukunft. Jeder halbwegs ökonomisch denkende Mensch weiß, dass der Weg der Bundesregierung als auch der EZB falsch ist und beide sich durch Ihr sträfliches Handeln erpressbar gemacht haben. Reformen werden aufgeschoben und Deutschland die verbürgten Mrd.-Summen nie wieder sehen. Warum setzt sich die FDP mit diesem Thema nicht kritisch und öffentlich auseinander?

Bei meinen beiden Themen geht es darum, Schaden von deutschen Volk abzuhalten und ich kann nicht erkennen, dass die politischen Parteien dieser Aufgabe gerecht werden.

Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.

Mit freundlichen Grüßen
J. Bisch

Portrait von Rainer Brüderle
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Bisch,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Finanzen.

Sie schreiben, jede Partei redet über Steuererhöhungen. Dazu kann ich nur sagen, dass sich die FDP hier von allen anderen Parteien unterscheidet. Die SPD will die Bürger mit 38 Milliarden Euro zusätzlich belasten, die Grünen wollen den Menschen sogar 42 Milliarden Euro mehr aufbürden. Wer also keine neuen Steuern und keine neuen Schulden will, muss FDP wählen.

Außerdem haben wir in der christlich-liberalen Koalition erfolgreich für Entlastung gesorgt. Am Ende dieser Legislaturperiode steht eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger von 22 Milliarden Euro, durch Steuer- und Beitragssenkungen und die Abschaffung der Praxisgebühr.

Was die Eurokrise angeht, so steht Europa heute besser da als noch vor zwei Jahren. In Irland geht es aufwärts. In Spanien und Portugal, selbst in Griechenland gibt es Fortschritte. Denn wir haben die Instrumente geschaffen, um auf die Krise reagieren zu können. Wie den Europäischen Stabilitätsmechanismus, mit dem Staaten bei Gefahr für die Eurozone stabilisiert werden können. Im Gegenzug müssen sie strenge Sanierungsauflagen zur Wiederherstellung ihrer Wettbewerbsfähigkeit erfüllen. Der Fiskalvertrag beinhaltet dauerhaft verlässliche Defizitregeln, deren Verletzung automatisch zu Sanktionen führt. Dies sind die beiden zentralen Säulen der von dieser Koalition errichteten Stabilitätsunion.

Demgegenüber will Rot-Grün die Vergemeinschaftung aller Schulden über Eurobonds mit der Folge, dass sich keiner mehr an Regeln halten muss und Deutschland für alle Schulden haftet. Das wäre das Dümmste, was man machen könnte. Denn die Kernprobleme Griechenlands sind realwirtschaftlicher Natur. So etwas wie die Hartz-Reformen in Deutschland hat es dort nie gegeben. Deshalb müssen wir an unseren Forderungen nach strukturellen Veränderungen auch festhalten. Wir fühlen uns den deutschen Steuerzahlern verpflichtet.

Andere wollen zur Bekämpfung der Schuldenkrise alle Geldschleusen öffnen und die Schulden weg inflationieren. Neben der amerikanischen Notenbank haben die Europäische Zentralbank (EZB), die japanische und die britische Zentralbank ihre Geldmengen extrem ausgeweitet. Eine derart große Menge an Geld erhöht die Inflationsgefahr. Eine dauerhafte Staatsfinanzierung durch die Notenpresse ist aber grundfalsch. Das wäre der Weg in die Inflationsunion. Wir wollen hingegen den Weg der Sozialen Marktwirtschaft weitergehen: Für stabiles Geld und für sichere Ersparnisse.

Geldwertstabilität ist deutsche Staatsraison. Die Stabilitätskultur ist unsere Mitgift für Europa. Unsere bittere historische Erfahrung ist: Kommt das Geldwesen in Unordnung, besteht die Gefahr, dass die ganze Gesellschaft in Unordnung gerät – mit unabsehbaren politischen Folgen.

Daher verteidigen wir die Unabhängigkeit der EZB. Die EZB muss der Geldwertstabilität verpflichtet bleiben. Eine Staatsfinanzierung durch die EZB und damit die Sanierung der Staatshaushalte durch Inflation lehnen wir mit aller Entschiedenheit ab. Die FDP setzt auf Solidität bei der Haushaltsführung und kämpft für ein wettbewerbsfähiges Europa, das von Freiheit und Eigenverantwortung geprägt ist.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Brüderle