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Petra Sitte
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Frage von Herbert S. •

Frage an Petra Sitte von Herbert S. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Dr. Sitte,

die parlamentarische Versammlung des Europarates hat mit einstimmigem Beschluß vom 02.10.2015 (Resolution 2079 (2015) ("Equality and shared parental responsibility: the role of fathers"), die EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, die Gleichstellung aller Eltern ab dem Zeitpunkt der Geburt des Kindes voranzutreiben, aus bestehenden Gesetzen alle Regelungen zu entfernen, die Eltern aufgrund ihres Standes ungleich behandeln, Doppelresidenz in ihre Gesetze aufzunehmen, in Gerichtsverfahren auf Eltern dahingehend einzuwirken, daß ein Wechselmodell das beste Interesse des Kindes sei, ebenso in Gerichtsverfahren Mediationen nicht nur zu empfehlen, sondern auch tatsächlich zu veranlassen, mehr Mediatoren auszubil-den und einzusetzen (dazu wird auch explizit auf das "Cochemer Modell" verwiesen), sowie weitere Maßnahmen zur Gleichstellung aller Väter zu treffen, wodurch ja letztlich auch eine Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern erreicht wird. Wie bitte stehen Sie dazu? Was werden Sie tun, um die aktuelle Rechtslage in Deutschland entsprechend zu verbessern? Was werden Sie tun, um die aktuelle Situation in Halle, speziell dem Umgang beim Jugendamt Halle mit Müttern, Vätern und vor allem Kindern, zu verbessern?

Mit freundlichen Grüßen

Steinhaus
Rechtsanwalt

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Steinhaus,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich wie folgt beantworte:

Meine Fraktion DIE LINKE beschäftigt sich dauerhaft mit den Themen Sorgerecht.
Das von Ihnen erwähnte Wechselmodell wurde bei uns intensiv diskutiert und wir sind zu der Entscheidung gelangt, dass grundsätzlich das Interesse des Kindes im Vordergrund stehen muss. Daher kann das Wechselmodell nur funktionieren, wenn es dem Kindeswohl nicht schadet. Dafür ist u. a. notwendig, dass es zwischen den Eltern keinerlei Konflikte gibt, die das Kind belasten könnten. Auch muss das Kind im entsprechenden Alter sein. Vor allem Kleinkinder benötigen Rituale in ihrem Alltag - ein wöchentlicher Wechsel sorgt jedoch für Stress. Des Weiteren muss dafür gesorgt werden, dass die Eltern dem Kind ermöglichen, sich im gleichen sozialen Raum täglich zu bewegen. Der Erziehungsstil der Eltern muss abgestimmt sein, so dass es für die Kinder keine „besseren“ und „schlechteren“ Eltern gibt. Wichtig ist es auch zu ermitteln, wer die Hauptperson für das Kind ist. War bisher nur ein Elternteil für die Erziehung des Kindes zuständig, so muss man dieses auch bedacht und entsprechend reagiert werden. Das Verhältnis zur Hauptbezugsperson sollte auf keinen Fall erschüttert werden, da dies für die Entwicklung enorm wichtig ist. Eltern dürfen ihre Konflikte nicht über die Kinder austragen, da dies bei den Kindern Loyalitätskonflikte verursacht und dem Kindeswohl schadet.
Um eben diese Konfliktfreiheit zu gewähren, bedarf es bei manchen Eltern eine begleitete Mediation, um Konflikte zwischen den Eltern zu lösen und das Kind nicht damit zu belassen. Hierfür braucht es aber ausreichend Fachkräfte, die u. a. bei den Jugendämtern angestellt sind. Diese müssen jedoch wieder besser ausgestattet werden, um auch genügend Kapazitäten für eine solch begleitende Mediation zu haben.
Durch die letzte Sorgerechtsreform wurden bereits einige Schritte getan, um die Gleichstellung von Müttern und Vätern zu gewährleisten. Leider hat die damalige Bundesregierung unseren Antrag zu diesem Thema abgelehnt.

Mit freundlichen Grüßen
Petra Sitte

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