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Peter Ramsauer
CSU
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Frage von Arne K. •

Frage an Peter Ramsauer von Arne K. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Ramsauer,

aktuelle Ereignisse werfen erneut Fragen unzureichend behandelter Sicherheitsproblematiken im Bereich des Straßenverkehrs auf.
Mehrere Unfälle haben seit dem 1.11.2011 zu erheblichen Primär- und Sekundärschäden geführt. Beteiligt waren LKW (auch Gefahrgut), Kleintransporter & PKW. Je nach Berichterstattung gab es mindestens 1 Toten und mehrere Verletzte. Nach den Medienberichten zu urteilen, verursachten geplatzte Reifen und der daraus folgende, potentiell unangemessenen Umgang mit der Situation die Ursprungsunfälle. Weiter hatten Kleintransporter sowie mutmaßlich deren Geschwindigkeit und das Handling der Fahrzeuge bei den Folgeunfällen (zu geringer Abstand) eine verursachende Rolle. Ergänzend berichten Polizei über gemessene Blutalkoholwerte von Fahrern sowie Zeugen von mangelnder Ersthelfermentalität Dritter.
Um die Verkehrssicherheit nicht symptomatisch, sondern ursächlich positiv zu beeinflussen; stellt sich die Frage, inwieweit das Verkehrsministerium sich für die notwendige Anpassung und Umsetzung folgender Begebenheiten und Expertenmeinungen zur kausalen Ursachenbeseitigung veranlaßt sieht.
1. Einführung eines Standard-Fahrsicherheitstrainings für ALLE Verkehrsteilnehmer (der Fahrzeugklasse entsprechend) sowie ein 2-3-jähriger Wiederholungsintervall der Maßnahme.
2. Implementierung eines zu 1) äquivalenten Fahrsicherheitstrainings in die Führerscheinausbildung.
3. Die -ggf. bauartbezogene- Einführung einer verbindlichen Höchstgeschwindigkeit auf den BAB für "Kleintransporter".
4. Absenkung der zulässigen BAK auf 0,0 Promille (ggf. auf 0,1 als Ausnahmefall, um mögliche Medikationen zu berücksichtigen)für ALLE Verkehrsteilnehmer.
5. Verbindliche Einführung eines 2-jährigen Wiederholungsintervalls von Erste-Hilfe-Lehrgängen für Fahrzeugführer
Ich möchte Sie bitten, zu den Fragen die Absichten / Einführungszeitfenster, bzw. bei deren Ablehnung die Begründung mit Quellenangabe mitzuteilen.

Mit freundlichen Grüßen,
Arne Koss

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Koss,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 26. November 2011.

Ihre Sorge gilt der Verkehrssicherheit. Diese Sorge teile ich mit Ihnen, denn auch für mich ist jeder Verkehrsunfall und jeder Verkehrstote einer zu viel. Deshalb werde ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern alles Mögliche dafür tun, um unsere Straßen und Fahrzeuge noch sicherer zu machen.

Ihre Fragen beantworte ich Ihnen wie folgt:

Zu 1. und 2.
Schon heute besteht für alle interessierten Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit an einem freiwilligen Verkehrssicherheitstraining teilzunehmen. Es besteht allerdings zum Einen aufgrund der fehlenden Flächendeckung innerhalb Deutschlands nicht für alle Verkehrsteilnehmer die Möglichkeit entsprechende Verkehrsübungsplätze zu erreichen. Insbesondere für Menschen im ländlichen Raum ist das Angebot noch nicht zufriedenstellend. Zum Anderen fehlt bislang der wissenschaftliche Nachweis der Wirksamkeit entsprechender Fahrsicherheitstrainings. Im ungünstigsten Falle kann ein entsprechendes Training einen unerfahrenen Fahrer auch dazu verleiten, die im Fahrsicherheitstraining unter "Schonbedingungen" durchgeführten riskanten Fahrmanöver auch im Realverkehr in der irrigen Annahme anzuwenden, er beherrsche nun alle Gefahrensituationen. Insoweit wird derzeit von der verpflichtenden Einführung von Fahrsicherheitsstrainings abgesehen. Im übrigen wird schon heute im Fahrschulunterricht unter der dem Stichwort "lebenslanges Lernen" auf Sicherheitsstrainings verwiesen.

Zu 3.
Kleintransporter mit einem zulässigen Gesamtgewicht (zGG) über 3,5 t, die zur Beförderung von Gütern bestimmt und geeignet sind, unterliegen bereits den Verkehrsvorschriften für Lkw, auch wenn sie als Pkw zugelassen sind (auf Autobahnen und Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften 80 km/h, 3 Abs. 3 Nr. 2a i.V.m. 18 Abs. 5 Nr. 1 StVO). Für Kleintransporter zwischen 2,8 und 3,5 t zGG gelten dagegen dieselben Höchstgeschwindigkeiten wie für Personenkraftwagen, d.h. sie dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften 100 km/h fahren; auf Autobahnen gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h.

Die Bundesanstalt für Straßenwesen hat im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die Unfallbeteiligung von Kleintransportern in den Jahren zwischen 1996 und 2008 untersucht. Kleintransporter zwischen 2,8 und 3,5 t zGG waren nach diesen Untersuchungen unfallauffällig, wenngleich das hohe Niveau aus dem Jahre 2001 zwischenzeitlich gesenkt werden konnte. Nach Auskunft der BASt liegt im Jahre 2008 die Unfallbeteiligungsrate (Unfallbeteiligte je 1000 Fahrzeuge) von Kleintransporter im Vergleich zum Pkw zwar höher (Kleintransporter: 11,8 , Pkw: 9,4). Allerdings weisen Kleintransporter deutlich höhere Fahrleistungen auf. Das Bundesministerium prüft, wie die Unfallbeteiligung von Kleintransportern noch weiter reduziert werden kann.

Zu 4.
Der Gesetzgeber hat in Deutschland in den letzten Jahren das Instrumentarium zur Bekämpfung von Alkohol und Drogen im Straßenverkehr erheblich verbessert. Die derzeitigen Regelungen haben sich bewährt:

Im Jahre 1998 wurde die 0,5 Promille-Regelung eingeführt zunächst unter Beibehaltung der 0,8 Promille-Regelung und mit einer demgegenüber abgestuften Sanktion. Mit demselben Gesetz wurde die Atemalkoholkontrolle eingeführt und damit die Kontrollsituation im Straßenverkehr verbessert. Im Jahre 2001 wurden dann die 0,8 Promille-Regelung abgeschafft und die Sanktion für Verstöße gegen die 0,5 Promille-Regelung deutlich angehoben. Damit ist Deutschland einer Empfehlung der EU-Kommission von 2001 gefolgt. Mit dem Alkoholverbot für Fahranfänger und Fahranfängerinnen vom 1. August 2007 wurde ein wirksamer Beitrag zur Senkung des bestehenden Unfallrisikos junger Fahranfänger geleistet, die im Verhältnis zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung überdurchschnittlich oft an Verkehrsunfällen mit Alkohol beteiligt sind. Als Folge dieser Maßnahme ist bei den jungen Fahranfängern (bis 21 Jahre) die Anzahl der Unfallbeteiligung unter Alkohol um 17% zurückgegangen.

Aktuelle Untersuchungen belegen zudem, dass sich die Mehrzahl der schweren Unfälle bei hohen Promillezahlen ereignen (ab 1,1 Promille aufwärts). Bei diesem Personenkreis, der sich bereits heute über die bestehenden Grenzwerte hinwegsetzt, ist von einer Abhängigkeitsproblematik auszugehen, die sich nicht durch die Einführung einer Null-Promille-Regelung lösen lässt.

Darüber hinaus besteht kein Anlass, diese oder eine vergleichbare Regelung auf die übrigen Verkehrsteilnehmer zu bertragen. Zusammen mit der Reduzierung der Promille-Grenze von 0,8 Promille auf 0,5 Promille im Jahr 2001 haben diese Maßnahmen zu einem kontinuierlichen Rückgang der Unfälle unter Alkoholeinfluss geführt.

Daher besteht kein aktueller Anlass, die Promille-Grenze weiter zu reduzieren. Dies muss umso mehr gelten, als der Grenzwert von 0,5 Promille in der Bevölkerung inzwischen allgemein akzeptiert und sowohl von der überwiegenden Anzahl der Verbände als auch von der Europäischen Union als angemessen angesehen wird.

Zu 5.
Nach 19 der Fahrerlaubnis-Verordnung müssen Bewerber um eine Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, B, M, S, L oder T an einer Unterweisung in lebensrettenden Sofortmaßnahmen teilnehmen. Eine Befristung der Gültigkeit dieser Unterweisungen besteht nicht.

Die Bundesregierung misst der Erste-Hilfe-Ausbildung und den Unterweisungen in lebensrettenden Sofortmaßnahmen eine große Bedeutung zu. Ein möglichst hoher und dauerhafter Kenntnisstand ist aus gesundheitlicher Sicht, aus Sicht des Zivil- und Katastrophenschutzes und der Hilfe bei Verkehrsunfällen notwendig, um auch ein gesellschaftliches Klima des Helfens statt des Wegsehens zu schaffen. Die Bundesregierung setzt hierbei allerdings auf die Freiwilligkeit und Einsicht der Führerscheininhaber statt auf eine Reglementierung.

Sehr geehrter Herr Koss,
ich hoffe, ich konnte Ihnen deutlich machen, dass die Verkehrssicherheitsarbeit für mich ein zentrales und unverzichtbares Anliegens ist. Abschließend möchte ich Sie noch auf unser Verkehrssicherheitsprogramm 2011 hinweisen. Sie finden dies auf unserer Internetseite unter www.bmvbs.de, Rubrik: Verkehr und
Mobilitt/Verkehrspolitik/Verkehrssicherheit/Verkehrssicherheitsprogramm
2011.

Fr Ihr Interesse am Thema und Ihr Engagement zum Thema Verkehrssicherheit danke ich Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Dr. Peter Ramsauer

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