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Frage von Michael H. •

Frage an Peter Gauweiler von Michael H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Gauweiler,

habe Ihre Position zur direkten Demokratie und zur Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk mit Interesse gelesen.
Wenn man die Münchner selbst entscheiden lässt ob sie die Tunnelbauten am Mittleren Ring wollen oder nicht, wenn sie selber entscheiden dürfen, ob Hochhäuser über 100 Meter gebaut werden sollen oder nicht, wäre es dann nicht konsequent die Münchner sowie die beteiligten Landkreise München und Freising darüber entscheiden zu lassen, ob sie bei der Verkehrsanbindung des Flughafens einen Transrapid wollen oder einen normalen Zug auf Schienen oder aber den jetzigen Zustand?
Warum darf nicht das Wahlvolk entscheiden?
Sind die parlamentarischen "Weichensteller" (Huber) immer schlauer und weitsichtiger als der Wähler?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Hanfbauer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hanfbauer,

Im Gegenteil. Ich glaube, dass es in einer ganzen Reihe von Fällen der Volks-Souverän mindestens so weitsichtig entscheiden würde wie die Parteiapparate.

Im Allgemeinen hat jede Landesverfassung verschiedene Elemente plebiszitärer Demokratie. Sie unterscheiden sich jedoch in den Punkten der Terminologie, den Verfahrensabläufen und den Rechtsschutzmöglichkeiten. In diesem Feld gibt es eine große Palette von Themen, die nicht zum Volksentscheid gestellt werden dürfen und somit nicht Gegenstand eines Volksbegehrens bzw. Volksentscheids sein können. Dazu gehören grundsätzlich der Landeshaushalt und Abgaben, in einigen Bundesländern auch jedes finanzwirksame Gesetz (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Bremen) sowie in Berlin und im Saarland Vorlagen zu Verfassungsänderungen. Diese Ausschlusskriterien stellen noch kein Hinderungsgrund für einen Volksentscheid über den Bau des Transrapid.
In allen Verfahrensgestaltungen gilt, dass dem Volksbegehren eine (erste) Unterschriftensammlung vorausgeht: Der "(Zulassungs-)Antrag" auf Volksbegehren bzw. die "Volksinitiative". Den Initiatoren des Volksbegehrens können auf jeder Verfahrensstufe Rechtsbehelfe für sich in Anspruch nehmen. In Bayern gilt die Hürde als übersprungen, wenn 25.000 Stimmberechtigte unterschrieben haben (Art. 63 Landeswahlgesetz LWG). Diese Unterschriftensammlung muss zusammen mit einem ausgearbeiteten Gesetzesentwurf, der die Gründe für das Anliegen erläutert, dem Innenministerium übergeben werden, Die bayerische Verfassung kennt für Volksentscheide über einfache Gesetze kein Mindestbeteiligungs- oder Zustimmungsquorum; es entscheidet die einfache Mehrheit (Art. 2 Abs. 2 S. 2 BayVerf).
Ist das Volksbegehren zugelassen, erfolgt die Auslegung von Eintragungslisten bei den Gemeinden (Art. 68 LWG). Zustande gekommen ist das Volksbegehren, wenn es von
mindestens einem Zehntel der wahlberechtigten Staatsbürger gestellt wird
(Art. 71 Abs. 2 LWG), wobei die Eintragungsfrist vierzehn Tage beträgt (Art.
65 Abs. 3 LWG).
Sind diese Voraussetzungen vom Landeswahlausschuss positiv festgestellt, unterbreitet dieser sodann dem Landtag das Volksbegehren. Rechtsgültige Volksbegehren sind von der Volksvertretung binnen drei Monaten nach Unterbreitung zu behandeln und binnen weiterer drei Monate dem Volk zur Entscheidung vorzulegen (Art 74 Abs. 5 BayVerf).
In der bayerischen Verfassung findet sich keine ausdrückliche Bestimmung, dass der Volksentscheid entfällt, wenn der Landtag dem Volksbegehren entspricht. Dennoch entfällt nach Art 73 Abs. 3 LWG der Volksentscheid, wenn der Landtag dem Begehren zustimmt. Entspricht der Landtag dem Volksbegehren nicht, kommt es zum Volksentscheid, wobei der Landtag die Möglichkeit hat, dem Volk einen eigenen Gesetzentwurf zur Entscheidung mit vorzulegen (Art. 74 Abs. 4 BayVerf).
Dieses Vorgehen wäre demnach auch in der Frage des Transrapid möglich gewesen. Es ist allerdings zu beachten, dass die finanziellen Mittel, sowohl des Freistaates Bayern als auch des Bundes zweckgebunden an das Projekt des Transrapids für den Etat des Jahres 2008 festgeschrieben waren. Demnach wären die beiden Geldgeber nicht verpflichtet, dieses Kapital im Jahr 2009 oder später bereitzustellen. Dies kann dazu führen, dass ähnlich wie bei dem Projekt der Untertunnelung des Mittleren Rings, die Bauphase extrem gestreckt werden müsste, um die Zusatzkosten im laufenden Budget abzudecken.

Grundsätzlich ist es Ihnen als Bürger freigestellt einen Volksentscheid des von Ihnen beschriebenen Projekts auf die Beine zu stellen. Sollte dieser, aus Ihrer Sicht, zum Erfolg führen und die Stadt München und gegebenenfalls die Landkreise München und Freising wären aufgefordert den Transrapid doch zu bauen, müsste dann aber gegebenenfalls die Finanzierung neu geklärt und verhandelt werden. Letztendlich lagen die Gründe, weshalb man von den Transrapid-Plänen abgerückt ist vor allem daran, dass die Kosten wesentlich höher lagen, als zunächst angenommen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Gauweiler