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Patrick Cem Öztürk
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Frage von Selim S. •

Frage an Patrick Cem Öztürk von Selim S. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Öztürk,

verhältnismäßig dominieren SchülerInnen an Förderzentren und Hauptschulen, die einen Migrationshintergrund haben. An Gymnasien sind Migrantenkinder verhältnismäßig zur Gesellschaftlichen Struktur eher unterbesetzt. Die Probleme hierfür sind bekannt: Sprache, soziale Herkunft und die gängige Integrationsproblematik.

Haben Sie Ansätze um diesen Problemen entgegenzuwirken?

Mit freundlichen Grüßen

S.S.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.S.,

1) die soziale Problemlage sowie die Verhältnisse im Bildungsbereich sind mir wohl bekannt. Auf wissenschaftlicher Ebene wird schon lange über eine Lösung nachgedacht. In der Politik hat es lange gedauert bis man Lösungsansätze "durchbekommen" hat. Die Roten und Grünen haben m.E. nach jedoch den ersten und wichtigsten Schritt zur Besserung der von Ihnen geschilderten Problematik unternommen - nämlich die Einführung von Ganztagsschulen. Denn seit PISA ist klar: Kinder aus sozial schwachen Familien (worunter verhältnismäßig auch viele Familien mit Migrationshintergrund fallen) haben ein mehrfach erhöhtes Risiko keine positive Bildungskarriere zu durchlaufen. Dies hängt damit zusammen, dass Erziehung, Bildung und Sozialisation des Kindes größtenteils innerhalb der Familie geschehen und erst an zweiter oder dritter Stelle in der Schule (neben dem Einfluss des Freundeskreises und der Medien). D.h., dass wenn Eltern einen niedrigen Bildungsstand haben (oder die Sprache nicht richtig sprechen können, oder finanziell nicht gut ausgestattet sind um sich "Bildungsmittel" zu organisieren (Internet, Computer, Bücher, etc.) oder sonst ein Defizit haben, welches verhindern könnte, dass das Kind die bestmögliche Erziehung erhält) die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, dass auch das Kind bei einem niedrigen Bildungsstand verbleibt (dies ist allerdings nicht genetisch bedingt, so wie es Herr Sarrazin meint sondern durch die soziale Herkunft!!!). Durch die Einführung der Ganztagsbetreuung kann die Schule dementsprechend mehr Einfluss auf Erziehung, Bildung und Sozialisation des Kindes nehmen und diesem Problem entgegenwirken.

2) Allerdings erschwert es die pädagogische Arbeit mit Jugendlichen, wenn Kinder erst im Jugendalter eine derartige Betreuung erhalten. Deshalb ist besonders auch die frühkindliche Bildung sowie die Bildung im Kindesalter enorm wichtig, um "die Weichen für das Kind in die richtige Richtung zu stellen". D.h., dass für eine nachhaltige Bildungspolitik es in Zukunft immer wichtiger werden wird noch mehr Investitionen in den Bereich der (früh-) kindlichen Bildung zu tätigen. Ich bin der Ansicht, dass beide Bereiche optimiert und unterstützt werden müssen. Damit meine ich eine finanzielle/personelle Unterstützung und eine schrittweise Ausweitung zur Ganztagstätigkeit nicht nur im Primarbereich. Ich halte ebenso eine Änderung/Verbesserung der Ausbildung von ErzieherInnen sowie eine Erhöhung der Kita-Plätze für äußerst notwendig. Denn die (leiblichen) Erfahrungen, die ein Kind in der frühesten Zeit macht, prägen das Kind für den Rest des Lebens. Auch die grundlegenden Züge der Persönlichkeit werden im frühen Entwicklungsstadium ausgebildet. Daher ist die Arbeit mit den Kleinsten grundlegend für deren weiteren Werdegang und daher äußerst von Bedeutung; um den Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen, sollen ALLE Kinder die BESTE Unterstützung in den Krippen/Kindergärten erhalten. Deshalb setze ich mich dafür ein, die Ausbildung von ErzieherInnen näher an erziehungswissenschaftlichen, psychologischen und sozialwissenschaftlichen Erkenntnissen auszurichten und an die Anforderungen einer interkulturellen Gesellschaft anzupassen. Dabei sollen auch gezielt männliche und Interessierte mit Migrationshintergrund angeworben werden um den gesellschaftlichen Gegebenheiten in der Krippe/im Kindergarten besser entsprechen zu können. Kurz- bis mittelfristig sollte auch das Angebot eines Mittagstisches an der Grundschule ein sinnvolles Angebot zur Ergänzung der Horte sein. Denn eine gesunde Ernährung (wie auch eine Hausaufgabenhilfe) gehören zu einer ganzheitlichen Förderung der Kinder um dem von Ihnen genannten Problem entgegenzuwirken.

3) Bislang steht die SPD zu ihrem Wort und hält an den Sprachstandserhebungen im Kindesalter fest - dies halte auch ich für sehr wichtig. Denn Sprache ist ein wichtiger Faktor, der Bildungserfolg ausmacht. Wenn bereits früh in jungen Jahren festgestellt werden kann, dass ein Kind Defizite mit der deutschen Sprache hat, können Fördermaßnahmen effektiv durchgeführt werden. Werden diese Fördermaßnahmen nicht getroffen, besteht während der gesamten Schullaufbahn des Kindes ein reduzierter Zugang zu schulischen Inhalten.

4) Die Frage der Diskriminierung ist ein sehr weitreichendes Problem, welches ich bereits in einer anderen Antwort beschrieben habe (bitte lesen Sie sich hierzu die entsprechende Antwort durch). In Bezug auf das Bildungssystem: nun werden alle Kinder (ob H, R oder Gy) zusammen an den Oberschulen unterrichtet - diese Gegebenheit bildet nun einen ganz neuen Ausgangspunkt. Die Aufgabe der Politik wird es in Zukunft sein vor allem die Kinder mit Migrationshintergrund "im Blick zu behaltet". Denn diese könnten nun leicht auch in dieser neuen Schulform "wieder vernachlässigt" werden (z.B. durch die bereits vorangetriebene und von mir kritisierte Reduzierung der künstlerisch/musischen Fächer, in denen für diese Kinder eigentlich ein hohes Bildungspotenzial verortet werden sollte). Es sollte dementsprechend ernsthaft kontrolliert und darüber nachgedacht werden, welche Änderungen tatsächlich gut für Kinder mit Migrationshintergrund sind und welche nicht.

Herzlichst
Patrick Öztürk