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Ottmar Schreiner
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Frage von Harald S. •

Frage an Ottmar Schreiner von Harald S. bezüglich Senioren

Sehr geehrter Herr Schreiner,

ihre Kollegen im Bundestag haben sich gerade eine Diätenerhöhung von 3,2% genehmigt. In Euro
328.- Euro.
Die Renten werden om 0,994% in Durchschnitt 9,81 Euro Brutto erhöht.

Finden Sie das Gerecht?
Wo bleibt die Soziale Gerechtigkeit, wie haben Sie bei der Diätenerhöhung abgestimmt?

Mit freundlichen Grüßen

Harald Schwager

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schwager,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 11. Juli 2011. Meine grundsätzliche Haltung zur Diätenerhöhung habe ich in meiner Antwort vom 30.5.2008 auf dieser Plattform kundgetan. Die damals geplante Diätenerhöhung wurde wegen der massiven öffentlichen Kritik, der ich mich in Interviews angeschlossen hatte, zurückgezogen.

Die im Grundgesetz verankerten Diäten sind - das wird keiner bestreiten - eine demokratische Errungenschaft. Mit der fehlenden Abgeordnetenentschädigung vor 1906 war es nämlich nicht möglich, dass sich auch Angehörige der unteren Klassen der Politik widmen konnten, da die Mitgliedschaft im Parlament ehrenamtlich war.

Auch die mit der Neuregelung der Abgeordnetenentschädigung im Jahr 1995 vorgeschriebene Orientierung an dem Gehalt anderer Amtsinhaber mit ähnlicher Verantwortung und Belastung (Richtgrößen B6 und R6[1] <#_ftn1>) kann nicht beanstandet werden. Bis zuletzt - nach 5 Nullrunden in den letzten zehn Jahren - entsprach die Abgeordnetenentschädigung dem Niveau von B6/R6 aus dem Jahr 2007. Um die Diäten wie gesetzlich vorgesehen an die Vergütung von B6/R6 anzupassen wurde die jüngste Erhöhung verabschiedet.

Die am 7. Juli 2011 beschlossene Erhöhung in zwei Tranchen (ab dem 1.1.2012 um 292 € und ab dem 1.1.2013 um weitere 292 €) wurde im Parlament von den Koalitionsparteien sowie von der SPD und Bündnis90/Grünen getragen. Im Durchschnitt steigen die Diäten von 2010 bis 2013 um jährlich 1,9 %. Im Jahr 2013 wird demnach die Entschädigung der Abgeordneten 8.252 Euro betragen und entspräche dann dem Stand von B6/R6 im Jahr 2010. Nicht vergessen werden darf dabei, dass die Diäten der vollen Besteuerung unterliegen.

Ob die Erhöhung angemessen ist, ist eine kontrovers geführte Diskussion. Angesichts der Erhöhung der Renten sowie des Grundsicherungsniveaus um einen viel geringeren Prozentsatz, wird die Erhöhung der Diäten im oben genannten Umfang als ungerecht empfunden. Auch mein Gerechtigkeitsempfinden sagt mir, dass von Politikern auch Zurückhaltung abverlangt werden muss, wenn Rentner, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger mit geringen oder gar keinen Anpassungen abgespeist werden oder gar mit dem im letzten Jahr beschlossenen Sparpaket massive Einschnitte im Sozialbereich erleiden müssen.

Im Grunde sind jedoch nicht die Diätenerhöhungen entsprechend der Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, sondern die „gedämpften“ Rentenanpassungen sowie die Sozialkürzungen das eigentliche Problem. Die in den letzten Jahren mehrfach reformierte Rentenanpassungsformel mit ihren unterschiedlichen Dämpfungsfaktoren (Riester-Faktor, Nachhaltigkeitsfaktor) sorgt dafür, dass eine Anpassung entsprechend der allgemeinen Lohnentwicklung unmöglich ist. Da sich die Erhöhung des Hartz IV-Satzes an der Entwicklung der Renten orientiert, sind auch diese von der Entwicklung der Löhne und damit auch von der Erhaltung der Lebenshaltungskosten abgekoppelt.

Insofern müssen wir uns heute und in Zukunft dafür einsetzen, dass sich zum einen die Löhne und Gehälter an der Produktivität zuzüglich eines Inflationsausgleichs (Zielinflationsrate) orientieren und zum anderen prekäre Beschäftigung zurückgedrängt wird. Eine weitere Herausforderung wird sein, die gesetzliche Rentenversicherung wieder zu einem armutsfesten und lebensstandardsichernden Alterssicherungssystem zu entwickeln. Dies liegt mir sehr am Herzen und hierfür will ich mich in meiner Partei stark machen.
Mit freundlichen Grüßen

Ottmar Schreiner

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[1] <#_ftnref1> B6=Besoldungsgruppe für Bürgermeister kleiner Städte und Gemeinden; R6=Besoldungsgruppe für einfache Richter bei einem obersten Gerichtshof des Bundes