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Oliver Grundmann
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Frage von Christian Ü. •

Frage an Oliver Grundmann von Christian Ü. bezüglich Energie

Sehr geehrter Herr Grundmann,

ich möchte auch vor dem Hintergrund eines geplanten LNG-Terminals in Stade die folgenden Fragen zum EEG an Sie richten:
1. Halten Sie die im EEG festgesetzten Ziele zum Ausbau von Wind- und Solarenergie für ausreichend, um das Pariser Klimaschutzabkommens einzuhalten?
2.a. Falls ja: Wie sieht aus Ihrer Sicht der Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung des Verkehrssektors, bei Gebäudeheizungen und Prozesswärme für die Industrie aus? (im EEG ist nur die Rede davon, den Stromsektor bis 2050 klimaneutral zu bekommen)
2.b. Falls nein: Welche weiteren Maßnahmen halten Sie für erforderlich?
3. Welchen Beitrag liefert Ihrer Meinung nach fossiles Erdgas (LNG) auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung und warum sind dafür neue Terminals erforderlich?
4. Wann wird Ihrer Meinung nach klimaneutral erzeugter ("grüner") Wasserstoff oder klimaneutral erzeugtes, synthetisches Methan oder synthetische Kraftstoffe am Weltmarkt verfügbar sein und wo werden diese herkommen?

Viele Grüße aus Stade und vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort!
Christian Ückert

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Ückert,

ich danke herzlich für Ihre Anfrage. Das EEG ist ein wichtiges Instrument, um Anreize für den Ausbau von erneuerbaren Energien zu schaffen. Auch dank diesem Gesetz haben wir heute einen regenerativen Stromanteil von immerhin 40-50 Prozent.

Berücksichtigen müssen wir jedoch, dass diese Menge gegenüber Großkraftwerken volatil ist und dass sich diese Prozentzahlen auf einen Stromverbrauch von rund 600 Terrawattstunden pro Jahr beziehen. Das ist schon eine beachtliche Leistung. Aber wir müssen auf den Gesamtenergieverbrauch in Deutschland schauen. Und da liegen wir bei 2.500 Terrawattstunden pro Jahr (netto) bzw. 3.500 Terrawattstunden pro Jahr (brutto), (inkl. Kraftstoffen, Heizen und Industrie). Wenn wir bis 2050 klimaneutral sein wollen, müssten wir demnach unsere Kapazitäten im Bereich Erneuerbare in den nächsten 30 Jahren etwa verzehnfachen. Diesen enormen Energiebedarf mit nachhaltigen Technologien in Deutschland zu kompensieren, lässt sich nicht darstellen.

Gemeinsam mit den NGOs/Umweltschutzverbänden teilen wir die Auffassung, dass wir den Zubau Erneuerbarer beschleunigen müssen, wichtige Nutzschutzverbände wie BUND und NABU stellen sich derzeit aber vehement gegen die Offshore-Ausbaupläne der Bundesregierung. Die angestrebten Ausbauziele von 40 Gigawatt werden von diesen abgelehnt. Sie akzeptieren allenfalls 15 bzw. 20 GW. Das gleiche bei Onshore-Projekten: Auch hier sind es nicht selten NGO's, die den Planern und Investoren das Leben schwer machen. Schon eine Verdopplung unser Erneuerbaren halte ich aus genannten Gründen für schwierig umsetzbar; ein Verzehnfachung in den nächsten 30 Jahren für ausgeschlossen.

Kurzum, wenn wir wirklich klimaneutral werden wollen, sind wir neben einem massiven Zubau der Erneuerbaren zwangsläufig auch auf grüne Energieimporte angewiesen. Genau deshalb sind die Pläne für den Bau eines Importterminals für flüssige Gase in Stade auch so wertvoll. Gerade die Millionen Tonnen von importierten fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Erdgas werden wir unmöglich nur durch regenerativen Strom und Wasserstoff aus Deutschland ersetzen können. Deshalb unterstütze ich auch die H2 Global-Initiative unserer Bundesregierung. Mit gigantischen Ressourcen an Sonnenenergie oder Wind werden zum Beispiel Afrika, der Nahe Osten oder Südamerika künftig sehr günstig Strom und daraus riesige Mengen an grünen Wasserstoff produzieren können. Wenn dieser vor Ort etwa in grünes Methan synthetisiert und verflüssigt wird, haben wir einen CO2- neutralen pipelineunabhängigen Energieträger, der sehr gut transportfähig ist; einen Energieträger, den wir ebenso wie konventionelles LNG-Flüssiggas per Schiff importieren und anlanden können. Mit anderen Worten: Die Flüssiggasinfrastruktur von morgen ist die Infrastruktur für grüne Kraftstoffe von übermorgen. Deshalb drücke ich hier so auf's Tempo!

Gerade für unsere Heimatregion sehe ich darin eine Riesenchance. Stade hat das Potenzial zur Drehscheibe für die Energie von morgen zu werden - zu einem grünen Energie-Hub für das ganze Land. Zudem haben wir hier die Möglichkeit, das bereits bestehende Erdgasnetz, entweder für Grüne Gase zu nutzen oder wie derzeit von EWE geplant, für den Transport von Wasserstoff zu ertüchtigen. Unsere Salzkavernen in Ohrensen könnten hier als riesige unterirdische Zwischenspeicher für den Wasserstoff fungieren. Nicht von ungefähr trägt die Projektidee den Namen "Größte Batterie der Welt". Mehr noch: DOW Chemical in Stade ist mit 300-Megawatt-Elektrolysekapazität gleichzeitig auch größter Wasserstoffproduzent in Europa und größter Stromverbraucher (neben der Bahn) in Deutschland, wodurch sich zahlreiche Synergieeffekte ergeben. Geplant ist etwa ein Zero-Emission-Terminal, das die Restwärme im DOW-Produktionsprozess zur Regasifizierung der Flüssiggas-Lieferungen nutzt und damit dauerhaft CO2 spart.

Und wir wollen noch mehr grüne Technologien ansiedeln, zum Beispiel das BMWi-Reallabor "Green Methanol MeOH", das jetzt mit einem erfolgversprechenden IPCEI-Antrag als Europas größte Methanol-Anlage mit grünem H2 realisiert werden soll. Aus den Abgasen eines DOW-Gaskraftwerks wird zukünftig CO2 gecaptured und mit grünem Wasserstoff in Methanol umgewandelt. So entstehen im ersten Schritt pro Jahr rd. 50.000 Tonnen eines Grundstoffs, der in anderen chemischen Verfahren und im Schiffs- und Schwerlastverkehr eingesetzt werden kann. Diese Anlage ist um den Faktor 10 größer als alle vergleichbaren derzeit in Betrieb oder in der Planung befindlichen Anlagen weltweit. Das Projekt hat somit Leuchtturm-Charakter für die Dekarbonisierung von Industrieprozessen. Mit den Reallaboren der Energiewende wollen wir zukunftsfähige Wasserstoff-Energietechnologien unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab erproben. Dafür stellt unser Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) jährlich über 100 Millionen Euro zur Verfügung. Weitere 1,4 Milliarden Euro investiert das BMWi in den nächsten Jahren im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP). Und auch das Forschungsministerium legt dazu richtig was auf den Tisch. Zeitgleich erfreuen sich unsere Förderprogramme für Elektromobilität, nachhaltiges Bauen oder für innovative Stadtentwicklung größter Beliebtheit.

Sie sehen, wir funken auf allen Kanälen, wenn es um die Chancen für Erneuerbare Energien geht. Dabei versöhnen wir Ökonomie und Ökologie und tun Herausragendes für den Klimaschutz und unsere heimische Wirtschaft. Wir sind bereits auf einem guten Weg. Und ich gebe mein Bestes, damit wir ihn so schnell wie möglich gehen können. Und ein letztes Wort: Als regelmäßiger Teilnehmer und Mitglied der deutschen Delegation auf den Weltklimakonferenzen sind mir die Herausforderungen und die Dringlichkeit effizienter Klimapolitik sehr wohl bewusst. Wenn dringend notwendige Infrastrukturprojekte, wie das Anlande-Terminal in Stade, alleine aus Gründen ideologischer Voreingenommenheit, bekämpft werden, ohne tragfähige eigene Konzepte zu präsentieren, dann stimmt mich das sehr traurig. Wenn wir die Klimakrise wirklich bewältigen wollen, dann müssen Klimaschutz und Wirtschaft verantwortungsvoll Hand in Hand gehen. Anders wird das nicht funktionieren. Und dazu braucht es die Entschlossenheit und das Vertrauen beider Seiten!

Ich hoffe, Ihnen ein Stück weit meinen Kompass in dieser Frage erklärt zu haben und lade Sie ein, diesen Weg gemeinsam zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Oliver Grundmann

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