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Ole von Beust
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Frage von Ulf S. •

Frage an Ole von Beust von Ulf S. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sie haben sich zusammen mit anderen CDU Politikern heute öffentlich von Roland Koch und seiner Form des Wahlkampfes distanziert.

Wenn es Ihnen um Integration statt Feindbildern geht, frage ich mich wieso wir während der Tage der bitteren Anfeindungen und Auseinandersetzungen keine Worte der Beschwichtigung und Versöhnung von Ihnen hörten?

Warum haben Sie als Bürgermeister einer weltoffenen Stadt wie Hamburg nicht Stellung bezogen, als der Schaden der Angstkampagne noch hätte begrenzt werden können, sowohl für die CDU als auch für Deutschlands Ansehen in der Welt (sogar die International Herald Tribune berichtete erschrocken)?

Wieso erst jetzt wo die Wähler die Aggressionspolitik Roland Kochs abgestraft haben?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Steinvorth,

der von mir mitunterzeichnete Brief war eine Antwort auf einen offenen Brief von rd. 20 erfolgreich integrierten Deutschen türkischer Herkunft vom 24.1.2008. Der Brief enthielt Vorwürfe, die so nicht im Raum stehen bleiben durften. Aus diesem Grunde haben andere Unionspolitiker, die sich ebenfalls seit Jahren für eine erfolgreiche Integrationspolitik einsetzen, und ich uns entschlossen, öffentlich zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Wir haben darauf hingewiesen, dass die Union in den letzten Jahren auf Bundes- und Landesebene das überaus wichtige gesellschaftliche Projekt der Integration gut vorangebracht hat. Übrigens habe ich schon vor der Wahl in Hessen in vielen Gesprächen gesagt, dass mein Stil Wahlkampf zu führen, ein anderer ist, als der des Kollegen Koch. Mir liegt die Polarisierung nicht so sehr. Meine Art ist es, Probleme sachlich zu betrachten und unaufgeregt und zielorientiert über die Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren. Aus meiner Sicht sind eine intensive Integrationspolitik und die Reform des Jugendstrafrechts zwei Seiten derselben Medaille.

Im Bereich der Integration haben wir in den vergangenen Jahren viel erreicht:

Seit dem Schuljahr 2004/2005 sind alle Hamburger Grundschüler gem. Hamburgischem Schulgesetz von den Erziehungsberechtigten zu Beginn des der Einschulung vorangehenden Jahres in der regional zuständigen Grundschule vorzustellen. Hierbei wird der geistige, seelische, körperliche und sprachliche Entwicklungsstand der Kinder überprüft. Dies bedeutet, dass alle Kinder, die altersgemäß 1 ½ Jahre vor ihrem regulären Einschulungstermin stehen, an der zuständigen Grundschule vorgestellt werden. Hauptzielsetzung dieses Gesprächs zwischen Sorgeberechtigten, Kindern und Lehrkräften der zuständigen Grundschule ist die Beratung und gegenseitigen Information. Es macht die Eltern auf den zukünftigen Schulanfang mit seinen Anforderungen aufmerksam, um einen erfolgreichen Start in der Grundschule zu erleichtern. Diese Maßnahme unterstützt die Absicht der Schulbehörde, allen Hamburger Kindern insbesondere denen mit Migrationshintergrund vor der Einschulung vergleichbare Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, um einen erfolgreichen Schulanfang zu sichern und ein schulisches Scheitern, dass zu späterem Problemverhalten führen könnte, zu verhindern.

Seit dem Schuljahr 2007/08 sind Kinder mit ausgeprägtem Sprachförderbedarf verpflichtet, eine Vorschulklasse zu besuchen und zusätzlich an Sprachfördermaßnahmen teilzunehmen. Der Vorschulklassenbesuch ist kostenlos. Gemäß Herbststatistik 2007 haben insgesamt 1.653 Kinder, die 2008 schulpflichtig werden, einen ausgeprägten Sprachförderbedarf und sind damit im Schuljahr 2007/08 zum kostenfreien Besuch der Vorschule verpflichtet.

Zur Unterstützung der Mütter mit Migrationshintergrund in Erziehungsfragen und beim Erlernen der deutschen Sprache sind an 41 Schulstandorten 55 sog. "Mütterkurse" in Zusammenarbeit zwischen der Schulbehörde und der Volkshochschule eingerichtet worden.

Um den Anteil der Lehrkräfte mit Migrationshintergrund zu erhöhen, muss zunächst der Anteil der Referendarinnen und Referendare mit Migrationshintergrund gesteigert werden. Damit wurde im Jahr 2006 begonnen ? Ergebnis: 4,74 % der Eingestellten hatten einen Migrationshintergrund. Im Jahr 2007 konnte dieser Anteil auf 10,05 % gesteigert werden.

Darüber hinaus hat der Senat gemeinsam mit Migrantenverbänden ein Handlungskonzept zur Integration von Zuwanderern entwickelt und im Dezember 2006 beschlossen. Folgende Handlungsfelder betrifft das Handlungskonzept:

Sprache, Bildung und Ausbildung von Migrantinnen und Migranten (Sprachförderung und Bildung vor Schuleintritt; Sprachförderung und Bildung in allgemein bildenden Schulen, Übergang in Ausbildung, Hochschulen, Sprachförderung für Erwachsene)

Berufliche Integration (Eingliederung in den Arbeitsmarkt, Selbständigkeit)

Soziale Integration (Kinder- und Jugendarbeit, Familien, Ältere Zuwanderer, Gesundheit, Kriminalprävention)

Zusammenleben in der Stadt (Wohnen und Stadtteilentwicklung, Bürgerschaftliches Engagement, Sport, Kultur, Religion)

Zuwanderungsfreundliches Hamburg (Qualifizierte Zuwanderung, Einbürgerung, Migrationsberatung und Information)

Zur Umsetzung des Handlungskonzeptes wurden zwischen den zuständigen Fachbehörden und der Senatskanzlei sowie der federführenden Behörde für Soziales und Gesundheit Ziel- und Leistungsvereinbarungen abgeschlossen, damit die Umsetzung auch kontrolliert werden kann.

Von wesentlicher Bedeutung ist auch die Integration ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Arbeitsmarkt. Am 28. und 29. September 2007 fand unter meiner Schirmherrschaft die ?Messe für Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt? statt, bei welcher ca. 50 private und öffentliche Unternehmen die interkulturellen Chancen bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrationshintergrund nutzten. Die Migrantinnen und Migranten konnten sich vor Ort auf offene Stellen bewerben. Die Unternehmen nutzten diese Gelegenheit, ihren Fachkräftemangel zu decken.

Sehr gute Erfahrungen haben wir mit der integrierenden Wirkung des Sports gemacht. Im Rahmen des Vertrags zwischen der Stadt und dem Hamburger Sportbund (HSB) zur Absicherung der Sportförderung in der Freien und Hansestadt Hamburg erhält der HSB zur besonderen Förderung der Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, Migrantinnen und Migranten sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedlern für die Jahre 2007 und 2008 eine Zuwendung in Höhe von jährlich 100.000?.

Um dem Anliegen der Integration einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen, führt der Senat seit November 2006 jährlich mehrere Einbürgerungsfeiern im Hamburger Rathaus durch.

Mit freundlichen Grüßen

Ole von Beust