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Olav Gutting
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Frage von Marcus W. •

Frage an Olav Gutting von Marcus W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Gutting,

mit großer Sorge verfolge ich wie viele andere Bürger die kürzlich bekannt gewordenen Pläne der Deutschen Telekom. Dabei ist die sogenannte "Drossel" noch das kleinere Problem. Hier plädiere ich dringend dafür, dass der Verbraucherschutz dafür sorgen sollte, dass solche Angebote nicht mehr als "Flatrate" bezeichnet werden dürfen.

Der eigentliche Grund, weswegen ich mich an Sie wende und weswegen ich auch die Kategorie "Demokratie und Bürgerrechte" gewählt habe, sind die Telekom-Pläne, eigene und die Inhalte von Kooperationspartnern in ihren Leitungsnetzen von der Drossel auszuschließen. Das bedeutet: Inhalte eigener angeschlossener Unternehmen und Inhalte von Kooperationspartnern werden bevorzugt.

Das ist ein klarer und krasser Verstoß gegen das Prinzip der Netzneutralität. Nun ist "Netzneutralität" leider ein sperriger Begriff. Doch es ist politisch dringend notwendig, ihn in seiner ganzen Tragweite zu verstehen. Das Internet existiert überhaupt nur in der Form, wie wir es kennen, weil die Betreiber der Einzelnetze, aus denen es letztlich besteht, sich dem Prinzip unterwerfen, unbesehen die Daten anderer Einzelnetze ins eigene Netz zu lassen und wenn nötig weiterzuleiten. Wichtig ist dabei das Wort "unbesehen". Netzneutralität bedeutet, alle Internet-Datenpakete innerhalb eines Internet-Betreibernetzes unabhängig von deren Ursprung und Ziel gleich zu behandeln.

Warum das so wichtig ist? Weil nur durch eine garantierte Netzneutralität kleine und mittelständische Unternehmen im Internet auf Augenhöhe mit Großunternehmen konkurrieren können. Weil es ohne Netzneutralität weder Google gäbe, noch Wikipedia, noch Ebay, und schon gar keine Blogs und kleine Shops. Ohne Netzneutralität gabe es nur BtX mit 16 Millionen Farben.

Was gedenken Sie und die Regierung angesichts dieser massiven Bedrohung des wichtigsten Mediums des 21. Jahrhunderts zu unternehmen?

Grüße aus Oftersheim
Marcus Woida

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Sehr geehrter Herr Woida,

für Ihr Schreiben vom 04. Mai 2013 zum Thema „Netzneutralität“ darf ich mich bedanken. Auf die darin enthaltene Anfrage darf ich wie folgt antworten:

Die Deutsche Telekom hat, wie zuvor am 22.04.2013 bekannt gegeben, ihre Tarifstruktur für Internetanschlüsse im Festnetz ab dem 02.05.2013 geändert. Die zeitgleiche Ankündigung der Deutschen Telekom, dass einige ihrer eigenen Dienste, z.B. Teile ihrer Film- und Fernsehplattform Entertain, von der Volumengrenze ausgenommen sein sollen, hat die bereits im Vorfeld der letzten Novellierung des Telekommunikationsgesetzes 2011 geführte Debatte um die erforderliche
Netzneutralität neu entfacht.

Die Endkundentarife der Deutschen Telekom unterliegen keiner vorherigen Genehmigung (ex-ante-Regulierung) durch die Bundesnetzagentur. Insofern ist die Deutsche Telekom in der Ausgestaltung ihrer Endkundentarife von Breitbandanschluss und Internetzugang grundsätzlich frei.

Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen der ihr durch das Telekommunikationsgesetz übertragenen Aufsicht über die Telekommunikationsmärkte jedoch die Pflicht, möglichem Missbrauch und insbesondere Diskriminierungs- und Netzneutralitätsvorwürfen nachzugeben. Ich habe daher Herr Obermann, den Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Telekom AG, umgehen gebeten, die Tarifänderung und ihre Auswirkung auf die Netzneutralität zu erläutern.

Ziel des seither geführten Dialogs ist es einerseits Klarheit über die Einzelheiten der ab 2016 einsetzenden Drosslung vieler Tarife zu erhalten und andererseits regulatorische und gegebenenfalls gesetzgeberische Schritte zur Wahrung der Netzneutralität vorzubereiten. Die entsprechenden Frage- und Antwortenkataloge wurden am 14.06.2013 gemeinsam mit einem Bericht auf der Webseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht
( http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1911/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Verbraucher/Breitband/Netzneutralitaet/Netzneutralitaet-node.html ).

Die Antworten der Deutschen Telekom zeigen, dass es im Hinblick auf die Tarifpläne des Unternehmens einerseits Schritte in die Richtung gibt ( Anhebung der Mindestdatenübertragungsrate auf 2 MBit/s, Bereitschaft zur transparenten Darstellung der Tarife und zur Mitarbeit an Transparenz-Eckpunkten, Bekenntnis zum nachfragegerechten Ausbau des Best-Effort Internet).

Zu den Auswirkungen des Tarifmodells sind anderseits noch wesentliche Fragen offen, so dass eine abschließende Beurteilung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich ist. Denn die Deutsche Telekom behält sich zahlreiche Festlegungen bis zur endgültigen Umsetzung 2016 vor. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung der Ausnahmen von der Volumenbeschränkung und entsprechender Vorleistungsprodukte, der Details zum geplanten Netzausbau für das Best-Effort Internet sowie des Umgangs mit dem Spotify-Mobilfunktarif.

Trotz der erst 2016 erfolgenden Umsetzung der Tarifänderung ist die Bundesnetzagentur bemüht, frühzeitig zusätzliches und belastbares Zahlenmaterial zu den betroffenen Endkunden und Diensten zu erhalten, die komplexen Folgen der Ankündigung zu analysieren und ein geeignetes Monitoring der weiteren Entwicklung aufzusetzen.

Mindeststandards für die Dienstqualität erscheinen dagegen weitergehen ungeeignet, einen dynamischen Netzausbau für eine optimale Nutzung des Best-Effort Internets sicherzustellen.

Eine über die regulatorischen Diskriminierungsverbote des TKG hinausgehende symmetrische strikte Gleichbehandlungsverpflichtungmüsste der Gesetzgeber, einen entsprechenden legislativen Willen vorausgesetzt, erst noch schaffen, z.B.über eine Rechtsverordnung nach § 41a Abs. 1 TKG.

Zur grundlegenden Verbesserung der Transparenz von Endkundenangeboten hat die Bundesnetzagentur bereits am 10.05.2013 einen Eckpunkteentwurf zu Transparenz im Endkundenmarkt und zu Messverfahren veröffentlicht, um konkrete Maßnahmen und marktweit einheitliche Standards zur Verbesserung der Transparenz zu erreichen. In diesem Zusammenhang spielen auch die Ergebnisse der laufenden Messstudie der Bundesnetzagentur zu Fragen der Netzneutralität eine Rolle. Die von der Bundesnetzagentur für dieses Jahr angekündigten Eckpunkte zu Netzneutralität sollen ebenfalls einen Beitrag zur Diskussion leisten.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen weiter geholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Olav Gutting

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