Nadine Schön
Nadine Schön
CDU
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Frage von Frank M. •

Frage an Nadine Schön von Frank M. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Schön,
Sie schreiben in der Antwort an Herrn Z.:

"Aufgrund des erhöhten Absprache- und Kooperationsbedarfs setzt ein Wechselmodell die Fähigkeit und den Willen der Eltern zur Kooperation voraus."

Aus welchen Studien entnehmen Sie diese Aussage?

Ich zitiere aus dem Buch von Frau Prof. Dr. jur. Hildegund Sünderhauf:
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Langzeitstudien haben gezeigt, dass nicht nur gut kooperierenden Eltern ein erfolgreiches Wechselmodell gelingt, sondern auch umgekehrt Eltern, die ihre Kinder im Wechselmodell betreuen, bessere Kooperationsformen entwickeln (Clingempeel & Reppucci 1984, 93 ff .; Hahn 2006).
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Auch nach der ausführlichen Studie von Hahn (2006) über die Charakteristika „erfolgreicher“ Wechselmodelleltern kommt es auf ganz andere Qualitäten als auf gute Kommunikation zwischen den Eltern an. In der Untersuchung waren die Eltern, die seit mehreren Jahren erfolgreich ihre Kinder im Wechselmodell betreuten, weder konfliktfrei, noch konnten sie besonders gut kommunizieren. Das Verhältnis zum/zur Ex-Partner(in) variierte zwischen „freundschaftlich“ über „nüchtern-geschäftlich“ bis hin zu „immer noch von starkem Ärger gegenüber dem/der Ex geprägt“. Sie kommunizierten und koordinierten zum Vorteil ihrer Kinder so effektiv es ihnen möglich war. Viele Eltern teilten sich das Wichtigste per E-Mail und SMS mit und vermieden so mit dem anderen Elternteil direkt zu sprechen. Zu dieser Einschätzung kommt auch die Studie von Williams (1991, 128), die es durch ihre Studie widerlegt ansieht, dass das Wechselmodell nur für Eltern mit sehr guter Kommunikation geeignet sei.
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Jetzt wäre interessant zu wissen, aus welcher Studie Sie Ihre Aussage holen.

Wenn Sie das "nur mal irgendwo so gehört haben", ist das auch okay als Antwort. Vielen Dank vorab.

Nadine Schön
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Möhle,

vielen Dank für Ihre E-Mail mit Ihrer Nachfrage zu meiner Position zum Wechselmodell.

Die Frage, ob Kinder nach einer Trennung ihrer Eltern in dem Haushalt eines Elternteils oder alternierend in beiden Haushalten der Eltern aufwachsen und ob hierfür bestimmte Modelle vom Gesetzgeber vorgegeben werden sollen, wird auch in der deutschen Literatur kontrovers diskutiert, unter anderem von der Pädagogin Dr. Kerima Kostka und Prof. Hildegund Sünderhauf. Sie unterstützen die Position von Frau Professor Sünderhauf. Dr. Kostka dagegen argumentiert, dass die von den Befürwortern des Wechselmodells angeführten wissenschaftlichen Untersuchungen nur bedingt die dargestellten Schlussfolgerungen zuließen. Dr. Kostka fügt folgende Argumente für ihre kritische Haltung an: Große Varianz in der Methodik der Studien, Fehlen von Vergleichsgruppen, in der Regel kleine und nicht repräsentative Samples. Vor allem Befragung von Müttern und Vätern, weniger Befragungen von Kindern oder Dritten zu Untersuchungen über die Auswirkungen auf die Kinder. Über Langzeit-Auswirkungen ist kaum etwas bekannt.

Meine Position, dass aufgrund des erhöhten Absprache- und Kooperationsbedarfs ein Wechselmodell die Fähigkeit und den Willen der Eltern zur Kooperation voraussetzt, wird von belgischen Studien unterstützt, in die 2000 geschiedene Eltern aus Flandern und 700 ihrer gemeinsamen Kinder einbezogen wurden. (Sodermans, Katrien, Parening apart together. Studies on Joint custody arrangement in Glanders, Leuven 2013, Zusammenfassung eingestellt auf: https://lirias.kuleuven.be/handle/123456789/420892 https://lirias.kuleuven.be/handle/123456789/420892 Im Ergebnis wurde festgestellt, dass das Wechselmodell positive Wirkungen auf das Kindeswohl haben kann. Allerdings könne sich unter besonderen Umständen (hohe Konflikthaftigkeit der elterlichen Beziehung, gestörte Eltern-Kind-Beziehung) ein Wechselmodell negativ auf das Wohlbefinden auswirken. Die Ergebnisse stützen insgesamt die Hypothese, dass das Wechselmodell hohe Anforderungen an Eltern stellt. So müssen diese in der Lage sein, organisiert, strukturiert und planvoll zu handeln.

Bei der Bewertung der Frage, ob das paritätische Wechselmodell seitens des Gesetzgebers präferiert werden sollte, ist es entscheidend zu wissen, wie die betroffenen Kinder selbst das Wechselmodell erleben und bewerten - sowohl in den Fällen, bei denen die Eltern gut kooperieren und kommunizieren als auch bei solchen, wo dies nicht der Fall ist und/ oder ein Elternteil das Wechselmodell ablehnt. Leider ist hierzu derzeit die empirische Datenlage für Deutschland nicht ausreichend aussagekräftig. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich daher dafür eingesetzt, dass das Bundesfamilienministerium eine Studie in Auftrag gibt, die verschiedene Umgangskonstellationen (normale, nicht-konflikthafte oder konflikthafte, Konsens-Wechselmodell bzw. Nichtkonsens-Wechselmodell) aus der Perspektive der Kinder und die Auswirkung auf ihr Wohlbefinden untersuchen soll. Vor einer politischen Bewertung ist das Ergebnis dieser Studie abzuwarten.

Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön

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