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Frage von Markus G. •

Frage an Michael Naumann von Markus G. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Dr. Naumann,

mich würde zum einen sehr interessieren wie Sie zur Justizpolitik des Senats stehen und was Sie anders, gar besser machen wollen???

Ich meine im Hinblick daruf, dass immer mehr Strafgefangene ohne ausreichende Entlassungsvorbereiteungen nach Haftende entlassen werden und eben keine guten Aussichten haben zurück in die Gesellschaft zu kommen. Natürlich müßen Straftäter für Ihre Straftaten verurteilt werden und ihre Haftstrafe ggf. bekommen, aber es kann einfach nicht sein das man Strafgefangene nur verwahrt und dann eben vor die Türe setzt, wenn der Entlassungstag gekommen ist . Natürlich muß man überlegen in wie weit jemand noch eine Gefahr darstellt für die Gesellschaft, aber es kann nun auch nicht sein das immer mehr Strafgefangene einfach nur verwahrt werden, sowie es seit einigen Jahren in Hamburg leider praktziert wird.

Desweiteren interessiert es mich wie Sie selbst zur staatlichen Heroinabgabe an Schwerstabhängige stehen bzw. auch zu den Substitutsbehandlungen Schwerstabhängiger. Leider stellen sich am 24.02. einige "Politiker" zur Wahl, die meinen man sollte Methadon/Polamidon nicht mehr zur Verfügung stellen an Abhängige, damit diese vielleicht eine Chance haben vom Teufelskreis Sucht loszukommen.....ganz zu schweigen von der Abgabe des Heroins an Schwerstabhängige, dass ein ehemaliger Justizsenator ganz unterbinden möchte, falls dieser an die Macht käme... Mich interessiert einfach wie Sie Ihre Drogenpolitik ausrichten wollen, helfend oder eher ausgrenzend für Schwerstabhängige Menschen, die ihre Sucht bewältigen wollen.Vielen Dank für Ihre Beantwortung meiner Anfrage.

Mit freundlichen Gruß
Markus Groß

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Sehr geehrter Herr Groß,

seit der Regierungsübernahme durch den CDU-Senat 2001 ist der Strafvollzug in der Tat mehr und mehr zu einem reinen Verwahrvollzug verfallen. Den Wählerinnen und Wählern wird suggeriert, dass für ihre Sicherheit am besten gesorgt ist, wenn Straftäter hinter dicken Mauern verschwinden - am besten im geschlossenen Vollzug - und ihnen möglichst wenige Lockerungen gewährt werden. Dementsprechend sind seit 2001 die Zahlen der gewährten Vollzugslockerungen rückläufig. Waren 2001 noch knapp 23% der Haftplätze solche des offenen Vollzuges, so reduzierte sich ihr Anteil bis 2007 auf knapp 8%. Entsprechend stieg der Anteil der geschlossenen Haftplätze von 77% in 2001 auf 92% in 2007. Diese Politik des Wegsperrens hat die CDU nun auch gesetzlich festgeschrieben in dem am 01.01.2008 in Kraft getretenen und gegen jeden Expertenrat verabschiedeten Hamburgischen Strafvollzugsgesetz (HmbStVollzG).

Ich bin der Meinung, dass der CDU-Senat der Bevölkerung mit dieser Politik der Kurzsichtigkeit einen Bärendienst erweist. Hier wird einer Haudrauf-Doktrin gefolgt, die eine ganz schlichte Tatsache aus dem Auge verliert: Fast jeder Häftling wird eines Tages wieder in die Freiheit entlassen und mit der Gesellschaft konfrontiert. Und an diesem Tag entscheidet sich, ob der (Ex-) Häftling gelernt hat, verantwortungsvoll mit seiner wieder gewonnenen Freiheit umzugehen, oder ob er weitere Straftaten mit weiteren Opfern begehen wird. Im Interesse des Schutzes der Bevölkerung vor Rückfallkriminalität muss die Zeit der Haft genutzt werden, um die Häftlinge auf den Tag ihrer Entlassung vorzubereiten und darauf hinzuwirken, dass sie künftig ein Leben ohne Straftaten führen. In diesem Sinne stellt der Strafvollzug eine Chance auch und gerade für den Opferschutz dar, die nicht ungenutzt bleiben darf. Es kann und darf nicht sein, dass Häftlinge nach Jahrzehnten der Haft ohne jede Vorbereitung auf freien Fuß gesetzt werden. Ein so agierender Strafvollzug ist eine tickende Zeitbombe.

Die SPD wird daher nach ihrer Regierungsübernahme das Hamburgischen Strafvollzugsgesetz so überarbeiten, dass Gefangene besser auf ein straffreies Leben nach der Haft vorbereitet werden. Für den Jugendvollzug wird es ein gesondertes Gesetz geben, das den dortigen besonderen Belangen gerecht wird. Darüber hinaus werden wir die unter dem CDU-Senat zerschlagenen Strukturen in der Sozialtherapie ausbauen. Die Rückfallquote bei guter Sozialtherapie ist nur halb so groß wie im Regelvollzug.

Soweit zur Strafvollzugspolitik. Mein Standpunkt zum Gegenstand Ihrer weiteren Frage - der Drogenpolitik - lautet folgendermaßen:
Drogenanhängigkeit ist eine Krankheit, die es zu behandeln gilt. Daher wollen wir die Weiterführung des Forschungsprojekts "Heroinvergabe" an Schwerstabhängige entsprechend der Bundesratsinitiative einiger Bundesländer mit dem Ziel unterstützen, Diamorphin als Arzneimittel in klar geregeltem Rahmen zuzulassen.

Im Mittelpunkt der Drogenpolitik stehen die Drogenabhängigen. Aber auch der Sorgen und Nöte der Angehörigen, vor allem der Kinder von Abhängigen, müssen wir uns verstärkt annehmen. Drogenabhängigkeit ist neben anderen psychischen Erkrankungen ein schwerwiegender Risikofaktor für Vernachlässigung und Misshandlung von Kindern. Wir wollen daher ein Netzwerk zur Hilfe von Kindern drogenabhängiger Eltern begründen. Das Therapieangebot in den Vollzugsanstalten muss ausgebaut werden.

Ich hoffe, damit Ihre Fragen zur Genüge beantwortet zu haben.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Michael Naumann