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Frage von Thomas S. •

Frage an Matthias Zimmer von Thomas S. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Zimmer,

da Sie CDU-Sozialpolitiker sind, würde ich gerne die folgenden Fragen an Sie richten.

1) Ich habe gelesen, dass Anbieter einer Riester-Rente Ihre Provisionen für einen Vertrag, der über 30 Jahre gehen soll, bereits in den ersten fünf Vertragsjahren von den eingezahlten Beiträgen abziehen dürfen. Ist das nicht vor dem Hintergrund ungerecht, dass viele Menschen, wenn sie z. B. arbeitslos werden, ihren Vertrag vorzeitig kündigen müssen, dann aber schon Provisionskosten für 30 Jahre abgezogen bekommen haben? Die RR boomt auch erst dann, als das Abziehen in den ersten 5 Vertragsjahren erlaubt wurde (ab 2005)

2) Laut stetiger Argumentation der Linkspartei ist die Rente mit 67 nicht notwendig, da die Steigerung der Produktivität bzw. des BIP´s die demographische Entwicklung ausgleichen würde. Wenn man Löhne und Gehälter entsprechend der Produktivitäts- bzw. BIP-Entwicklung anheben würde (Beteiligung der Arbeitsnehmer am zusätzlichen Gewinn), wäre die Finanzierung der Renten durch das Umlagesystem für die heute Beschäftigten kein Problem mehr.
Was sagen Sie zu dieser Argumentation? Ich würde Sie bitten, hier konkret auf meine Frage einzugehen, und mir nicht noch einmal die mir bestens bekannte demographische Entwicklung zu schildern.

3) Die Linkspartei möchte die Rentenkasse ebenfalls dadurch stärken, dass sie alle Einkommen in eine gesetzliche Rentenkasse einbeziehen, Beitragsbemessungsgrenzen abschaffen und den damit verbundenen Rentenanstieg abflachen wollen.
Was sagen Sie dazu?

4) Ludwig Erhard sagte einst: "Der Tatbestand der Sozialen Marktwirtschaft ist nur dann als erfüllt anzusehen, wenn entsprechend der wachsenden Produktivität echte Reallohnsteigerungen möglich werden."
Halten Sie Deutschlands Wirtschaftssystem vor dem Hintergrund dieses Zitates des Vaters der Sozialen Marktwirtschaft noch für eine Soziale Marktwirtschaft?

Ich bedanke mich im Voraus herzlich für die Beantwortung der Fragen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schmidt

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schmidt,

haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen zum Thema Rente.

Selbstverständlich müssen Arbeitslose ihren Riester-Vertrag nicht aufgrund von Arbeitslosigkeit kündigen. Die Höhe des Beitrages orientiert sich dann an der Höhe des Arbeitslosengeldes, beträgt jedoch mindestens 5 Euro im Monat (Sockelbetrag). Sollte es einem Erwerbslosen nicht möglich sein Beiträge zu entrichten, gibt es auch die Möglichkeit den Vertrag ruhen zu lassen. Einen Zwang zur Kündigung sehe ich daher nicht.

Es ist sicherlich korrekt, dass bei steigenden Löhnen mit höheren Einzahlungen in die Rentenkassen zu rechnen wäre. Allerdings empfinde ich es als problematisch, wenn der Gesetzgeber die demographische Entwicklung in seiner Rentenpolitik außer Acht lassen würde, unter der Annahme dass die Löhne entsprechend steigen würden. Zumal die Lohnfindung Aufgabe der Tarifparteien ist. Außerdem gebe ich zu bedenken, dass die Auswirkungen der demographischen Entwicklung auch bei ad hoc steigenden Löhnen nicht weniger relevant sein wird, da aufgrund höherer Einzahlungen in die Rentenkasse auch höhere Rentenanwartschaften generiert werden. Ich würde der Argumentation unter Punkt 2 daher nicht folgen.

Zur dritten Frage: Die Forderung nach einer Aufhebung der Beitragsbemessungsgrenze ist keine Neue. Dies würde aber - wenn dies die Rentenkasse nachhaltig stärken sollte - bedeuten, dass man eine sogenannte Höchstrente beibehielte (diese liegt derzeit bei rund 2.200 Euro im Monat); andernfalls würden die ungleich höheren zu erwartenden Rentenanwartschaften das Rentensystem nicht nachhaltig entlasten. Allerdings würde dies möglicherweise verfassungsrechtliche Probleme mit sich bringen, da laut Äquivalenzprinzip dem eingezahlten Betrag auch eine entsprechende Leistung gegenüberstehen muss. Dies ist aber beispielsweise nicht der Fall, wenn monatlich höhere Beiträge gezahlt werden, als Anwartschaften generiert werden könnten. Genau dies wäre aber möglich, würde die Beitragsbemessungsgrenze aufgehoben.

Zu Ihrer vierten Frage: Diese kann ich durchaus bejahen. Nicht zuletzt hat sich unser System der Sozialen Marktwirtschaft während der Finanz- und Wirtschaftskrise bewährt und wurde international als das "German Wonder" tituliert. Allerdings betrachte ich persönlich die Mitgliederentwicklungen der Gewerkschaften mit Sorge und wünschte mir an dieser Stelle persönlich schon ein höheres Engagement der Arbeitnehmer. Nicht zuletzt könnten wir uns aber auch viele Diskussionen um sittenwidrige Löhne ersparen. Studien zeigen, dass Interessen der Arbeitnehmer zunehmend individualisiert sind und mit neuartigen Beschäftigungsstrukturen einhergehen, die den klassischen gewerkschaftlichen Mitgliederstrukturen nicht entsprechen. Diese Entwicklungen spiegeln sich in sinkenden gewerkschaftlichen Organisationsgraden wider - bis hin zu quasi gewerkschaftsfreien Branchen. Dies finde ich sehr bedauerlich. Deshalb habe ich bereits mehrfach für einen nachgelagerten Mindestlohn geworben und zwar dort, wo es den Tarifpartnern nicht gelingt faire Löhne für die Arbeitnehmer auszuhandeln.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Matthias Zimmer, MdB