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Martina Bunge
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Frage von Ludwig L. •

Frage an Martina Bunge von Ludwig L. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Frau Dr. Martina Bunge,

Sie haben sich bei diese Abstimmung enthalten. Ich verstehe nicht wie dies zur angekündigten Programmatik der Linksfraktion für die gegenwärtige Legislaturperiode laut ihrem Bundeswahlprogramm passt. In dem genannten steht:
• keine Auslandskriegseinsätze der Bundeswehr zulassen – auch nicht unter UN-Mandat: keine Militärberater zur Unterstützung autoritärer Regimes entsenden;
Mir ist nicht klar, wieso dies kein Auslandskriegseinsatz der Bundeswehr ist, bzw wieso im Sudan kein autoritäres Regime existiert.
Bisher war mir eine konsequente Antikriegspolitik der Linkspartei verständlich, doch nun "torpedieren" sie sich selber. Die Linkspartei wurde doch nicht gewählt, um bei wichtigen Entscheidungen im Bundestag sich zu enthalten, uns somit weder eine Position zu beziehen, bzw. ihren Wählern keine klare Stimme zu geben. Das Bundeswahlprogramm gilt doch irgendwie für alle Mitglieder der Fraktion. Warum begeben Sie sich in eine Position, die bestimmt von der Mehrheit derjeniger die sie gewählt haben, aber mehr noch von denen, die Sie persönlich und ihre Partei im Wahlkampf konsequent und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, nämlich ihren Parteigenossen an der Basis nicht mitgetragen werden kann, da diese dann sich und ihre Wahlmotivation verraten würden.
Ich würde mich freuen wenn Sie, auch wenn Sie wahrscheinlich nicht viel Zeit haben, mir antworten würden.

Mit freundlichen Grüßen
aus der Basis in Chemnitz

Ludwig Löwe

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Löwe,

vielen Dank für Ihre Frage und für Ihr friedenspolitische Engagement, dass sie damit zeigen.

Ja, ich habe mich bei der Ablehnung zur Verlängerung des UMNIS-Einsatzes im Südsudan enthalten.

Anbei lege ich gerne meine Gründe dar, warum ich mich enthalten habe.

1. Die Einrichtung von UNMIS (Südsudan) erfolgte nicht auf der Basis des Kap. VII VN-Charta, sondern auf Grundlage der Feststellung einer „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit“ nach Kap. VI der VN-Charta (SR-Res. 1590).

2. Der Auftrag von ISAF beispielsweise, die afghanische Regierung „bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit…zu unterstützen, so dass die afghanischen Behörden ebenso wie das Personal der Vereinten Nationen und das sonstige internationale Zivilpersonal ihre Tätigkeit in einem sicheren Umfeld ausüben können, beruht auf Kap. VII der VN-Charta („…tätig werdend nach Kap. VII…,“ SR-Res. 1386, 1510, zuletzt 1890). Der Auftrag von UNMIS beruht nicht auf Kapitel VII der VN-Charta, sondern ebenso wie ihre Einrichtung auf Kap.VI der VN-Charta und umfasst u.a., „…die Waffenruhevereinbarung zu überwachen und zu verifizieren…“, „…die Bewegungen bewaffneter Gruppen… zu beobachten und zu überwachen“, bei der freiwilligen Entwaffnung, Einsammlung und Zerstörung von Waffen „behilflich“ zu sein, uvam.

3. Der ISAF-Mission erlaubt hingegen das Sicherheitsratsmandat Kriegshandlungen zur Durchsetzung ihres Auftrags vorzunehmen. Der UNMIS ist dies nicht erlaubt: Während ISAF (SR-Res. 1386, 1510, zuletzt 1890) „ermächtigt“ wird, „alle zur Erfüllung ihres Mandats notwendigen Maßnahmen zu ergreifen...“- mithin ggf. massive und offensive Kriegshandlungen zur (aktiven) Schaffung dieses „sicheren Umfelds“ legitimiert werden -, gilt dies für die UNMIS nicht annähernd. Ihre Legitimation zu Kampfhandlungen nach Kap. VII der VN Charta ist im Mandat darauf begrenzt, „den Schutz von VN-Personal, -Einrichtungen und -Ausstattung sicherzustellen, sowie die Sicherheit und Bewegungsfreiheit von VN-Personal, humanitären Hilfsorganisationen und … Überwachungskommissionen zu gewährleisten. In gleicher Weise ist UNMIS… ermächtigt, Zivilbevölkerung, die in unmittelbarer Bedrohung angetroffen wird, zu schützen“ (SR-Res. 1590).

Es handelt sich um unterschiedliche Mandate und die Missionen haben einen unterschiedlichen Charakter: im Falle ISAF die Erlaubnis zum unbeschränkten Gewalteinsatz zur Durchsetzung des Auftrags (also ggf. Kriegsführung), im Falle UNMIS die Beschränkung auf Selbstschutz und Nothilfe (also keine Kriegsführung). Im Falle ISAF geht um „Friedenserzwingung“ gegen einen Gegner, im Falle UNMIS um „Friedenserhaltung“ auf der Basis eines zwischen Parteien verhandelten Abkommens.

Die Einsatzwirklichkeit entspricht den Mandaten: Während ISAF von der NATO geführt wird und schwerstbewaffnet offensive Kampfhandlungen durchführt, ist UNMIS VN-geführt, mäßig bewaffnet und (sehr selten) allenfalls in defensive Kampfhandlungen verwickelt.

Fazit:
UNMIS hat kein Mandat zur Kriegsführung.

Ich hoffe meine Beweggründe sind transparenter geworden.

Mit freundlichen Grüßen

Martina Bunge