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Marlies Volkmer
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Frage von Werner H. •

Frage an Marlies Volkmer von Werner H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dr. Volkmer

nun ist der Gesundheitsfonds so gut wie beschlossen, welcher besonders Hartrentner, Arbeitnehmer u. Arbeitgeber in Sachsen aber auch bundesweit betrifft, da wir ja günstige Kassenbeiträge ab 12,7%-13,5% haben, werden wir ab Januar wieder 1-2% weniger in der Lohntüte haben,die Rentner mindestens 2%, tragen ja den Arbeitgeberanteil extra noch mit, ohne das sich die Gesundheitsbetreuung verbessert u. der unterschied zur privaten Krankenkasse bleibt. Wieso werden nicht grundlegende Probleme im Gesundheitswesen angepackt, welche auch den Kassenbeitrag wieder sinken ließe.
1. Wieso zahlen wir in Deutschland den vollen Mehrwertssteuersatz auf Medikamente u. Hilfsmittel und nicht den ermäßigten Steuersatz von 7%? wir sind damit in der EU fast die einzigen.
2. Wieso sind in Deutschland die Arzneimittelpreise EU-weit am teuersten, fast doppelt so teuer wie in Holland und andere EU-Staaten? An den Herstellungskosten soll es ja nicht liegen, die Preise werden ja zwischen der Politik u. den Pharmakonzernen verhandelt. Wieso wird der Arzeneimittelmarkt nicht EU-weit freigegeben um denMilliarden entlastet.
3. Wieso wird die Beitragsbemessungsgrenze (3500€) nicht abgeschafft? Ich bin der Meinung jeder Bürger sollte nach seiner Leistungsfähigkeit (Einkommen- Vermögen) Steuern u. Kassenbeiträge zahlen.
4. Wieso werden die Zigaretten- u. Alkoholkonzerne nicht mit an den Gesundheitskosten beteiligt? Zahlt doch das Gesundheitssystem Milliardenbeiträge für den Missbrauch von Zigaretten u. Alkohol. Wieso wird da nicht eine Gesundheitssteuer erhoben? Dies sind nur ein paar Beispiele um das Gesundheitssystem und den Bürger enorm zu enlasten. was halten sie von diesen Vorschlägen und werden diese irgendwann mal in die Realität umgesetzt?

mit freundlichen Grüssen W. Homann

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Homann,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf abgeordnetenwatch.de. Die Einführung des Gesundheitsfonds wurde bereits mit der letzten Gesundheitsreform beschlossen. Die Festlegung des bundesweit einheitlichen Beitragssatzes wird von der Bundesregierung in einer Rechtsverordnung vorgenommen. Der vorliegende Kabinettsentwurf der Verordnung weist einen Beitrag von 14,6 Prozent aus, dazu kommen die 0,9 Prozent, die die Versicherten allein tragen müssen.

Der Umfang der Beitragssatzsteigerung in Sachsen ist v.a. dadurch verursacht, dass die Beiträge nun nicht mehr von jeder Kasse einzeln, sondern durch die Bundesregierung bundesweit einheitlich bestimmt werden. Da die Beitragssätze in Sachsen durch die günstigen Versorgungsstrukturen derzeit besonders niedrig sind, wird die Angleichung an ein bundesweit einheitliches Niveau die sächsischen Versicherten besonders hart treffen.

Dies ist ein Grund dafür, warum ich seinerzeit der Gesundheitsreform nicht zugestimmt habe. Immerhin habe ich mit meinem Engagement dazu beigetragen, dass die sächsischen Versicherten nicht noch darüber hinaus belastet wurden: Wäre die von Bayern initiierte Konvergenzklausel ohne Korrekturen umgesetzt worden, wären weitere 300 Mio. Euro Mehrbelastungen auf die sächsischen Versicherten zugekommen. Glücklicherweise konnte dies abgewendet werden.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Krankenkassenbeiträge auch ohne die Einführung des Gesundheitsfonds gestiegen wären, wenn auch nicht im gleichen Umfang. Ursache sind v.a. steigende Ausgaben für den Krankenhausbereich und die Ärztevergütung.

Zu Ihren Fragen:

Zu 1) Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass die Erhebung des vollen Mehrwertsteuersatzes auf Arzneimittel nicht sachgerecht ist und zu erheblichen Mehrbelastungen für die Gesetzliche Krankenversicherung führt. Alle Vorstöße, dies zu ändern, sind in der Vergangenheit an den Finanzpolitikern gescheitert. Die derzeitige Finanzkrise, deren Auswirkungen nicht absehbar sind, macht eine Änderung nicht wahrscheinlicher.

Zu 2) Ich denke, dass die Behauptung, Arzneimittel seien generell in Deutschland teurer als im Ausland, nicht richtig ist. Im Einzelfall kann ein Arzneimittel im Ausland sicher billiger sein; es hängt aber sehr von der Art des Produktes und dem Land ab.

Internationale Vergleiche sind sehr schwierig zu bewerkstelligen, denn es unterscheiden sich nicht nur die auf dem Markt befindlichen Arzneimittel. Auch die Mechanismen zur Preisbildung unterscheiden sich erheblich. Die zahlreichen Studien, die zu internationalen Preisvergleichen angefertigt worden sind, haben zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt, deren Ergebnisse abhängig waren vom jeweiligen Auftraggeber.

Es gibt in Deutschland zahlreiche Instrumente, die die Arzneimittelpreise regulieren. So gibt es mit den Festbeträgen Erstattungsobergrenzen für Arzneimittel: Die Krankenkassen zahlen für einen Großteil der Arzneimittel nicht automatisch den Preis, den die Arzneimittelhersteller festlegen, sondern nur einen Festbetrag: Diese werden für Gruppen vergleichbarer Arzneimittel auf der Höhe der Kosten für die preisgünstigen Arzneimittel innerhalb der entsprechenden Gruppe festgesetzt. So hat der Arzt, der ein Medikament verschreiben will, die Wahl zwischen mehreren therapeutisch gleichwertigen Präparaten, die er dem Patienten auf Kosten der Krankenkasse verschreiben kann.

Neu eingeführt mit der letzten Gesundheitsreform wurde das Instrument der Kosten-Nutzen-Bewertung. Ziel ist u.a. eine differenzierte Bewertung des Arzneimittels im Vergleich zu bereits vorhandenen Therapiemöglichkeiten. Der Zugang zu neuen innovativen Arzneimitteln soll dabei gewahrt bleiben.

Perspektivisch sollten m.E. neue patentgeschützte Arzneimittel nur zeitlich begrenzt für die Versorgung zugelassen werden. Die Hersteller sollten verpflichtet werden, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt vor dem Ablauf der Befristung die relevanten Studien zur Durchführung einer Kosten-Nutzen-Bewertung vorzulegen. Mit einer solchen Maßnahme könnten Scheininnovationen aus dem Markt gehalten werden, während gleichzeitig echte Innovationen nicht behindert würden.

Zu 3) Eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) ist bereits häufig diskutiert worden, v.a. im Zusammenhang mit der Einführung einer Bürgerversicherung. Dabei wurde immer wieder darauf verwiesen, dass eine fehlende Obergrenze für die Bemessung der Krankenversicherungsbeiträge nicht verfassungsgemäß wäre.

Im bestehenden System brächte eine Aufhebung der BBG noch ein anderes Problem mit sich: Auch ohne BBG gäbe es immer noch eine Versicherungspflichtgrenze. Dies würde zu massiven Wechselbewegungen zur Privaten Krankenversicherung führen.

Zu 4) Steuererhöhungen für Tabak und Alkohol sind bewährte Instrumente, um Menschen von missbräuchlichem Gebrauch abzuhalten. Derzeit werden Nationale Aktionspläne zur Tabak- und Alkoholprävention erarbeitet. Dazu hat der Drogen- und Suchtrat eine Empfehlung abgegeben, die beinhaltet, dass eine Studie über gesundheitspolitische Effekte von Steuererhöhungen für alkoholische Getränke angefertigt werden soll. Darin inbegriffen soll ein Prüfauftrag über die rechtlichen Möglichkeiten einer zweckgebundenen Abgabe für die Alkoholprävention sein. Auf der Grundlage der Studienergebnisse soll auch über eine zweckgebundene Abgabe für die Tabakprävention beraten werden.

Die Nationalen Aktionspläne werden voraussichtlich erst im nächsten Jahr beschlossen; insofern muss das Ergebnis der weiteren Beratungen abgewartet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Marlies Volkmer