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Marie-Luise Dött
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Frage von Hans-Dieter C. •

Frage an Marie-Luise Dött von Hans-Dieter C. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Dött,
bei der Recherche zur Radar-Problematik stieß ich auf Ihre Antwort vom 24.08.2005. Könnten Sie mir etwas zur Gründung einer Stiftung für Radaropfer der bewaffneten Kräfte sagen, nachdem die CDU/CSU die Kanzlerin und den Verteidigungsminister stellt? Welche Position nehmen Sie zur Entschädigung ehemaliger Angehöriger der NVA ein, nachdem diese Staatsbürger der Bundesrepublik geworden sind?
Vielen Dank für Ihr Bemühen
Clauß

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Clauß,

Ihre Frage zielt auf eine Einführung eines umfassenden Radaropfer-Entschädigungsgesetzes ab. Mit der „Radarstrahlenproblematik“ beschäftigt sich der Deutsche Bundestag seit Ende des Jahres 2000. Die Schaffung eines Radaropfer-Entschädigungsgesetztes wurde bereits 2001 vom Bundesministerium der Verteidigung zusammen mit Beteiligung des Bundesministeriums der Justiz, des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (heute: Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung) sowie des Bundesministeriums des Innern umfassend geprüft.

Im Ergebnis ist festgestellt worden, dass ein solches Sondergesetz nicht notwendig ist, da für die möglicherweise betroffenen Personen bereits Rechtsvorschriften bestehen, die Leistungen bei einer durch dienstliche Tätigkeiten bedingten gesundheitlichen Schädigung vorsehen.

Bei diesen Rechtsvorschriften handelt es sich:

- für die Soldaten der Bundeswehr um Versorgungsansprüche wegen einer (strahlenbedingten) Wehrdienstbeschädigung nach den Bestimmungen des Soldatenversorgungsgesetzes

- für Beamte nach den Regelungen des Beamtenversorgungsgesetzes und

- für Arbeitnehmer nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ehemalige Soldaten der NVA können einen Anspruch auf Dienstbeschädigungsausgleich nach dem „Gesetz über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet“
(sog. Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz) geltend machen.

Im Einigungsvertrag und bei der der Gesetzgebung zur Überleitung von Ansprüchen nach dem Recht der DDR ist die Entscheidung getroffen worden, ehemalige Angehörige der NVA nicht in die Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz aufzunehmen. In Bezug auf die in den Versorgungssystemen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen ist außerdem die Systementscheidung getroffen worden, die Rentenansprüche aus Sonderversorgungssystemen ausschließlich in nur eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu überführen.

Es ist damit auch keine Möglichkeit vorgesehen, Witwen von Angehörigen der ehemaligen NVA mit Witwen von Soldaten der Bundeswehr versorgungsrechtlich gleich zu stellen. Hinterbliebene haben nach dem Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz keinen Anspruch auf Leistungen. Die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehen jedoch fort.

Ansprüche, die ehemalige Wehrpflichtige wegen Unfällen bei der NVA nach den Gesetzen der DDR aus der allgemeinen Sozialversicherung hatten, sind in die gesetzliche Unfallversicherung übergeleitet worden. Solche Unfälle waren in der DDR Arbeitsunfällen gleichgestellt. Die Überleitung ist folglich sachgerecht. Die Hinterbliebenen bleiben nicht unversorgt, sondern haben sie die gleichen Ansprüche wie die Hinterbliebenen der Opfer von Arbeitsunfällen.

Die Unterschiede in den Versorgungsvorschriften ehemaliger Angehöriger der NVA im Vergleich zu Angehörigen der Bundeswehr basieren auf gesetzlich gewollten Unterscheidungen. Bei der Frage, inwieweit Soldaten durch Radargeräte Gesundheitsschäden erlitten haben und wie mit diesen Gesundheitsschäden umzugehen ist, handelt es sich jedoch um eine schwierige und komplexe Thematik, die weit über die gesetzlichen Versorgungsvorschriften hinausgeht.

Messwerte über die Strahlenemission von Radargeräten, die in den 50er bis 70er Jahren in der Bundeswehr betrieben wurden, liegen nur in wenigen Einzelfällen vor. Somit können die damaligen Arbeitsplatzsituationen nur noch schwer oder gar nicht mehr rekonstruiert werden. Darüber hinaus sind Vergleiche mit ähnlichen Personengruppen aus dem zivilen Bereich nicht möglich. Für die ehemalige Nationale Volksarmee (NVA) stellt sich die Situation noch weitaus schwieriger dar. Aus diesem Bereich stehen noch weniger Unterlagen und Dokumente zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang wurde im Jahr 2002 auf Ersuchen des Verteidigungsausschusses eine Expertenkommission eingerichtet. Diese Expertenkommission hatte zur Aufgabe, auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Vorgaben, Lösungswege für die Entschädigung der Radaropfer zu entwickeln. Hierzu sollten technische und medizinische Grundlagen für einen praktikablen Umgang mit den Versorgungsanträgen der betroffenen Soldaten der Bundeswehr und der ehemaligen NVA erarbeitet werden.

Am 2. Juli 2003 legte die Kommission ihren Abschlussbericht vor. Die in diesem Bericht erstellten, großzügigen Kriterien bilden bis heute die Grundlage für die Bearbeitung und Entscheidung der Radarfälle. Die Empfehlungen der Expertenkommission werden eins zu eins umgesetzt, ohne dass im Einzelfall konkret nachgewiesen werden muss, dass die jeweiligen Erkrankungen tatsächlich auf die konkrete Tätigkeit an Radargeräten zurückzuführen sind. Darüber hinaus wurde die Interpretation der Anerkennungskriterien des Berichts zugunsten der Betroffenen immer wieder ausgedehnt (Stichwort: Konkurrenzrisiko).

Im Zusammenhang mit der „Radarstrahlenproblematik“ wurden alle möglichen Optionen für eine bestmögliche Lösung zugunsten der Antragsteller in die erwogenen Maßnahmen einbezogen.

Neben der Überlegung ein Radaropfer-Entschädigungsgesetz einzuführen, wurde in der Vergangenheit mehrmals auch die Errichtung einer Stiftung oder eines Fonds angeregt. Dieser Vorschlag wurde ebenfalls durch das Bundesministerium der Verteidigung unter Einbezug weiterer Bundesministerien geprüft. Da auf der Basis der Empfehlungen des Berichts der Radarkommission mit großzügigen Anerkennungskriterien über fast alle der eingegangenen Versorgungsanträge auf gesetzlicher Grundlage entschieden wurde, wird auch die Notwendigkeit für die Einrichtung einer Stiftung derzeit als nicht gegeben angesehen.

Die vom Gesetzgeber getroffenen Versorgungsregelungen sowie die Kriterien des Berichts der Radarkommission bilden nach wie vor eine geeignete und sachgerechte Grundlage für die Bearbeitung, Entscheidung und Entschädigung in den Radarfällen, sowohl von Angehörigen der Bundeswehr, als auch der ehemaligen NVA.
Mit freundlichem Gruß

Marie-Luise Dött