Maria Heider
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Peter L. •

Frage an Maria Heider von Peter L. bezüglich Wirtschaft

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl dafür ein, dass der Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern grundsätzlich verboten und dieses Verbot in Artikel 26 Absatz 2 des Grundgesetzes und/oder in einem Rüstungsexportgesetz festgeschrieben wird?

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein rechtsverbindliches Verbot des Exportes von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ein, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass diese in bewaffneten internen Auseinandersetzungen, zur inneren Repression oder zu fortdauernden und systematischen Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden könnten?

2. Keine Rüstungsexporte an kriegführende Staaten!
Zahlreiche Empfängerländer deutscher Kriegswaffen sind in Kriege oder Bürgerkriege verwickelt; dessen ungeachtet stimmt die Bundesregierung Waffenexporten an Krieg führende Staaten zu.

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein rechtsverbindliches Verbot der Lieferung von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern in Länder ein, die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind, wo solche drohen oder bestehende Spannungen und Konflikte durch den Export ausgelöst, aufrecht erhalten oder verschärft werden?

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein vollständiges Exportverbot von Kleinwaffen aus Deutschland ein?

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für ein vollständiges Verbot der Lizenzvergabe für Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter ein?

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für die Forderung nach einem Verbot von Hermes-Bürgschaften beim Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ein?

Frage: Setzen Sie sich im Falle Ihrer Wahl für eine zeitnahe Informationspflicht der Abgeordneten, für ein Vetorecht des Deutschen Bundestages und für transparente Rüstungsexportberichte ein, die – wie in England – quartalsweise veröffentlicht werden?

Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre Fragen beantworte ich zusammenhängend wie folgt und bitte darum, diese auch als Ganze zu veröffentlichen, nur so ist eine differenzierte Argumentation möglich:

Bündnis 90/die Grünen kommen aus der Friedensbewegung. Zivile Konfliktvorbeugung und Konfliktlösung sind uns schon immer ein Herzensanliegen gewesen. Wir mischen uns ein für globale Gerechtigkeit und den Schutz der universellen Menschenrechte, die explizit auch die Rechte der Frauen beinhalten, für die Stärkung der zivilen Krisenprävention und Konfliktbearbeitung und gegen Rüstungsexporte. Niemand sollte auf Kosten der Anderen leben, alle Menschen haben das Recht auf Frieden, Entwicklung, Freiheit und Würde. Das verstehen wir unter globaler Gerechtigkeit und Teilhabe aller.
Dennoch: Kriege, Gewalt, Folter, Mord, Vergewaltigung sind tägliches Leid vieler Menschen auf der Welt. Wer da einfach wegsehen will, macht es sich zu einfach und handelt verantwortungslos. Nicht immer können/dürfen wir einfach weg sehen, wenn in anderen Ländern Menschenrechte auf brutalste Weise verletzt werden und Terror, Bürgerkrieg, verbrecherische Regime Menschen abschlachten oder unterdrücken. Was wäre aus Deutschland und Europa geworden, wenn im 2. Weltkrieg nicht eine beherzte Allianz auch nicht unmittelbar vom Krieg betroffener Staaten wie die USA oder Kanada in den von Hitler entfesselten Vernichtungsfeldzug in ganz Europa und den Holocaust eingegriffen hätten, um dem Morden ein Ende zu bereiten? Gerade auch angesichts dieser historischen Verantwortung kann es notwendig sein, dass auch deutsche Soldaten im Rahmen internationaler Einsätze mit UN-Mandat im Ausland tätig werden. Jeder Einsatz ist und wird im Deutschen Bundestag sorgfältig diskutiert und die Abgeordneten machen sich ihre Entscheidung niemals leicht. Nicht immer fällt die Entscheidung für einen Einsatz aus: um den Völkermord im Kosovo zu beenden sind wir mit gegangen, den völkerrechtswidrigen Irak-Krieg von George Bush hat der Deutsche Bundestag abgelehnt. Es gibt also keine einfache Antwort auf diese Frage und jede Situation muss sorgfältig geprüft und abgewogen werden. Aber eines ist klar: Nie wieder wird ein Krieg oder eine bewaffnete Auseinandersetzung von Deutschland angefangen! Auslandseinsätze sind auf ein absolut notwendiges Minimum zu beschränken, gehen nur mit internationalem Mandat und in strikt vom Parlament vorgegebenen Rahmen.

Am liebsten würden wir die Produktion und den Verkauf von Waffen weltweit einstellen. Soweit reicht aber weder unsere Macht, noch würde es wirklich etwas ändern am Waffengeschäft auf der Welt, wenn Deutschland sich aus allen Verhandlungen zurückziehen würde. Deshalb setzen wir auf eine differenzierte Herangehensweise, die zum einen Rüstungsexporte aus Deutschland massiv einschränkt und vor allem öffentlich transparent und kontrollierbar macht (jetzt sind das Geheimgeschäfte des Bundessicherheitsrates am Parlament vorbei). Keine Rüstungsexporte in sensible Regionen, diktatorische Regime, Konfliktgebiete! Verbindliche Endverbleibskontrollen, damit der Weiterverkauf in Krisengebiete unmöglich wird. Keine staatlichen Bürgschaften für Rüstungsgeschäfte. Außerdem wollen wir insgesamt weniger Waffen auf dieser Welt und ein Ende der globalen Aufrüstung, die auch mit deutscher Waffentechnologie vorangetrieben wird: Der Handel mit Kleinwaffen muss massiv begrenzt und kontrolliert werden, die internationale Ächtung von Streumunition sowie Landminen muss weltweit und konsequent umgesetzt werden. Auch Uranmunition wollen wir umfassend ächten. Wir wollen den Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland und kämpfen für Global Zero, für eine Welt ohne Atomwaffen - deshalb streiten wir auch weiterhin für eine Nuklearwaffenkonvention, um Atomwaffen völkerrechtlich zu ächten. Die Stationierung von Atomwaffen in Büchel und die Befähigung deutscher Flugzeuge und PilotInnen zum Einsatz oder Transport von Atomwaffen müssen beendet werden. Die atomare Bewaffnung Frankreichs und Großbritanniens steht einer zukünftigen zivilen Friedenspolitik der EU entgegen. Wir setzen uns dafür ein, die von den Vereinten Nationen vorgeschlagene Konferenz zur Schaffung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten zum internationalen Erfolg zu führen. Den Verkauf und die Überlassung von Waffenträgern, die zur nuklearen Bewaffnung in der Region beitragen können, lehnen wir ab und wollen wir verhindern, einschließlich der Lieferung weiterer atomwaffenfähiger U-Boote. Der Konflikt um das iranische Atomprogramm muss friedlich gelöst und eine eventuelle atomare Bewaffnung des Iran auf politischem Wege verhindert werden. Wir setzen uns dafür ein, dass Deutschland und die EU in den Verhandlungen mit dem Iran eine aktivere und stärker vermittelnde Rolle einnehmen und für die Überprüfung der Sanktionen eintreten. Um die weitere Verbreitung von Atomwaffen zu verhindern, werden wir uns aktiv dafür einsetzen, dass auch die Verbreitung der zivilen Nutzung der Atomtechnologie gestoppt wird. Je mehr Staaten den nuklearen Brennstoffkreislauf beherrschen, umso mehr Staaten können auch Atombomben bauen. Deshalb streben wir eine Anpassung des Atomwaffensperrvertrags an und wollen Hermes-Bürgschaften für AKW-Projekte im Ausland verbieten. Wir wenden uns gegen die Anschaffung bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr und setzen uns international für ein Verbot von vollständig autonomen Waffen ein. Wir streiten für mehr Transparenz und Kontrolle beim Einsatz von Dual-Use-Gütern, die auch zur Kriegsführung und zum repressiven Gebrauch genutzt werden können. Auch den Export von Überwachungs- und Zensurtechnologie an autokratische Regime lehnen wir ab. Menschenrechte müssen auch im Internet verteidigt werden. Die Überflugrechte und Militärbasen ausländischer Streitkräfte in Deutschland dürfen ausschließlich im Sinne des Völkerrechts genutzt werden. Luft-Boden-Übungsplätze wie die Nordhorn Range sind verzichtbar. Der Militärische Abschirmdienst ist aufzulösen.

D.h. wir setzen uns differenziert und ernsthaft mit allen nationalen wie internationalen Gegebenheiten auseinander und versuchen diese positiv in Richtung weltweiten Friedens und Durchsetzung des Völkerrechtes und der Menschenrechte zu verändern. Sich einfach zurück zu lehnen und Deutschland aus allem aussteigen zu lassen, wäre verantwortungslos und würde nicht einen Deut mehr Frieden in die Welt bringen.

Die Menschheitsgeschichte ist niemals frei von Gewalt, Krieg, Unterdrückung, Verbrechen und Leid gewesen. Wir alle müssen gemeinsam an einer friedlichen Welt, Solidarität mit anderen Völkern, gleichen Chancen und sozialer Gerechtigkeit, einem Leben frei von Angst und Armut arbeiten. Ich glaube an diese Utopie, aber der Weg ist noch weit - und kriminelle Energie gibt es leider überall auf der Welt. Solange es Fanatismus, Diktaturen, Religionsfanatiker oder andere ideologischen Verführer gibt, wird es Gewalt und Gewaltbereitschaft geben. Wir dürfen uns nichts vor machen: Die zivilisatorische Schicht und der Wille zu friedlicher, gerechter Gemeinschaft ist auch in unseren aufgeklärten Gesellschaften dünn! Das sieht man doch am Aufbrechen dumpfer Ressentiments und Hetzparolen gegen die Flüchtlinge, die bei uns Schutz vor Verfolgung, Krieg und Leid suchen z.B. in Hellersdorf in Berlin. Oder ganz banal an der Weigerung von Bundesländern im Oberlauf eines Flusses Wiesen zu fluten, damit die Menschen am Unterlauf desselben Flusses in einem anderen Bundesland bei Hochwasser nicht absaufen, Häuser und Dörfer zerstört, Existenzen vernichtet werden!

Also: wir sind noch weit entfernt von einer friedlichen Welt. Aber es lohnt sich, dafür einzutreten und sich zu engagieren! Wegsehen ist einfach, sich engagieren erfordert Mut. Wir brauchen mehr mutige Verhandlungsführer - kein Deutschland, dass sich einfach aus allem raushält und seine Hände in Unschuld wäscht. Damit wird kein einziger Konflikt auf dieser Erde beendet.

Mit freundlichen Grüßen

Maria Heider