Portrait von Maria Flachsbarth
Maria Flachsbarth
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Maria Flachsbarth zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Christof Z. •

Frage an Maria Flachsbarth von Christof Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

1. Kennen Sie den wörtlichen Inhalt des AAG?
2. Kennen Sie die Auswirkungen des Gesetzes im Personalbereich eines Unternehmens?
3. Inwieweit lässt sich Ihrer Meinung nach das Gesetz mit der Initiative zum Bürokratieabbau in Einklang bringen?
4. Sind Sie der Meinung, dass das Gesetz das bewirkt, was es bewirken soll? Können Sie das mit Beispielen belegen?
5. Wie wollen Sie den schon belegbaren Missbrauch des Gesetzes bekämpfen?

Portrait von Maria Flachsbarth
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Zworski,

vielen Dank für Ihre Anfrage bezüglich des Antidiskriminierungsgesetzes vom 10.12.2006.

Deutschland ist mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seiner Verpflichtung nachgekommen, vier Richtlinien der Europäischen Union umzusetzen, die den Schutz vor Diskriminierung regeln. Durch diese EU-Richtlinien werden zahlreiche Bereiche unserer Rechtsordnung berührt. Aufgrund drohender Strafzahlungen in Höhe von 900.000 Euro pro Tag ist die Umsetzung nun in Form des AGG erfolgt.

Das AGG weist erhebliche Verbesserungen gegenüber dem in der letzten Legislaturperiode von Rot-Grün eingebrachten, so genannten „Antidiskriminierungsgesetz“ auf. Es handelt sich bei dem beschlossenen Gesetz ganz ausdrücklich nicht um eine Übernahme des von Rot-Grün in der letzten Legislaturperiode gewollten Antidiskriminierungsgesetzes, sondern um ein in seinem Regelungsgehalt erheblich verbessertes Gesetz.

Unmittelbar nach den Beratungen über das AGG im Koalitionsausschuss am 1. Mai 2006, hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Verhandlungen mit dem Koalitionspartner aufgenommen. Die Fraktionsspitze hat dabei wesentliche Änderungen erreichen können, die das AGG deutlich verbessert haben. Die Änderungen orientierten sich an der Stellungnahme des Bundesrates und berücksichtigen somit auch die Anregungen der Länder.

Was im ursprünglichen Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes an über die Richtlinien hinausgehenden Regelungen vorgesehen war, ist erheblich eingeschränkt worden. Der solcherart „gezähmten“ Umsetzung der EU-Richtlinien konnte die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag am 29. Juni 2006 dann zustimmen.

Bezüglich der Auswirkungen auf den Personalbereich von Unternehmen wird beispielsweise in § 15 Absatz 4 AGG die Geltendmachung arbeitsrechtlicher Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche auf eine Ausschlussfrist von nur noch 2 Monaten ab Kenntnis der Benachteiligung verkürzt. Dies hat zur Folge, dass Dokumentationspflichten bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von 3 Jahren entfallen. Eine Berufung auf angebliche Diskriminierungen kann nach Ablauf dieser Frist nicht mehr stattfinden. Diese nochmalige Verkürzung der Frist schützt die Arbeitgeber vor erheblichem bürokratischen Aufwand.

Weiter wurde die Beweislastregelung des § 22 AGG entschärft. Wer sich diskriminiert fühlt, muss nun die Indizien beweisen, aus denen sich die Vermutung einer verbotenen Benachteiligung ergibt. Die bisher vorgesehene niedrigere Schwelle der reinen „Glaubhaftmachung“ von Tatsachen ist für eine Geltendmachung von Ansprüchen aus dem AGG ist nicht mehr ausreichend.

Außerdem sieht das AGG eine Exculpationsmöglichkeit des Arbeitgebers vor. Im arbeitsrechtlichen Teil des AGG ist in § 12 Absatz 1 festgelegt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutze vor Benachteiligung zu treffen. Für den Arbeitgeber besteht die Exculpationsmöglichkeit durch geeignete Schulung seiner Mitarbeiter zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligungen nach § 12 Absatz 2. Dies entlastet den Arbeitgeber sofern es um die Einstandspflicht für Fehlverhalten seiner Arbeitnehmer geht.

Durch die Einfügung des letzten Satzes in § 17 Abs. 2 können nun definitiv Rechte des Benachteiligten selbst nicht mehr durch im Betrieb vertretene Gewerkschaften oder Betriebsräte geltend gemacht werden. Die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Betriebsräte haben bei einem groben Verstoß des Arbeitgebers gegen die Vorschriften des AGG ein eigenständiges Recht zur Geltendmachung, doch bezieht sich dieses Recht nur auf die in § 23 Absatz 3 Satz 1 Betriebsverfassungsgesetz genannten Rechte unter den dort genannten Voraussetzungen, also nur bei „groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen“.

Das war auch schon bisher geltendes Recht – es wird freilich jetzt auf grobe Verstöße gegen das AGG übertragen und damit erweitert. Zudem gilt dieses Recht nicht bei Kleinbetrieben mit weniger als fünf Mitarbeitern.

Zusammenfassend kann ich Ihnen mitteilen, dass nach wie vor im individuellen Rechtsverkehr jeder seinen Vertragspartner „nach Gutdünken“ auswählen kann. So darf z.B. ein Privatverkäufer seinen gebrauchten PKW grundsätzlich verkaufen, an wen er will, ohne dem Benachteiligungsverbot unter Anknüpfung an bestimmte Merkmale (Rasse, Religion, Alter usw.) zu unterliegen. Das gilt namentlich im Bereich der Vermietung, für den nun zudem Sonderregelungen und Klarstellungen in das Gesetz eingefügt wurden.

Darüber, ob es im Bereich des AGG bereits zu Missbräuchen gekommen ist, liegen mir noch keine Erkenntnisse vor. Das Gesetz ist bezogen auf Ungleichbehandlungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft erst zum 18. August 2006 bzw. bezogen auf die übrigen Merkmale erst zum 01. Dezember 2006 in Kraft getreten, so dass aufgrund dieses kurzen Zeitraums noch keine verlässlichen Daten zur Verfügung stehen.

Abschließend sei erwähnt, dass das AGG durchaus immer noch kritikwürdige Punkte enthält. Jedoch beruht es im Kern auf den EU-Gleichbehandlungsrichtlinien, die in nationales Recht übernommen werden mussten.

Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen weitergeholfen zu haben. Falls Sie noch weitere Fragen haben sollten, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Flachsbarth MdB