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Maria Flachsbarth
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Frage von Maxim S. •

Frage an Maria Flachsbarth von Maxim S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Flachsbarth,

die Bundesregierung plant die anhaltslose Speicherung von Verbindungsdaten. Wie haben Sie vor in dieser Sache zu stimmen?

Haben Sie - sollten Sie dafür stimmen wollen - Argumente abzuführen, die Ihre Entscheidung begründen?

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Steinpreis,

vielen Dank für Ihre Frage via abgeordnetenwatch, in der Sie sich mit der gesetzlichen Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung auseinandersetzen. Erlauben Sie mir zunächst, allgemein auf Folgendes hinzuweisen, um eine genaue Einordnung dieser komplexen Thematik zu ermöglichen: Die Rechtspolitik bewegt sich im Bereich der Telekommunikationsüberwachung in einem Spannungsfeld. Dem Grundrechtsschutz der Bürger steht die ebenfalls verfassungsrechtlich gebotene Pflicht des Staates zu einer effektiven Strafverfolgung gegenüber. Das Bundesverfassungsgericht hat immer wieder das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag des staatlichen Gemeinwesens hervorgehoben (BVerfGE 107, 299, 316 m. w. N.). Grundrechtsschutz der Bürger und Strafverfolgungsinteresse des Staates müssen deshalb in einen vernünftigen Ausgleich gebracht werden.

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Ermittlungsinstrument, das für die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten unabdingbar ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 2. März 2010 auch nicht die Vorratsdatenspeicherung als solche, sondern nur deren konkrete Ausgestaltung für verfassungswidrig erklärt. Die gesetzgeberische Grundentscheidung, dass in bestimmten Fällen schwerwiegender Straftaten ein Eingriff in das Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG möglich ist, hat es hingegen bestätigt. Es hat auch zugestanden, dass die Vorratsdatenspeicherung und der darauf gründende Verkehrsdatenabruf zur Aufklärung solcher Straftaten erforderliche und geeignete Ermittlungsinstrumente sind.

Die gegenwärtige Situation, in der die Vorratsdatenspeicherung zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr gar nicht mehr eingesetzt werden kann, halte ich für nicht hinnehmbar. Von den kritischen Kommentaren aus Fachkreisen sei hier nur auf die Stellungnahme des Bundes Deutscher Kriminalbeamter vom 02.03.2010 hingewiesen. Dort wird unter anderem befürchtet, dass das Recht und der Anspruch des Bürgers, nicht Opfer einer Straftat zu werden, erheblich reduziert werden. Das Urteil schütze den Täter, der sich der elektronischen Kommunikation bediene. Auch der Deutsche Richterbund und die Generalstaatsanwälte aller Länder halten den gegenwärtigen Zustand für nicht länger tolerierbar.
Mit den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ausgearbeiteten Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten im Telekommunikationsgesetz (TKG) wird dieser Missstand angegangen, wobei selbstverständlich die Einhaltung der strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes oberste Priorität haben.

Im Telekommunikationsgesetz wird daher eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von genau bezeichneten Verkehrsdaten mit Ausnahme von Diensten der elektronischen Post eingeführt. Diese gespeicherten Daten müssen unverzüglich nach Ablauf der Speicherfrist gelöscht werden. In der Strafprozessordnung (StPO) wird der Abruf dieser Daten mit einem engen Straftatenkatalog, strengen Richtervorbehalt und weiteren, eng definierten Voraussetzungen zur Gewährleistung der Grundrechte und der Verhältnismäßigkeit geregelt. Gespeichert werden müssen im TKG genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telekommunikation anfallen. Das sind insbesondere die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer des Anrufs, bei Mobilfunk auch die Standortdaten, sowie IP-Adressen einschließlich Zeitpunkt und Dauer der Vergabe einer IP-Adresse. Hingegen dürfen der Inhalt der Kommunikation, aufgerufene Internetseiten und Daten von Diensten der elektronischen Post nicht gespeichert werden.
Hinsichtlich der Speicherdauer wird differenziert zwischen den Standortdaten und den weiteren Verkehrsdaten. Für die Standortdaten wird eine Speicherfrist von vier Wochen, im übrigen eine Speicherfrist von zehn Wochen bestimmt. Ferner ist der Abruf der Daten keine verdeckte Maßnahme. Die betroffenen Personen sind grundsätzlich vor dem Abruf der Daten zu benachrichtigen. Ist eine heimliche Verwendung nach gerichtlicher Prüfung ausnahmsweise zulässig, bedarf es einer nachträglichen Benachrichtigung, von der nur mit richterlicher Bestätigung abgesehen werden kann.

Im Ergebnis kombinieren die Leitlinien somit zeitlich und inhaltlich eng begrenzte Speicherfristen mit sehr strengen Anforderungen, wodurch die Ziele der Verbrechensbekämpfung mit hohen Datenschutzstandards in Einklang gebracht und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofes eingehalten werden.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Maria Flachsbarth MdB