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Lutz Heilmann
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Frage von Jürgen G. •

Frage an Lutz Heilmann von Jürgen G. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Heilmann,

negative Publicity ist auch Publicity. Es ist zwar m. E. Ihr gutes Recht, so eine Sperrung per Einstweiliger Verfügung vornehmen zu lassen, aber ...

In den USA beispielsweise sind Abgeordnete aufgefallen, weil sie die Webseiten bei Wiki von Mitarbeitern aus ihren Abgeordneten-Büros manipulieren ließen. So kann ich Ihnen noch nicht einmal empfehlen, doch einfach ein Parteimitglied diese Seite bewachen zu lassen und sobald sich da wieder Falschdarstellungen breit machen, diese umgehend korrigieren zu lassen.

Es stellt sich nämlich auch die Frage, wie im "Stern" beschrieben, wer da was missbraucht: "... Pikantes Detail: Mehrfach wurde das Wikipedia-Profil des Politikers von Computern bearbeitet, die dem Netzwerk des Deutschen Bundestages zuzuordnen sind. ..."

Warum gehen Sie als Jurist nicht gegen die offensichtlichen Täter/innen vor, sondern lassen sich dazu hinreißen, in der Weise ein Informationsmedium ersten Ranges zu attackieren? Sind die juristisch so schwer zu greifen?

Ich persönlich habe - wie schon bei anderen Gelegenheiten deutlich gemacht - mit Menschen, die eine Stasi-Vergangenheit haben, keine Probleme, wo sie das nicht verstecken wollen. Aber mit Menschen, die das ausnützen wollen i. S. v. "einmal Stasi - immer Stasi", da habe ich - ebenfalls auf anderer Ebene - durchaus meine Probleme.

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Gmell,

vielen Dank für Ihre Fragen.
Die Einstweilige Verfügung hatte nicht das Ziel für Publicity für meine Person zu sorgen. Das Ziel war die Entfernung von bewusst falschen Tatsachenbehauptungen aus meinem Wikipedia Eintrag zu erreichen. Folgende falsche Tatsachenbehauptungen des Eintrags hatte die Einstweilige Verfügung zum Inhalt:

1. "(...) Heilmann warf den Lübeckern Stalinismus vor und lancierte Fotos von einer obskuren "Stalin Party" der Lübecker Linken an die Presse. Diese revanchierten sich mit Enthüllungen über einen von Heilmann mitbetriebenen Online Sexartikel-Versand und eine Anzeige wegen Nötigung gegen ihn (...) Die Berichterstattung führte am 17. Oktober 2008 zur Aufhebung von Heilmanns Immunität als Bundestagsabgeordneter durch den Immunitätsausschuss des Bundestages.

2. Ab 1992 absolvierte er ein Studium der Rechtswissenschaften an der Freien Universität Berlin und der Christian-Albrechts-Universität Kiel, welches er 2005 nach dem ersten juristischen Staatsexamen unterbrach, weil er in den Bundestag einzog."

3. "Der Lübecker Kreisverband der Linken entzog Heilmann noch während der ersten hundert Tage seiner Amtszeit das Vertrauen und forderte ihn zum Rücktritt auf, Heilmann verließ daraufhin den Kreisverband."

4. "Es wurde jedoch mehrfach berichtet, dass Heilmann nur Teile seiner Akte zur Einsicht freigibt."

Wie sie daraus entnehmen können, hat nur ein Punkt mit meiner früheren Tätigkeit beim MfS zu tun.
Dass es Politikerinnen und Politiker gibt, die Ihre Eintragungen bei Wikipedia manipulieren lassen, ist mir mittlerweile auch bekannt. Ich habe niemals selbst Eintragungen vorgenommen und auch nicht in Auftrag gegeben. Aus meinem Bundestagsbüro heraus wurden die vom Stern angesprochenen kürzlichen Änderungen nicht vorgenommen. Vielmehr habe ich Hinweise auf mögliche falsche Einträge seit langem stets mit dem Verweis auf eine gebotene Gelassenheit beantwortet. Zwischenzeitlich gab es auch eine Beruhigung der "Lage". Im Herbst diesen Jahres verstärkten sich die Aktivitäten wieder, die letztlich dazu führten, dass ich mich gezwungen sah, die Einstweilige Verfügung zu beantragen, nachdem eine Anfrage beim Verein Wikimedia erfolglos blieb.
Ich möchte noch einmal betonen, mir ging es weder um Zensur, noch um irgendeine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Auch nicht um eine Attacke gegen Wikipedia. Klar ist mir jetzt auch, dass mit den herkömmlichen juristischen Mitteln eine angemessene Reaktion auf falsche Tatsachenbehauptungen, gerade bei Medien wie Wikimedia nicht möglich ist. Wie die wichtigen Persönlichkeitsrechte und Meinungsfreiheit gleichermaßen gewährleistet, werden ist ein Spannungsfeld. Wobei ich als Jurist aber auch sage, dass bewusst falsche Tatsachenbehauptungen für mich keine Meinungen sind, die sich auf die Meinungsfreiheit berufen können.
Gegen zwei, wie sie es sagen, Täter, habe ich Strafanträge gestellt. Nähere Auskünfte werde ich, dass werden Sie sicher verstehen, dazu nicht geben.
Ich hoffe, Ihre Fragen ausreichend beantwortet zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Lutz Heilmann