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Frage von Lukas S. •

Frage an Lothar Mark von Lukas S. bezüglich Innere Sicherheit

Wissen Sie ob es erlaubt ist, Besuchern eines Terroristencamps einfach die deutsche Staatsangehörigkeit abzunehmen?

Oder warum wird es nicht einfach gemacht? Wer so ein Camp besucht, sollte einfach anders behandelt werden. Gerade weil er ja dann den Supernamen Terrorist bekommt. Die Antwort auf alle Fragen, besonders bei Struck.
Oder ist der Verzicht der Verfassung in Spezialfällen zu gefährlich und evtl. zu leicht ausnutzbar?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sichma,

vielen Dank für Ihre Mail vom 29. Oktober, in der Sie danach fragen, ob man den „Besuchern eines Terroristencamps“ nicht einfach die Staatsbürgerschaft entziehen und diese als „Terroristen“ brandmarken könne.

Derartige Aktivitäten werden von der Bundesregierung mit größter Aufmerksamkeit beobachtet. Seit dem 11. September 2001 arbeiten die Sicherheitsbehörden in unserem Land - ausgestattet mit erheblich verbesserten rechtlichen Grundlagen durch die Sicherheitspakete I und II - mit großen Anstrengungen dafür, dass Anschläge in Deutschland verhindert werden. Bei der Bekämpfung des Terrorismus müssen wir aber stets auch die schwierige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten.

Mit der Prüfung der Frage, ob und welchem Umfang speziell im Strafrecht noch eine Lücke bei der Terrorismusbekämpfung besteht, ist seit einiger Zeit das Bundesministerium der Justiz befasst. Als Ergebnis dieser Prüfung hat das Ministerium Eckpunkte für zwei neue Straftatbestände vorgeschlagen, um Vorbereitungshandlungen im Vorfeld von terroristischen Gewalttaten gezielter strafrechtlich erfassen zu können.

Die Überlegungen gehen dahin, einen neuen § 89a Strafgesetzbuch (StGB) zu schaffen. Mit ihm könnte die Vorbereitung einer Gewalttat künftig mit sechs Monaten bis zu 10 Jahren Haft unter Strafe gestellt werden. Bestraft werden würde die Vorbereitung von Straftaten aus dem terroristischen Kernbereich – also Straftaten gegen das Leben und die persönliche Freiheit wie Mord, Totschlag, Freiheitsberaubung, Geiselnahme - , wenn diese Taten bestimmt und geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben.

Die Strafnorm würde Täter erfassen, die solche Taten vorbereiten, aber mangels Bestehen oder Nachweisbarkeit einer terroristischen Vereinigung derzeit nicht nach §§ 129 a oder § 129 b StGB bestraft werden können. Damit würden auch Einzeltäter erfasst, deren Handlungen noch nicht unter den Tatbestand der Verbrechensverabredung des fallen.

Um allerdings eine uferlose Ausweitung der Vorfeldstrafbarkeit zu vermeiden, müsste aus Verfassungsgründen exakt umschrieben werden, welche Vorbereitungshandlungen im Einzelnen strafbar sind. Der Vorschlag nennt hier unter anderem die Ausbildung und das "Sich-Ausbilden-Lassen",
um eine terroristische Gewalttat zu begehen.

Außerdem wurde vorgeschlagen, einen neuen § 91 StGB einzuführen. Durch diese Strafnorm würde das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen „Anleitungen“ – z. B. im Internet – mit bis zu drei Jahren Haft bestraft.

Die vorgenannten Eckpunkte sind Diskussionsvorschläge, die sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch von den Koalitionsfraktionen noch zu prüfen und abzustimmen sind und zu denen auch Stellungnahmen der Bundesländer und Fachverbände eingeholt werden müssen.

Was das Ausländerrecht angeht, so soll der Gesetzentwurf in Absprache mit dem Bundesinnenministerium dahingehend geändert werden, dass ein Ausländer, bei dem die Annahme gerechtfertigt erscheint, dass er die oben beschriebenen Tatbestände erfüllt, künftig leichter ausgewiesen oder an der Wiedereinreise nach Deutschland gehindert werden kann.

Natürlich wollen auch wir - ganz in Ihrem Sinne – in unserem Land den bestmöglichen Schutz vor terroristischen Aktivitäten gewährleisten. Dies schließt auch ein, dass Vorbereitungen solcher Taten entsprechend geahndet und bestraft werden können. Dieser Schutz darf aber nicht darin bestehen, dass Menschen auf bloßen Verdacht hin präventiv des Landes verwiesen oder ihnen die Staatsbürgerschaft entzogen wird. Ein solches Verhalten käme dem eines Überwachungsstaates gleich und wäre in erster Linie ein Triumph für den Terrorismus.

Mit freundlichem Gruß

Lothar Mark