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Frage von Peter H. •

Frage an Lothar Bisky von Peter H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Bisky,

angesichts der nun voll ausgebrochenen Finanzkrise hätte ich gern gewußt, welche Maßnahmen die Linkspartei vorschlägt, um das Problem zu lösen und das Finanzsystem zu reorganisieren.

Ich muß gestehen, daß ich geradezu entsetzt bin über die Stellungnahme des Herrn Lafontaine, der den 700-Mrd-Plan der US-Regierung als alternativlos bezeichnet. Dieser Plan würde bedeuten, daß die spekulativen Verluste der Börsenzocker auf die Steuerzahler umgelegt würde, und gleichzeitig eine Hyperinflation initiiert würde, die ihresgleichen sucht. Das Ergebnis wäre das Ende des gesamten weltweiten Wirtschaftssystems. Hier muß sich Herr Lafontaine nachsagen lassen, daß er die Interessen der Spekulanten vertritt, nicht jedoch die der Bürger. Eine solche Äußerung aus den Reihen der Linkspartei erschüttert mich zutiefst.

Es gibt eine Alternative, nämlich daß man die Funktion der Geschäftsbanken als Kreditgeber und Investoren für die Produktivwirtschaft erhält, ebenso die Privat- und Unternehmensvermögen und natürlich die Renten. Spekulative Investmentbanken mitsamt ihren in der Casinowirtschaft verursachten Verlusten hingegen müssen einem geordneten Konkursverfahren unterzogen und diese Spekulationsverluste schlicht abgeschrieben werden, anstatt diese dem Steuerzahler aufzubürden. Zudem sollten Investitionskredite für die Produktivwirtschaft verbilligt abgegeben und große Infrastrukturprojekte gemäß dem Lautenbachplan aufgelegt werden; Konsumkredite hingegen dürfen ruhig mehr kosten. Schlußendlich muß das gesamte Finanzsystem einer Reorganisation nach Vorbild von Bretton Woods unterzogen und sinnvoll reguliert werden, damit solch unkontrollierte Auswüchse zukünftig unterbleiben.

Es gibt also durchaus andere Möglichkeiten - um so unfassbarer jedoch ist es, daß selbst aus den Reihen der Linkspartei grenzenlose Unterstützung der Spekulanten auf Kosten der Allgemeinheit propagiert wird.

mit freundlichem Gruß

Peter Hoppe

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Hoppe,

die Fraktion DIE LINKE. hat im Deutschen Bundestag bereits vor, aber auch nach Ausbruch der Finanzmarktkrise eine Vielzahl von Lösungsvorschlägen unterbreitet, die ich im Einzelnen hier gar nicht alle aufzählen und erläutern kann. Deshalb möchte ich Ihnen die entsprechende Internetseite meiner Fraktion unter http://www.linksfraktion.de/thema_der_fraktion.php?artikel=1715893774 empfehlen. Als unmittelbare Reaktion auf die jüngsten Ereignisse hat der Parteivorstand der LINKEN auf seiner jüngsten Sitzung ein „Sofortprogramm zur Stabilisierung und Reform der Finanzmärkte“ sowie ein „Sofortprogramm gegen die Wirtschaftskrise“ beschlossen, die Sie vollständig unter http://die-linke.de/partei/organe/parteivorstand/parteivorstand_20082010/beschluesse/

einsehen können. Was Ihre Vorschläge angeht, so gebe ich Ihnen im Grundsatz durchaus Recht, dass es nämlich darum gehen muss, das Finanzsystem nach dem Vorbild von Bretton Woods zu reorganisieren. Jedoch gilt es, hierbei auch aus den Fehlern des Bretton-Woods-Systems zu lernen, denn dieses ist nicht ohne Grund und nicht nur durch das Verschulden der USA zusammengebrochen.

Ihren Ärger über die Auffassung von Oskar Lafontaine, dass der amerikanische Rettungsplan vom Grundsatz her richtig ist, kann ich nicht teilen. Soweit mir die Grundzüge dieses Planes bekannt sind, geht es doch darum, dass der amerikanische Staat die zurzeit unverkäuflichen Papiere in einer Art "umgekehrter Auktion" erwirbt. Danach sollen jene Papiere aufgekauft werden, für die die in Schieflage geratenen Banken den geringsten Preis verlangen. Mit Erholung von der Krise sollen diese Papiere dann über einen längeren Zeitraum sukzessive zu einem höheren Preis wieder veräußert werden. Für den Fall, dass dieser Verkauf trotzdem nur mit Verlusten zu realisieren sein sollte, behält sich der Staat vor, den Banken nachträglich eine Abgabe zum Ausgleich dieser Verluste aufzuerlegen. Eine völlig andere Frage ist es, ob dieser Plan alleine ausreichend sein wird, das ganze Ausmaß der Krise in den Griff zu bekommen. Hierzu wird es neben einer strengen Überwachung bei der Umsetzung dieses Plans und einer harten Regulierung des Finanzsystems sicher auch einer Unterstützung der verschuldeten "Häuslebauer" in den USA bedürfen. Insofern sehe ich zwischen Ihren, eher langfristig orientierten, Vorstellungen zum Umbau der Weltfinanzarchitektur und den unmittelbaren Erfordernissen zur Bewältigung der Krise keinen zwingenden Widerspruch.

In diesem Sinne und
mit freundlichen Grüßen,

Ihr Lothar Bisky