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Frage von DR. Ralf R. •

Frage an Lothar Bisky von DR. Ralf R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Bisky

Auch alle Sport- und Privatpiloten müssen sich neuerdings einer sehr fragwürdigen, periodischen und zudem kostenpflichtigen Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach dem LuftSiG "freiwillig" durch eigenen Antrag unterziehen.
Würden Sie etwas freiwillig beantragen, dessen Kosten Sie nicht kennen? Glauben Sie nicht auch, dass es sich hier eher um Nötigung als um Freiwilligkeit handelt?
Sind Sie der Meinung, dass ein solcher unglaublicher Generalverdacht gegen eine bisher völlig unauffällige Bürgergruppe angemessen ist?

Ist das nicht reiner bürokratischer Aktionismus und Populismus auf dem Rücken von unschuldigen Bürgern, die mit dem Terrorismus nicht das Geringste zu tun haben?
Wird dadurch nicht der rechtstaatliche Grundsatz der Unschuldsvermutung - und damit unser zentrales Rechtsverständnis - ausgehebelt? Sollte nicht wenigstens ein gewisser Anfangsverdacht diese ZÜP rechtfertigen?

Es hat weltweit noch nie einen lizenzierten Piloten gegeben, von welchem an Terroranschlag ausging.
Es gab aber jede Menge Führerscheinbesitzer und Rucksackträger!!! Lastwagenfahrer stellen ein viel größeres "Gefahrenpotential" dar, kommen sie doch problemlos mitten in jede Innenstadt! Warum müssen sich nicht auch Politiker einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen, kann doch der Schaden, den sie anrichten, bedeutend größer als der eines abstürzenden Motorseglers sein.

Warum werden die nicht zum gläsernen Bürger gemacht, sondern ausgerechnet diese harmlose Minderheit?

Wo ist hier Ihrer Meinung nach das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gegeben?
Werden Sie sich nach Ihrer Wahl für unsere Minderheit einsetzen?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt, dass man sie schleichend gegen die Würde des Menschen einfach abschafft?

Man ist durch diese Überprüfung, für die keine Kriterien genannt werden können, der Behördenwillkür schutzlos ausgeliefert. Wie begründet diese Warnung vor behördlicher Willkür ist, zeigt ein Brief des Regierungspräsidiums Stuttgart, in dem er seiner Ansicht Ausdruck verleiht, die Einbehaltung strittiger Rechnungsbeträge (aus einer flugmedizinischen Gutachterschlacht) mache den Bewerber gegebenenfalls unzuverlässig. Anstatt rechtsstaatlicher Prüfung von Ansprüchen und Forderungen droht der Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Stuttgart mit dem Entzug der „Zuverlässigkeit“ wenn die überhöhte private Forderung eines Gutachters nicht beglichen wird! Siehe dazu im Internet: http://www.streckenflug.at/phorum/read.php?f&iH06&tH06.
Hinzu kommt, dass die Kosten der Überprüfung nicht genau genannt werden können, also wie am Beispiel der Gutachterforderungen ersichtlich, einen durchaus in den Ruin treiben können! Würden Sie ein neues Auto verbindlich bestellen, ohne dass Ihnen die Kosten bekannt sind?

Ich würden Sie gerne einmal zu einem kleinen Rundflug in Eisenhüttenstadt / Pohlitz einladen, damit Sie sich persönlich einen Eindruck davon verschaffen können, dass wir keine verdächtigen Kamikazeterroristen sind.
Nicht einmal die USA überprüft auf solche entwürdigende Weise ihre Altpiloten. Übrigens auch keine Ausländer mit USA - Lizenz!
Nur Deutschland will einmal mehr einmalig perfekt in der Welt sein.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Ralf Rothe

Herderstraße 6
15890 Eisenhüttenstadt
0177 65 14 290

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Dr. Rothe,

Ich schließe mich Ihrer Auffassung an, dass das Luftsicherungsgesetz den Luftsportler übel mitgespielt hat. Durch die jährliche Zuverlässigkeitsprüfung werden weder potentielle Straftäter erfasst noch terroristische Anschläge verhindert. Die betroffenen Piloten werden mit einem unnötigen bürokratischen und teils sogar erheblichen finanziellen Aufwand belastet.
Die Linke.PDS steht dem Luftsicherheitsgesetz kritisch gegenüber, da die vorgesehenen Maßnahmen nicht zur Abwehr von Terror geeignet sind. Innere Sicherheit liegt uns sehr wohl am Herzen, wir wenden uns aber entschieden gegen populistischen Aktionismus, der mehr Bürokratie aber keinen Sicherheitsgewinn bringt.
Selbstverständlich müssen Aufwand und Ergebnis in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Das gilt für alle Gesetze und Verordnungen. Die Zuverlässigkeitsprüfung für Privatpiloten ist unser Meinung nach unverhältnismäßig.
Die Linke.PDS war und ist aktiv gegen die Regelungswut deutscher Behörden.
Demnach ist die jährliche Zuverlässigkeitsprüfung für Sportpiloten nicht zu rechtfertigen. Mit einem Hinweis auf die Praxis in den europäischen Nachbarländern wird unsere Auffassung bestätigt.
Die Linke.PDS begreift sich als sozialistische Bürgerrechtspartei. Die Rechte der Bürgerinnen und Bürger und ihrer Organisationen gegenüber Staat und Wirtschaft bedürfen des Schutzes. Diese Position haben wir in unserem Programm festgelegt. Rechtssicherheit und transparente Rechtspraxis bedeuten für uns auch, dass vernünftige und verständliche Regelungen zur Anwendung kommen. Die offensichtliche Ungleichbehandlung der Piloten verunsichert statt Vertrauen zu schaffen. Deshalb halten wir das unterschiedliche Verfahren in den Bundesländern für falsch, auch wenn es formaljuristisch legal ist.
Das Luftsicherheitsgesetz ist keine geeignete Maßnahme um terroristische Anschläge zu verhindern. Sehr ernst zunehmende verfassungsrechtliche Bedenken erfordern es, dass dieses Gesetz grundsätzlich neu formuliert wird. Dass die berechtigten Interessen eines Sportverbandes berücksichtigt werden, gehört für uns zu unserem Demokratieverständnis.

Nachzulesen in einer Stellungnahme von Petra Pau gegenüber dem Deutschen
Aero Club e.V. aus den Wahlprüfsteinen 2005.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Bisky