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Frage von Sebastian B. •

Frage an Kirsten Tackmann von Sebastian B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo,
Ich bin der gleiche der die vorige Frage auch schon gestellt hat. Meine zweite Frage wurde noch nicht beantwortet. Entweder haben Sie es vergessen oder können/wollen darauf nicht antworten. Ich stell sie Ihnen am besten nochmal.

Wir sind mit 1.448.649.772.994 Euro verschuldet! Eine Zahl die eigentlich schon utopisch ist. Wie wollen sie diesen Schuldenberg abbauen oder ist dies gar nicht mehr möglich wegen der Zinslast die darauf liegt?
Ich bitte diese Frage zu beantworten, und zwar so das alle dies verstehen. Ich habe bei Politikern die Erfahrung gemacht das sie viel reden, aber im Grunde nichts sagen! Man ist genauso schlau wie vorher! Also mir und meinen Freunden und Bekannten gehts es zumindest so. Ich wäre ihnenn sehr dankbar wenn Sie diese Frage kurz und knapp und mei leicht verständlichen Worten beantworten würden.

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--- Ergaenzung am 29.08.2005 ---

Sehr geehrter Herr Brusch,

zum Ende der Beantwortung Ihrer Frage stand ein Absatz Öffentliche Schulden (den ich hier etwas detailierter formulieren will): Die Zahlenangaben zur Höhe der Schulden differieren offensichtlich. Wir gehen von 1,3 Billionen Euro Schulden der öffentlichen Haushalte aus, für die jährlich mehr als 70 Milliarden Euro Zinsen an Kreditinstitute und andere Geldgeber zu zahlen sind. Das sind 15 Prozent der derzeitigen Steuereinnahmen, damit wird die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zu einer sicheren Einnahmequelle für private Anlegerinnen und Anleger, insbesondere von großen Geldvermögen. Ursache für die ständig wachsende Staatsverschuldung ist zum einen die lang anhaltende hohe Arbeitslosigkeit – sie führt zu Einnahmeverlusten bei Steuern und Sozialversicherungssystemen und steigert die Ausgaben für die Arbeitslosenunterstützung. Zum anderen führen immer neue Steuerentlastungen bei Großunternehmen und Spitzenverdienern zu sinkenden Steuereinnahmen bei gleichzeitig stagnierenden oder gar steigenden Arbeitslosenzahlen. Die neoliberale Umverteilung von unten nach oben hat nachweislich die Arbeitslosigkeit eben nicht, wie immer behauptet, beseitigt, sondern verfestigt und verstetigt.
Es ist eine recht einfache Rechnung: Schuldenabbau geht entweder über Einnahmeerhöhung oder Ausgabesenkung. Bei der von Ihnen beschriebenen gigantischen Verschuldung der öffentlichen Hand braucht man unterdessen sicher beides. Eines ist aber ganz offensichtlich: die Binnenkaufkraft ist unterdessen auf ein Niveau gesunken (in Deutschland ist zum Beispiel im Gegensatz zum europäischen Trend der Reallohn um 0,9% gesunken) wo es die regionale Struktur kleiner und mittelständischer Unternehmen bedroht. Und die öffentliche Hand fällt als Auftraggeber fast völlig aus. Es können nicht mal mehr die Fördermittel ausgeschöpft werden, weil die Kofinanzierung nicht mehr möglich ist.
Ausgabenreduzierung geht aber insbesondere auf Bundesebene trotzdem. Zum Beispiel in dem man den Rüstungshaushalt kürzt oder wenigstens die vorgesehenen Steigerungen reduziert. Nach dem Grundgesetz hat die Bundeswehr ausschließlich einen Verteidigungsauftrag – und wir sind von Feinden umzingelt – also kann man da vermutlich einiges sparen. Es gibt sicher noch mehr Projekte, die nicht unbedingt im öffentlichen Interesse finanziert werden. Die Massenarbeitslosigkeit kostet die Gesellschaft jährlich 85 Milliarden Mark – davon gehen ca. 25 Milliarden den Sozialversicherungssystemen verloren. Also dürfte der Abbau der Massenarbeitslosigkeit das vordringlichste Problem sein, dass dringend gelöst werden muss. Wie aber bringt man wieder mehr Menschen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse – denn um diese geht es ja. Arbeit an sich gibt es mehr als genügend.
Die Linkspartei- PDS sieht vor allem zwei Wege, die beide beschritten werden müssen: die Binnennachfrage verbessern und den öffentlichen Haushalten wieder arbeitsmarktrelevante, finanzielle Handlungsspielräume verschaffen. Dazu haben wir ein Steuerkonzept vorgelegt, dessen Umsetzung unter dem Strich 64 Milliarden Euro verfügbar machen würde. Dabei geht es wirklich nicht um Enteignung! Aber es geht darum, dass das Sozialstaatsgebot im Grundgesetz wieder ernst genommen wird und der Reichtum in dieser Gesellschaft mehr als in den vergangenen Jahren wieder zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen wird. Das neoliberale Konzept hat versagt und es muss dazu nicht nur Alternativen geben, sondern es gibt sie auch: wenn wir verstehen, dass das Sozialstaatsgebot kein luxuriöser Selbstzweck ist, den man sich nicht immer leisten kann, sondern seine Funktion ein wesentlicher Standortfaktor ist, von dem die Wirtschaft immer auch profitiert hat. Nebenbei: auch Skandinavien liegt in einer globalisierten Welt – warum soll es nicht auch in der Bundesrepublik wieder möglich sein, mehr Menschen wieder einzubeziehen und weniger an den Rand und darüber hinaus zu drängen?
Wenn wieder mehr Menschen ihre Existenz selbst bestreiten können, verbessert sich auch die wirtschaftliche Lage, die Einnahmesituation verbessert sich auch und dann hat auch der schrittweise Abbau der öffentlichen Schulden wieder eine realistische Chance. Übrigens: der durch Misswirtschaft der CDU und der großen Koalition wirklich dramatisch verschuldete Berliner Haushalt wäre schon saniert, wenn nicht die durch bundespolitische Entscheidungen verursachten Einnahmeverluste wären!

Freundliche Grüße
Kirsten Tackmann

P. S. Um das Märchen von der Enteignung durch die Linkspartei.PDS aufzulösen ein Beispiel: Wir schlagen vor, eine Börsenumsatzsteuer von 0,5 % auf den Handel mit Aktien und Wertpapieren wieder einzuführen. Jeder Bäcker zahlt Umsatzsteuer, warum sollen Geldgeschäfte steuerfrei bleiben? Wenn, wie zum Beispiel in jüngster Vergangenheit, leitende Angestellter großer Konzerne ihr Wissen um Betriebsinterna nutzen und innerhalb von Stunden per Aktienkauf und –verkauf einen Gewinn von 488.000 Euro einstreichen, wären dafür 2.440 Euro Steuern fällig. Das ist doch nicht zuviel verlangt, oder?