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Karl Schiewerling
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Frage von Michael K. •

Frage an Karl Schiewerling von Michael K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geeherter Herr Schiewerling,

als inzwischen wahlmüder und im höchsten Masse von der Politik frustrierter Bürger nehme ich nunmehr zur Kenntnis, dass es den fast einhelligen Plan der Regierungskoalition gibt, den Abgeordneten neben der schon beschlossenen Diätenerhöhung zwei weitere Nachschläge zu genehmigen.

Im Zusammenhang mit lausigen, als generös verkauften, 1,1 % Rentenerhöhung, der ivon den Politikern mit Hartz-Gesetzen zu verantwortenden Armutswelle in Deutschland ein bemerkenswerter Vorgang.

Sind Sie nicht auch der Auffassung, dass ein solcher Beschluss einfach nur instinktlos wäre und wie werden Sie sich bei der Abstimmung im Bundestag verhalten.?

Mit freundlichen Grüßen

Michael, Ulla und Leo (7) Krug

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krug,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.
Wie Sie der Presse entnehmen konnten, wird es eine Erhöhung der Diäten auf der Grundlage des Tarifvertragsabschlusses im öffentlichen Dienst und der Übertragung der nun höheren Beamtenbezüge auf die Bundestagsabgeordneten nicht geben.
Die Diskussion hat auch in meinem Wahlkreis hohe Wellen geschlagen, sowohl innerhalb der CDU als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern. Die Ablehnung wurde unterschiedlich begründet. Einige verwiesen auf die nicht genügende Rentenerhöhung, andere auf die „Selbstbedienung der Abgeordneten“, wieder andere auf die wachsende Armut in Deutschland. Ich habe für die Diskussion und für die Erregung großes Verständnis. In der Tat passte dieser Vorschlag der Diätenerhöhung nicht in das politische Gesamtklima.

Gestatten Sie mir dennoch, dass ich Ihnen einige Hintergründe kurz darstelle.
Als ich mich 2005 für den Deutschen Bundestag beworben habe, stand für mich nicht die Frage der Vergütung im Mittelpunkt sondern die Frage, dass ich nach 30-jähriger Tätigkeit in der katholischen Jugend- und Erwachsenenverbandsarbeit, in der katholischen Sozialbewegung und in meinem sozialen und familienpolitischen Engagement Einfluss in der Bundespolitik nehmen und die Bürgerinnen und Bürger unseres Kreises dort vertreten könnte. Die Frage der Vergütung habe ich vorher nicht erörtert und anschließend „verdrängt“. Auf meiner Internetseite sind Erläuterungen dazu abgedruckt.

Als im Jahr 2007 der Vorschlag zur grundsätzlichen Organisation der Diäten aufkam, habe ich mich intensiv mit dem Sachverhalt der Entschädigung sowie den Altersbezügen beschäftigt.
Die Mütter und Väter des Grundgesetzes haben es bewusst verfügt, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages über ihre Entschädigungen selbst entscheiden müssen. Zwei Kriterien sind in der Verfassung festgeschrieben: Die Diäten sollen die Unabhängigkeit sichern und ein Leben ermöglichen, das der Würde des Amtes entspricht. Seitdem haben die Abgeordneten ständig vor der Grundsatzfrage gestanden, wie die Diäten zu bemessen sind und womit Abgeordnete vergleichbar sind.
Auch in unserer Gesellschaft sind nicht alle Berufe miteinander vergleichbar - der Autoschlosser nicht mit dem Universitätsprofessor, der Universitätsprofessor nicht mit einem Direktor einer Sparkasse, der Direktor einer Sparkasse nicht mit einem Dachdecker, der Dachdecker nicht mit einer Kinderkrankenschwester. Womit wird was verglichen?
Vor diesem Hintergrund hat der Deutsche Bundestag den Präsidenten des Bundessozialgerichtes um eine Stellungnahme gebeten und anschließend das Bundesverfassungsgericht angerufen.
1975 verwies in der Diäten-Frage das Bundesverfassungsgericht zunächst auf das Prinzip der Gewaltenteilung in unserer Staatsform (GG Art. 20 Abs. 2): der gesetzgeberischen (Legislative), der ausführenden (Exekutive) und der das Recht überwachenden (Judikative).
Auf dieser Grundlage haben die Richter ausgeführt, dass der Deutsche Bundestag der Gesetzgeber ist und die Arbeit der Abgeordneten vergleichbar ist mit der Tätigkeit eines einfachen Richters bei Bundesgerichten.
Gleichzeitig haben die Richter festgestellt, dass auf Hinblick der Exekutive Bundestagsabgeordnete vergleichbar sind mit Bürgermeistern von Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern bzw. mit Landräten. Diese haben eine Vergütung nach B6/R6. Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Abgeordneten über ihre Diäten selbst entscheiden müssen und zwar „im Licht der Öffentlichkeit“.
Der Deutsche Bundestag hat dieses zur Kenntnis genommen.

1992 haben sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages dazu durchgerungen, festzuschreiben, dass Abgeordnete einen Vergütungsanspruch auf R6/B6 haben. Unter dem Druck der Öffentlichkeit wurde indes anschließend nicht durchgesetzt, dass sie dann auch die ihnen nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zustehende Vergütung in der entsprechenden materiellen Höhe erreichen. Dies hatte zur Konsequenz, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages in erheblichem Maße hinter den Einkommen der einfachen Bundesrichter bzw. der Bürgermeister zurückblieben.

Erst im Herbst 2007 hat der Bundestag die notwendige Korrektur beschlossen:
1. In zwei Schritten die Einkommen der Abgeordneten an den vom Bundesverfassungsgericht benannten Rahmen auch materiell endgültig anzupassen. Dies erfolgte zum 01.01.2008 und zum 01.01.2009.
2. Gleichzeitig hat der Bundestag festgelegt, dass in Zukunft der Präsident des Bundestages die jeweiligen Tarifanpassungen der Bürgermeister, Landräte und Richter auch zur Grundlage für die Anpassung der Diäten der Abgeordneten nimmt. Allerdings muss der Bundestag jeweils darüber noch entscheiden.
3. Es wurde beschlossen die Altersvorsorge der Abgeordneten abzusenken.

Dieses Gesetz in 2007 hat erstmals die Höhe der Bezüge in klare und für alle Bürgerinnen und Bürger transparente Relationen gesetzt. Damit wurden in der Öffentlichkeit die Diäten vom latenten Generalverdacht der Beliebigkeit und der „Selbstbedienung“ befreit.

Als das Gesetz 2007 beschlossen wurde, hatte ich zugegebenermaßen nicht im Blick, dass wir 2008 eine Tarifverhandlung im öffentlichen Dienst haben, die den Landräten, Bürgermeistern und Richtern höhere Einkommen in nennenswerterweise bescheren würde.
Um nicht wieder gegenüber dieser Referenzgruppe deutlich zurückzufallen, haben die Fraktionsführungen den Vorschlag unterbreitet, neben der schrittweisen Anpassung der Vergütung der Abgeordneten an die tatsächliche Vergütung von Bürgermeistern, Landräten und Richtern auch die tarifliche Erhöhung umzusetzen.

Diese hohen Zuwächse für die Abgeordneten haben dann – aus meiner Sicht sehr verständlich – zu dem gewaltigen negativen Echo geführt. Daraus wurde dann die Konsequenz gezogen und die tarifliche Anpassung zurückgenommen.

Mir lag daran, diese Zusammenhänge aus meiner Sicht noch einmal darzustellen.

Mit freundlichen Grüßen
Karl Schiewerling