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Karl Schiewerling
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Frage von Robin D. •

Frage an Karl Schiewerling von Robin D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schiewerling,

aus eigenem Interesse möchte ich fragen, wie sie denn zum Artikel 146 des Grundgesetzes stehen.
Dieser besagt bekanntlich, das, sobald eine neue Verfassung für das vereinte Deutschland vom Volke im freien Willen beschlossen und verabschiedet wurde, das Grundgesetz seine Gültigkeit verliert. Und wo bleibt der Wille, eine neue, gesamtdeutsche Verfassung, die auch wirklich Verfassung heißt, zu beschließen? Ich würde mich über eine Antwort sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen Robin Dünne

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Dünne,

haben Sie vielen Dank für ihre Anfrage zum Artikel 146 des Grundgesetzes. Gerne erläutere ich Ihnen, meine persönliche Haltung zu unserer Verfassung.

Grundsätzlich bin ich von unserem Grundgesetz überzeugt, es hat sich bewährt und erfüllt alle Ansprüche einer guten Verfassung. Wir können zurecht stolz sein auf die Arbeit unserer Verfassungsväter.

Nach den verheerenden Jahren zwischen 1933 und 1945 wurde 1949 mit dem Grundgesetz ein Neuanfang gewagt. Es trat in der damals neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland in Kraft, zu diesem Zeitpunkt gehörten weder das Saarland noch die Gebiete der ehemaligen SBZ/DDR zur BRD. Das erklärte Ziel war jedoch die Wiedervereinigung. Um die Möglichkeit zu erhalten, bei dieser eine neue, demokratisch legitimierte Verfassung für Gesamtdeutschland zu etablieren wurde Artikel 146 GG eingefügt.

Parallel dazu wurde mit Artikel 23 GG der Weg ermöglicht, dass andere Teile Deutschlands der Bundesrepublik beitreten können und dadurch eine Einheit geschaffen wird. In dieser kann das Grundgesetz in Kraft gesetzt werden. Dazu passt auch die Aussage der Präambel, wonach das deutsche Volk in den 1949 mitwirkenden Ländern „auch für jene Deutsche gehandelt hat, denen mitzuwirken versagt war“.

Sowohl das Saarland als auch die erste frei gewählte Volkskammer der DDR entschieden sich für diese Möglichkeit und traten der Bundesrepublik Deutschland bei. Infolgedessen wurde das Grundgesetz 1956 im Saarland beziehungsweise am 03.10.1990 im Gebiet der ehemaligen DDR erlassen.

Im Einigungsvertrag wurden die Verfassungsänderungen der Präambel und des Artikels 146 vereinbart und vom Gesetzgeber mit Zweidrittelmehrheit beschlossen. Die in der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes offen gehaltene Möglichkeit, dass mit ihm nur für eine Übergangszeit eine neue Ordnung geschaffen wurde, wurde 1990 gestrichen und durch die Feststellung ersetzt, dass die Deutschen in den seit dem 03.10.1990 zur Bundesrepublik Deutschland gehörenden Ländern in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet haben und dass das Grundgesetz damit für das gesamte deutsche Volk gilt.

Diese Feststellung hat bis heute Bestand. Eine Aufforderung an das Parlament oder das deutsche Volk, das Grundgesetz noch einmal zu beschließen oder über eine andere Verfassung abzustimmen, ist dieser Bestimmung nach der in der Rechtswissenschaft herrschenden Ansicht nicht zu entnehmen. Der verbliebene Hinweis, dass das Grundgesetz seine Gültigkeit an dem Tag verliert, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die vom deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist, bedeutet nach herrschender Meinung lediglich den Hinweis auf die Möglichkeit einer späteren Verfassungsablösung und das Erfordernis, dass jede Verfassung, die das Grundgesetz ablösen wollte, durch eine freie Entscheidung des deutschen Volkes legitimiert sein müsste.

Abschließend lässt sich sagen, dass sich das Grundgesetz in den vergangen 62 Jahren bewährt hat und keinerlei Notwendigkeit besteht, eine neue Verfassung zu erarbeiten. Gleichwohl begrüße ich den Vorschlag unseres Finanzministers Dr. Wolfgang Schäuble bei elementaren Entscheidungen, die eine Änderung des Grundgesetztes bedürfen, über die Möglichkeit eines Einsatzes von Volksentscheidungen zu diskutieren.

Mit freundlichen Grüßen

Karl Schiewerling