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Frage von Uwe K. •

Frage an Karl Diller von Uwe K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Diller

Am 14.06.07 fand im Bundestag die namentliche Abstimmung zum Antrag der Partei "Die Linke" zum Mindestlohn statt.
Lediglich vier Abgeordnete der SPD stimmten hierzu mit ja ab.
Das ganze verwundert mich ein wenig zumal dieses auch in der Vergangenheit eine Forderung der Sozialdemokraten war und derzeit auch eine Unterschriftenaktion zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes in der Öffentlichkeit betrieben wird.
Auch wurde von einigen Abgeordneten und Funktionsträgern innerhalb der SPD dieses in Presse und Fernsehen immer wieder lautstark gefordert.
Wie können Sie mir diese Diskrepanz zwischen Öffentlicher Forderung und parlamentarischer Ablehnung erklären?
Wie verfährt die SPD zukünftig mit dieser Forderung?
Eine Chance zumindest auch hier parlamentarisch Farbe zu bekennen wurde jedenfalls vertan.
Es ist traurig mit ansehen zu müssen wie weit sich die Sozialdemokraten von ihren politischen Wurzeln entfernt haben.
Lag die mehrheitliche Ablehnung des Antrages durch die SPD etwa daran das dieser Antrag von der Partei "Die Linke" eingebracht wurde?
Wie dem auch immer sei oder war. Ich bitte um eine aufrichtige Antwort ohne den Hinweis wie schwer es derzeit ist innerhalb der großen Koalition eigene parteipolitische Ziele durchzusetzen.

Mit freundlichen Grüssen
Uwe Krämer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Krämer,

für Ihre Anfrage vom 18. Juni über "abgeordnetenwatch" danke ich Ihnen.

Eine Koalition ist ein Bündnis auf Zeit. Die Arbeitsgrundlage ist der Koalitionsvertrag. In wochenlangen Verhandlungen ausgehandelt, skizzieren darin die Partner, welche Lösungen sie für welche Problembereiche politisch umsetzen wollen. Kann man sich in den Verhandlungen nicht zu Lösungen verständigen, bleibt das Thema weiter offen für die politische Diskussion.

Damit die Arbeit verläßlich betrieben werden kann, schließen Koalitionspartner stets aus, sich untreu zu werden, indem sie mit wechselnden Mehrheiten abstimmen. Dies ist seit Jahrzehnten Praxis von den Kommunen über die Länder bis zum Bund. Sie findet sich auch in unserem Koalitionsvertrag verankert. Dort heißt es im Kapitel "Kooperation der Fraktionen": "Im Bundestag und in allen von ihm beschickten Gremien stimmen die Koalitionsfraktionen einheitlich ab. Das gilt auch für Fragen, die nicht Gegenstand der vereinbarten Politik sind. Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen."

Beim Thema "Mindestlohn" gab es keine Einigung bei den Koalitionsverhandlungen. Wir haben deshalb das Thema weiter durchdacht, mit den Gewerkschaften über Lösungsmöglichkeiten diskutiert. Übrigens haben sich erst in jüngster Zeit die DGB-Gewerkschaften auf eine gemeinsame Haltung verständigt. In der Zeit davor waren es nur Gewerkschaften mit schwachem Organisationsgrad - wie die NGG im Hotel- und Gaststättengewerbe - die sich für einen gesetzlichen Mindestlohn aussprachen, während starke Gewerkschaften wie die IG Metall ihn prinzipiell ablehnten.

Da CDU/CSU sich mit dem Thema "Mindestlohn" überhaupt nicht befassen wollten, bedurfte es unendlich vieler Anläufe, Diskussionen und Aktionen unsererseits, um CDU/CSU überhaupt zum Verhandeln zu bringen. Ein Mittel dazu war und ist die Unterschriftenaktion der SPD, die ein doppeltes Ziel hat:

- Die Bevölkerung zu sensibilisieren für die neuen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und die daraus resultierende Notwendigkeit einer vernünftigen Lösung.
- Dem Partner CDU/CSU damit deutlich zu machen, dass er wegen der durch die Unterschriftenaktion einsetzenden breiten Diskussion in der Bevölkerung seine Totalverweigerung aufgeben muss.

Dass die Fraktion der Nachfolgeorganisation der SED in der letzten Woche diesen Antrag zur Abstimmung stellte, zeigt nur eins: Sie ist nicht an einer guten Lösung sondern an propagandistischer Schaumschlägerei interessiert.

Die Dinge ändern sich nicht durch einen Antrag. Die rechtlichen Grundlagen kann man nur über eine Gesetzgebung schaffen. Wir haben also den Klamauk ertragen, mit der CDU/CSU weiter verhandelt. Was wir in der Nacht von Montag auf Dienstag erreichten, ist ein erster - und, wie ich finde, ein beachtlicher - Erfolg, denn wir konnten CDU/CSU dazu bringen, ihre Totalverweigerung für jegliche Lösung aufzugeben.

Erreicht haben wir:
- Das Arbeitnehmer-Entsendegesetz wird für Branchen geöffnet, die zu mehr als 50 Prozent tarifvertraglich gebunden sind. Damit werden auch in diesen Branchen Mindestlöhne möglich.
- Für Branchen mit geringerer Tarifbindung sollen künftig über einen Ausschuss Anträge auf einen Mindestlohn gestellt werden können, der auf Vorschlag des Bundesarbeitsministers durch das Bundeskabinett festgelegt werden kann.

Wir sind damit nicht an unserem Ziel, aber bei einer wichtigen Etappe angelangt. Wir bleiben dabei, dass in Branchen mit geringer tariflicher Bindung nur ein gesetzlicher Mindestlohn den Menschen helfen und Hungerlöhne verhindern kann.

Während die Gesetzgebung für die Einigung jetzt in Gang kommt, werden wir weiter überall dafür werben, noch weiter zu gehen, damit jeder, der in Deutschland in Vollzeit arbeitet, auch von seinem Verdienst leben kann.

Mit freundlichen Grüßen
Karl Diller, MdB