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Kai Gehring
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Frage von Uwe H. •

Frage an Kai Gehring von Uwe H.

Sehr geehrter Herr Gehring,

nun also hat der Deutsche Bundestag mit den Stimmen der GroKo – und gegen u.a. die Stimmen Ihrer Partei – beschlossen, die Diäten der Angeordneten – schrittweise – bis Anfang nächsten Jahres um sage und schreibe 10% zu erhöhen. Gleichzeitig steigen – systemimmanent – die Altersbezüge, wobei die beschlossene Begrenzung derselben erst nach rund 26jähriger Zugehörigkeit zum Bundestag greift. Von den Zusatzverdiensten für Ausschussvorsitzende usw. ganz zu schweigen. (Bravo!!! [Zynismus]) Es bestehen m.E. Zweifel, ob Bundestagsabgeordnete diese Diäten-Erhöhung „verdienen“. Denn Verdienst kommt von Wertschätzung. Und mit der Wertschätzung der (Bundes-)Politiker ist es wohl nicht so weit her (s. z.B.: http://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/453006/deutsche-haben-kein-vertrauen-in-politiker ). Ich jedenfalls fände es angebracht, wenn die Diäten vom Grundsatz her den Regelungen des Landtages in NRW angepasst würden. Aufgrund einer (angemessenen) Erhöhung hätte dann jeder Abgeordnete aus diesem Salär seine Sozialversicherungsabgaben (Kranken- und Pflege- sowie Unfall-, Arbeitslosen-, Renten- und Berufsunfähigkeitsversicherung selbst zu bestreiten). Meine Frage: Werden Sie sich aktiv dafür einsetzen, damit auch der Bundestag eine solche Regelung – in angemessener Zeit – auf den Weg bringt?

Mit freundlichen Grüßen
Uwe Hüsgen

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Sehr geehrter Herr Hüsgen,

vielen Dank für Ihre Mail vom 22. Februar 2014. Die Große Koalition hat in eine Änderung des Abgeordnetengesetzes in den Bundestag eingebracht und mit ihrer Mehrheit beschlossen. Die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen haben geschlossen dagegen gestimmt.

Das von der Koalition durchgesetzte Verfahren war der Sache nicht gerecht. Zwischen der Einbringung des Gesetzentwurfes und der 2./3. Lesung und Beschlussfassung im Parlament lag nur eine Woche Beratungszeit. Angesichts der Komplexität der Frage Abgeordnetenentschädigung und Altersversorgung und der Tatsache, dass darüber auch öffentlich seit Jahren sehr kontrovers diskutiert wird, wäre es richtig gewesen, den Bericht der Unabhängigen Kommission zu Fragen des Abgeordnetenrechtes in Ruhe auszuwerten und zu diskutieren. Die Kommission tagte von 2011 bis zum 31.3.2013 zu Fragen der Abgeordnetenentschädigung und hat dem Bundestag eine Reihe von Empfehlungen vorgelegt. Der 18. Deutsche Bundestag hatte bis zur Vorlage des Gesetzentwurfes keine Gelegenheit den umfangreichen Bericht der Kommission mit seinen Empfehlungen zur künftigen Abgeordne-tenentschädigung, zur künftigen Altersversorgung, zur Kostenpauschale und zu Funktionszulagen um-fassend zu beraten. Das kritisieren wir.

Auch wenn wir grundsätzlich eine Orientierung an der Besoldungsgruppe R6 für richtig halten(jede/r Ab-geordnete muss unabhängig sein, es gilt das freie Mandat, hat umfangreiche Entscheidungsbefugnisse, wirkt an Gesetzgebung mit usw.), halten wir es nicht für angemessen, die Anpassung an R6 innerhalb eines halben Jahres in zwei Stufen um 10% zu vollziehen. Wir hätten hier eine andere Stufung setzen und für Akzeptanz werben können.

Kritik üben wir vor allem an den Vorschlägen zur Altersversorgung. Mit dem Vorschlag von Union und SPD wird die Chance vergeben, sich bei der Altersversorgung von Abgeordneten stärker an die Normalität des Arbeitslebens anzunähern. Abgeordnete können heute in sehr kurzer Zeit relativ hohe Altersversorgungsansprüche erwerben. Das wird zurecht von vielen Menschen als sehr ungerecht empfunden. Deshalb halten wir es für richtig, dass in der Unabhängigen Kommission vorgeschlagene "Bausteinmodell" weiter auf seine Einführung zu prüfen. Anders als die Große Koalition feststellt, gab es in der Kommission kein einheitliches Votum für die Beibehaltung der jetzigen Regelung der Altersversorgung von Abgeordneten. Im Gegenteil es wurden drei Vorschläge nebeneinander gestellt, von denen zwei gleich viele UnterstützerInnen in der Kommission finden konnten.

Deshalb sind wir der Auffassung: Der Bundestag hätte eine Einführung eines "Bausteinmodells" mit Ein-gliederung in die gesetzliche Rentenversicherung und in eine Zusatzversorgungskasse sowie Eigenvorsorge prüfen sollen. Eine künftige Altersversorgung von Abgeordneten muss stärker an die Realität von Altersbezügen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern angelehnt werden.

Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.

Mit freundlichen Grüßen

Kai Gehring

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