Portrait von Julian Schwarze
Julian Schwarze
Bündnis 90/Die Grünen
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/ 7 Fragen beantwortet
Frage von Zoe G. •

Hallo, Wie wollen Sie die Clubkultur auf RAW fortsetzen und gleichzeitig sicherstellen, dass die Nachbarschaft nicht unter Lärm, Müll und Drogenhandel leidet, die leider damit verbunden sind?

Hallo Herr Schwarze,

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Hallo Zoe Gläser, haben Sie vielen Dank für die Frage.

Seit vielen Jahren setze ich mich zusammen mit der Grünen Fraktion im Bezirksparlament sowie sehr vielen anderen engagierten Menschen für den Erhalt des RAW-Geländes ein, auf dem sich zahlreiche Künstler*innen, Kulturschaffende, Galerien, Clubs, ein Kinder- und Jugendzirkus, die einzige freie Skatehalle Berlins und viele andere niedergelassen haben. Das RAW-Gelände ist mit seinen unterschiedlichen Nutzungen seit vielen Jahren einer der zentralen soziokulturellen Orte im Bezirk mit einer Bedeutung weit darüber hinaus. Ich finde es deshalb richtig, wenn es gelingt, insbesondere die soziokulturellen Nutzungen auf dem Gelände mindestens mit langfristigen Mietverträgen abzusichern und hierzu ein selbstverwaltetes Soziokulturellen Zentrums zu entwickeln und zu etablieren. Klar ist natürlich aber auch, dass es Probleme auf dem Gelände und in den umliegenden Straßen gibt, wie sich richtigerweise schreiben. Dabei muss zum RAW-Gelände gesagt werden, dass es sich um ein Gelände in Privatbesitz handelt, die Einflussmöglichkeiten sind daher andere als im öffentlichen Straßenland. Für das RAW-Gelände laufen seit längerem mit den Eigentümer*innen Gespräche, um gemeinsam mit allen Akteuren ein Konzept zu entwickeln, das einerseits die soziokulturellen Nutzungen und Clubs absichert, andererseits aber auch Lösungen für die genannten Probleme sucht – z.B. neue Gestaltungen der Zugangswege oder die Lenkung der Besucher*innenströme auf dem Gelände. Gerade was das Thema Sicherheit angeht haben wir im Bezirk schon vor einigen Jahren ein koordiniertes Vorgehen von Polizei (Landeszuständigkeit) und Ordnungsamt (Bezirk) gefordert. Darüber hinaus sprechen wir uns von grüner Seite allgemein für eine andere Drogenpolitik aus. Dabei sind wir für einen regulierten Verkauf von Cannabis mit einem strikten Jugend- und Verbraucher*innenschutz. Das würde auch einem Teil der Schwarzmärkte den Boden entziehen, was wiederum einen Einfluss auf die Nachbarschaften hätte.

Die zahlreichen Clubs bei uns im Bezirk sind nicht nur „Vergnügungsstätten“, sondern auch Orte, an denen Musik und Kultur jenseits des Mainstreams stattfinden können. In ihrer Vielfalt sind sie ein nicht wegzudenkender Bestandteil der Kultur in unserem Bezirk und bieten essentiellen kreativen Freiraum. Um Nutzungskonflikte mit Anwohnenden zu entschärfen, haben wir Grüne auf Landesebene 2018 einen „Lärmschutzfonds für Berliner Clubs“ ins Leben gerufen und mit einer Million Euro ausgestattet – das hilft den Clubs und den Nachbarschaften. Seit seiner Einführung hat sich das Instrument bewährt und soll deshalb weiter fortgesetzt werden. Auch die Clubbetreiber*innen selbst müssen ihren Beitrag für ein funktionierendes Miteinander leisten. Denn die Clubs sind eben nicht nur Wirtschaftsfaktor, Arbeitgeber*innen und Anziehungspunkte für Menschen aus aller Welt, sondern Teil unserer Nachbarschaft und des Lebens in unserem Bezirk.

Generell haben wir in den Hotspots des Nachtlebens – trotz einiger Verbesserungen – weiterhin Probleme mit der öffentlichen Infrastruktur. Wir brauchen mehr und vor allem kostenlose öffentliche Toiletten, ergänzt bei Bedarf durch temporäre Anlagen. Wenn eine deutliche Häufung von Beschwerden wegen Verstößen, etwa wegen Lärm vorliegt, dann sollte auch eine stärkere Sanktionierung von Gewerbetreibenden kein Tabu sein. Denn gute Nachbarschaft funktioniert nur, wenn gegenseitig Rücksicht genommen wird. Häufigere Reinigungsgänge durch die BSR an besonders stark frequentierten Orten, insbesondere der innerstädtischen Hotspot-Gebiete, sind wichtig. Die höheren Reinigungskosten dürfen aber nicht mehr auf die Anwohner*innen umgelegt werden, die unter den Folgen leiden und gleichzeitig für die Beseitigung anteilig bezahlen sollen. Kiezläufer*innen tragen zur direkten und niedrigschwelligen Ansprache von „lärmenden“ Personen bei, um Lärmkonflikte möglichst frühzeitig und ohne eine dauerhafte Polizeipräsenz aufzulösen. Die hierzu notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen konnten und können vom Bezirk aber allein nicht aufgebracht werden. Deshalb fordern wir, dass z.B. die Einnahmen aus der Übernachtungssteuer (City-Tax), die bislang quasi ausschließlich dem Land zugutekommen, den besonders betroffenen Bezirken zur Verfügung gestellt werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Frage beantworten.
Viele Grüße, Julian Schwarze

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