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Jürgen Kucharczyk
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Frage von Jost M. •

Frage an Jürgen Kucharczyk von Jost M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Kucharczyk,

ich sehe den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan zunehmend kritisch. In dem Online-Magazin telepolis des Heise-Verlages wurde kürzlich ein Artikel veröffentlicht ( http://www.heise.de/tp/r4/artikel/28/28417/1.html ), in dem behauptet wird, dass die Bundesregierung von der zunehmden Zahl der zivilen Opfer bei den zumeist von der US Air Force geflogenen Angriffe nichts wissen will und zum Teil sogar bewusst desinformiert.

Ich kenne telepolis als kritische, wenngleich sehr seriöse Quelle und ich muss leider sagen, dass ich dem Inhalt dieses Artikels mehr Glauben schenke als den Aussagen des Verteidigungsministeriums.

Ich würde gerne wissen, welchen Standpunkt Sie als Mitglied einer "regierungsnahen" Fraktion zu diesem Thema haben und ob Sie sich für eine kritische Distanz zu den Aktionen der US Air Force einsetzen bzw. was Sie tun können / wollen, um die Bundeswehr aus Afghanistan abzuziehen.

Besten Dank im voraus und herzliche Grüße aus Lennep

Jost Müller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Müller,

nachfolgend möchte ich auf meinen Standpunkt zur Thematik Afghanistaneinsatz und zivile Opfer eingehen.

Leider hat sich die Sicherheitslage in Afghanistan in den letzten Monaten deutlich verschlechtert. Die Taliban gewinnen flächendeckend einen immer größeren Einfluss in Afghanistan und - vor allem im Süden - einen immer größer werdenden Zustrom von afghanischen Zivilisten. Ich habe daher im Oktober 2007 gegen den deutschen Tornado-Einsatz gestimmt. Die Tornado-Einsätze können sowohl in das ISAF-Mandat als auch in die NATO geführte Operation Enduring Freedom einbezogen werden. Zivile Schäden und Opfer, die bedauerlicherweise im Zusammenhang mit der Operation Enduring Freedom stehen, sind entscheidende Faktoren für den Einflussgewinn der Taliban in Afghanistan. Der Einsatz von Tornado-Kampflugzeugen ist in meinen Augen im Angesicht dieser Entwicklung kontraproduktiv.

Auch mir bereitet die hohe Zahl ziviler Opfer der afghanischen Bevölkerung Sorge. Hier hat sich die Bundesregierung bereits dafür eingesetzt, dass die NATO im Zweifel lieber gar nicht angreift, um zivile Opfer zu vermeiden.

Trotz aller Schwierigkeiten, die mit dem Einsatz in Afghanistan verbunden sind, leistet Deutschland seit über 5 Jahren aktiv einen wichtigen Beitrag zum Aufbau von staatlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen in Afghanistan. Diese entwicklungspolitischen Maßnahmen sind unverzichtbar für Afghanistan. Auch die Bundeswehr trägt im Rahmen ihres UN-Mandats (ISAF) elementar zum Gelingen des Entwicklungsprozesses bei. Entwicklung und Sicherheit sind grundsätzlich 2 Seiten derselben Medaille in Afghanistan. Ohne ein nötiges Maß an Sicherheit könnten die vielen zivilen humanitären Helfer ihre Arbeit nicht verrichten.

Die Fortsetzung des humanitären Entwicklungsprozesses in Afghanistan ist unverzichtbar und muss auch in Zukunft durch sicherheitspolitische Maßnahmen gewährleistet werden. Ein konkreter Abzugsplan für die Bundeswehr insgesamt ist daher aus meiner Sicht noch nicht aufstellbar.

Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Kucharczyk, MdB